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Branche kompakt | Südafrika | Bauwirtschaft

Südafrikas Baubranche fehlen Wachstumsimpulse

Bröckelnde Infrastruktur, Energiewende, fehlende Wohnungen: Es gibt viel zu bauen am Kap. Eine lahmende Konjunktur, schwierige Prozesse und hohe Kriminalität stehen dem im Weg.

Von Marcus Knupp | Berlin

Markttrends

Der Wert der gesamten Bauleistungen in Südafrika steigt seit 2022 langsam an, liegt aber noch rund ein Fünftel unter dem Niveau vor der Coronakrise 2019. Eine deutliche Beschleunigung ist in den kommenden zwölf Monaten nicht zu erwarten. Der Wert gestellter Bauanträge hat sich im 1. Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar um 8,3 Prozent verringert. Besonders stark war der Einbruch im Wohnungsbau. Hier lag der Rückgang bei 16,4 Prozent, während der Wirtschaftsbau ein Plus von 12 Prozent verzeichnet. 

 

Marktvolumen der Bauwirtschaft in Südafrika

Kennziffer

2021 (in Mio. Euro)

2022 (in Mio. Euro)

Veränderung 2022/2021 (in %) 1)

Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon

35.502

39.582

9,4

Wohnungsbau

6.911

7.901

12,2

  öffentlich

183

198

5,9

  privat

6.728

7.703

12,3

Wirtschaftsbau

2.858

2.965

1,8

Infrastrukturbau

9.411

10.407

8,5

  öffentlich

6.941

7.768

9,8

  privat

2.470

2.639

4,8

Wert der erbrachten Ingenieur-, Architektur- und Consultingleistungen 2)

1.168

k.A.

k.A.

1 Veränderungsraten auf Basis der Beträge in Landeswährung (Rand), Jahresdurchschnitt der Wechselkurse 2021: 1 Euro = 17,54 R; 2022: 1 Euro = 17,21 R; 2 Angabe für 2020.Quelle: South African Reserve Bank (SARB) 2023, Statistics South Africa 2023

Dem Gebäudebau insgesamt fehlt derzeit ein echter Impuls. Bremsende Faktoren sind neben gestiegenen Zinsen auch striktere Baustandards, Stromausfälle und Lieferprobleme sowie höhere Kosten bei Baumaterialien. Der Afrimat Construction Index weist für das 1. Halbjahr 2023 etwa doppelt so hohe Importwerte für Baustoffe, Baumaschinen und Ausrüstungen aus als für die Jahre 2018 bis 2021. Auf der Habenseite stehen etliche große städtebauliche Projekte. Die meisten befinden sich allerdings noch im Planungsstadium. Die nächsten Jahre werden zeigen, was sich umsetzen lässt.

 

Ausgewählte Großprojekte in der Bauwirtschaft in Südafrika
Akteur/Projekt

Investitionssumme (in Mio. US$)

ProjektstandAnmerkungen
URB/ The Parks City Development, Eastern Cape

20.000

PlanungEntwicklungsfirma aus den VAE; 1.700 ha, zwei Phasen bis 2035; Wohnen, Industrie und Tourismus
Balwin Properties/ Mooikloof Megacity, Gauteng

5.000

Im BauZusammenarbeit mit Gauteng Provincial Government und City of Tshwane (PPP); 50.000 Wohneinheiten, Services
Nelson Mandela Bay Municipality/ N2 Nodal Development, Eastern Cape

1.000

PlanungMixed-use Entwicklung mit Wohnungen, Büros, Mall und Industrie
Steyn City Properties/ Vaal River City, Gauteng

793

StudieZusammenarbeit mit Gauteng Department of Local Government and Housing und Vaal River City Development Company; 250 ha in Vereeniging, 5.000 Wohneinheiten, Services
Gauteng Department of Infrastructure Development/ Kopanong Precinct Project, Gauteng

478

AusschreibungenZusammenarbeit mit Gauteng Infrastructure Financing Agency (GIFA); Büro- und Konferenzzentrum, 18 Gebäude
Atterbury Property Fund (APF)/ Castle Gate Mixed Use Development, Gauteng

396

Im BauZusammenarbeit mit Carl Erasmus Trust; Lage in Pretoria an N1, Büros, Gesundheitsdienste, Restaurants, Wohnungen, Hotel
Eris Property Group/ Bankenveld Distrct City, Gauteng

200

PlanungZusammenarbeit mit Calgro M3; Lage in Johannesburg, Wohnen, Einzelhandel, Lager und Logistikeinrichtungen
Quelle: MEED Projects 2023

Finanzprobleme belasten Infrastrukturbau

Öffentliche Investitionen in die Infrastruktur und den Wohnungsbau leiden unter den enormen Aufgaben der Regierung bei der Sanierung maroder Staatsunternehmen wie dem Energieversorger Eskom. Finanzielle Mittel, die hierfür verwendet werden, fehlen bei Programmen zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums oder der Sanierung von Verkehrseinrichtungen.

Die Transportinfrastruktur in Südafrika ist insgesamt in einem schlechten Zustand. Sowohl Schienenstrecken als auch Straßen und Hafenanlagen müssen dringend saniert werden. Die mangelnde Funktionsfähigkeit belastet auch zahlreiche andere Branchen vom Export mineralischer Rohstoffe bis zu Industrie und Einzelhandel. Maßnahmen wie der Ausbauplan für Fernstraßen der nationalen Straßenbehörde Sanral oder die Reform des staatlichen Güterverkehrsunternehmens Transnet sind daher dringend geboten.

Impulse kommen dagegen von den Plänen, in Südafrika Betriebe und Infrastruktur der Wasserstoffwirtschaft aufzubauen. Insgesamt neun größere Vorhaben aus diesem Feld haben als Strategic Integrated Projects (SIP) hohe Priorität in den nationalen Planungen erhalten. Dazu gehören der neue Hafen Boegoebaai im äußersten Nordwesten des Landes sowie daran anschließende Eisenbahnstrecken oder der Ausbau des Hafens in Saldanha Bay.

Die zur Weltbank-Gruppe gehörende International Finance Corporation (IFC) unterstützt nachhaltiges Bauen in Südafrika 2023 mit einem Kredit in Höhe von 227 Millionen Euro an die Absa-Bank, die damit ihr Förderprogramm ausdehnen kann. Bis 2030 will Südafrika nur noch CO2-neutrale Gebäude neu bauen.

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

Flaue Konjunktur, die Ausfälle der Coronakrise, Lieferengpässe und Hürden im Tagesgeschäft haben der Baubranche in Südafrika in den letzten Jahren zugesetzt. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung ist von 3,5 Prozent im Jahr 2018 auf nur noch 2,6 Prozent im Jahr 2022 zurückgegangen. Etliche, auch größere, Unternehmen mussten Konkurs anmelden.

Die Bedeutung öffentlicher Auftraggeber im Infrastrukturbau ist mit schätzungsweise 80 bis 85 Prozent groß. Grund dafür ist der hohe Anteil staatlicher Unternehmen an wesentlichen Versorgungsaufgaben in Bereichen wie Verkehr oder Energie. Umgekehrt kommen 75 bis 80 Prozent der Aufträge im Hochbau aus dem Privatsektor.

Etwa 1,3 Millionen Menschen sind in der Baubranche in Südafrika beschäftigt. Sie bietet einerseits un- und angelernten Arbeitskräften eine Einkommensmöglichkeit. Andererseits suchen Bauunternehmen oft vergeblich nach Fachkräften. Der Wettbewerb ist dementsprechend hoch und Firmen müssen in die interne Aus- und Weiterbildung investieren.

Mangelnde Qualifikation macht es für Baufirmen oft schwer, geeignete Subunternehmer zu finden. Das ist insbesondere bei öffentlichen Aufträgen relevant, wo bestimmte Kriterien zur Förderung benachteiligter Gruppen zu beachten sind. Seit 2017 kommt zudem der Preferential Procurement Policy Framework Act (PPPFA) zum Tragen, der bei öffentlichen Aufträgen einen nicht genau definierten lokalen Anteil von 30 Prozent am Auftragswert fordert. Dies kann durch lokale Beschaffung oder Vergabe von Arbeiten an Subunternehmer erfüllt werden.

Ein Folge der unklaren Regelung ist, dass seit einigen Jahren vermehrt lokal organisierte kriminelle Vereinigungen pauschal eine Zahlung von 30 Prozent des Auftragswerts verlangen, meist unter Gewaltandrohung. Diese Art der Schutzgelderpressung wird in Südafrika mit der Bezeichnung "Construction Mafia" beschrieben. Hunderte von Bauvorhaben sind davon betroffen, in etlichen Fällen wurden die Arbeiten abgebrochen. Prominentes Beispiel ist die Mtentu-Brücke in der Provinz Eastern Cape, ein Projekt der Bauunternehmen Aveng und Strabag. 

Broad-Based Black Economic Empowerment

Das Programm des Broad-Based Black Economic Empowerment (B-BBEE) soll auf legalem Weg eine stärkere Teilhabe der während der Apartheid benachteiligten Gruppen erreichen. Für die Beteiligung der schwarzen Bevölkerung am Eigentum oder am Management der Firma, Ausbildungsaktivitäten oder der Entwicklung von Schwarzen geführter Zulieferunternehmen gibt es jeweils Punkte. Die Gesamtpunktzahl entscheidet darüber, welche Stufe auf einer Skala von 1 (höchste Stufe) bis 8 ein Unternehmen erreicht.

Die Teilnahme ist nicht verpflichtend. Allerdings sind Unternehmen, die sich nicht beteiligen, von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen. Ein Anreiz zur Teilnahme besteht aber auch für Unternehmen, die nicht unmittelbar mit dem Staat Geschäfte machen, da ein hoher Punktestand des Zulieferers auch dem Abnehmer zu zusätzlichen Punkten verhilft und damit dessen Wettbewerbsfähigkeit erhöht.

Öffentliche Ausschreibungen sind auf der Internetseite e-Tenders zu finden.

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