
Markets International 2/25 | Südliches Afrika | Transport und Logistik
Neue Häfen für Afrika
Lange dominierten Häfen in Südafrika den Handel im Süden des Kontinents. Das funktioniert durch Misswirtschaft immer schlechter. Die Alternativen in den Nachbarländern.
01.07.2025
Von Marcus Knupp | Berlin
Mehr als zwei Dutzend Bildschirme tauchen den Raum in gedämpftes Blau. Sie zeigen Hafenanlagen, Lastwagen, die auf Wiegestationen fahren, Statistiken in Balkendiagrammen. Einige hundert Meter weiter führt ein junger Mann konzentriert einen Steuerknüppel. Mit dem Kran platziert er die Ladung sanft auf dem Deck eines Frachters. Die Regentropfen auf dem Fenster vor ihm sind Grafiken, Denn das Fenster ist ein riesiger Bildschirm. Er sitzt im Centro de Formação Profissional des Hafens, im Ausbildungszentrum. Hier gibt es Simulatoren für alle wichtigen Fahrzeuge und Kräne. Was aussieht wie eine verkleinerte Version von Mission Control in Houston ist das Kontrollzentrum im Porto de Maputo.
Markets International Ausgabe 2/25

Dieser Beitrag stammt aus der Zeitschrift Markets International, Ausgabe 2/2025 mit dem Schwerpunkt China. Erfahren Sie, welche weiteren Beiträge die Ausgabe für Sie bereit hält.
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Maputo ist die Hauptstadt von Mosambik, einem der ärmsten Länder Afrikas. Irgendwo am Indischen Ozean. Die klassische afrikanische Peripherie: Subtropisches Klima, endlose Strände, Dörfer ohne Stromanschluss. Und dann ein solcher Hightechhafen? Wie passt das zusammen? Darauf gibt es vier Antworten: Lage, Zeitpunkt, Verbündete und Arbeitsteilung.
Lage: Tor ins südliche Afrika
Der Kontinent ist reich an Bodenschätzen. Die finden sich oft tief im Landesinneren, und Bergbauländer wie Sambia, Simbabwe oder Botsuana haben keinen eigenen Zugang zum Meer. Für ihren Außenhandel, zumal mit schweren Massengütern, sind sie daher auf die Küstenstaaten angewiesen. Für die Region kommen da lediglich fünf in Frage: Angola, Namibia, Südafrika, Mosambik und Tansania. Während Angola und Mosambik jahrelang in Bürgerkriegen und deren Nachwehen versunken waren und sowohl Namibia als auch Tansania nur wenig in den Welthandel integriert sind, hat sich der Güterverkehr lange Zeit überwiegend nach Südafrika orientiert. Dorthin führten die Hauptstraßen und Eisenbahnstrecken, zum Beispiel aus dem Kupfergürtel in Sambia und Kongo. Das war so, obwohl die Häfen in Angola näher gelegen hätten, genauso wie die in Mosambik – etwa von Simbabwe aus gesehen. Sogar von der südafrikanischen Metropole Johannesburg ist der Weg nach Maputo kürzer als jener nach Durban.
Zeitpunkt: Südafrika schwächelt
Einmal etablierte Handelsrouten lassen sich nicht einfach so umlenken. Transportwege, Logistikzentren, Hafenanlagen, das alles ist mit enormen Investitionen verbunden. Wenn die Infrastruktur funktioniert, gibt es dafür ja auch keinen Anlass. Dann ändern Unternehmen Dinge ungern, wollen keine großen Risiken eingehen. Nur funktioniert sie eben nicht mehr oder zumindest nicht so gut wie gewohnt. Ausbleibende Investitionen und Misswirtschaft haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass Südafrikas Häfen zunehmend ineffizient geworden sind. Schiffe müssen Tage oder Wochen auf ihre Abfertigung warten, Bahnstrecken sind außer Betrieb, Lastwagenkolonnen stauen sich vor Grenzposten und Hafenarealen. Und wenn es woanders schneller oder einfacher geht, suchen Spediteure nach alternativen Wegen.
Kommentar: Südafrika macht es der Konkurrenz leicht

Südafrika hat über Jahre hinweg zu wenig in die Verkehrsinfrastruktur investiert. Jetzt kommt die Quittung – und zwar in Form hoher wirtschaftlicher Folgekosten, da viele Branchen stark exportorientiert sind. Im Bergbausektor etwa mussten Minengesellschaften den Abbau zurückfahren, weil sie die Produkte nicht abtransportieren konnten. Südafrikas staatlicher Bahnbetreiber Transnet selbst schätzt den Instandhaltungsrückstand der Schieneninfrastruktur auf 1,7 Milliarden US-Dollar.
Die Gründe für die Misere sind vielfältig. Sie reichen von den unzureichenden Investitionen in Infrastruktur und Ausrüstung bis zu Diebstahl und Vandalismus. Hinzu kamen externe Schocks. Aufgrund des massiven Einbruchs des Güterverkehrs auf den Schienen hat sich der Schwertransport mittlerweile fast gänzlich auf die Straße verlagert: 2023 waren es mehr als 80 Prozent. Darunter leidet der Zustand der Straßen. Auch die Hafenterminals sind chronisch überlastet.
Südafrikas neue Regierung, seit Mai 2024 im Amt, hat dem Thema Priorität eingeräumt. Über verschiedene Programme will sie private Investitionen erhöhen und Privatisierungen vorantreiben. Das betrifft unter anderem Südafrikas wichtigsten Containerterminal in Durban, der in Form eines 50:50-Joint-Ventures mit dem philippinischen Hafenbetreiber ICTSI modernisiert werden soll
Verbündete: Internationale Betreiber
Die Häfen der Nachbarländer haben diese Chance erkannt und modernisieren ihre Anlagen und Betriebsabläufe. Und internationale Unternehmen unterstützen sie dabei. Cornelder aus den Niederlanden ist schon länger Betreiber des Hafens in Beira an der zentralen Küste Mosambiks. Auch DP World aus Dubai ist nicht mehr ganz neu als Manager des Containerterminals in Maputo. Nun aber liegen Expansionspläne auf dem Tisch, sollen die Kapazitäten auf das Doppelte bis Dreifache steigen. Bis zu einer Millionen Standardcontainer (Twenty Foot Equivalent Unit = TEU) im Jahr will DP World in naher Zukunft an seinem Terminal in der mosambikanischen Hauptstadt abfertigen. Bisher waren es weniger als 300.000.
Auf der anderen Seite des Kontinents ist im Oktober 2024 die Großreederei MSC über ein Tochterunternehmen als Betreiber des Containerterminals in Walvis Bay eingestiegen. Hier ist der Ausbau schon abgeschlossen, nachdem Konkurrent Maersk den Hafen eine Zeit lang genutzt hatte. Inzwischen steht eine Kapazität von 750.000 TEU zur Verfügung. Eigentlich zu viel für ein Land wie Namibia mit gerade mal drei Millionen Einwohnern – 160.000 TEU wurden hier 2023 abgefertigt.
Häfen im Süden des Kontinents

Arbeitsteilung: Häfen erfinden sich neu
Dafür ist Walvis Bay ein schneller Hafen ohne Wartezeit. Es könnte als regionaler Hub dienen: Mega-Containerschiffe halten dann auf dem Weg zwischen Asien und Europa kurz an, laden Container für das südliche Afrika ab und andere auf. Anschließend geht es direkt weiter. Die Feinverteilung übernehmen Zubringerlinien.
Etwas anderes zeichnet sich im Rohstoffbereich ab. Die kürzesten Wege von den Bergbauzentren im südlichen Kongo und in Sambia zu den Weltmeeren führen nach Angola oder Tansania. Mit dem Ausbau der Eisenbahnstrecken nach Lobito und nach Daressalaam gewinnt diese Option nun an Bedeutung. Dass weltweit ein Wettrennen um Rohstoffe entbrannt ist, hilft. In Angola engagieren sich die EU und die USA im „Lobito-Korridor“. Die Tanzania-Zambia-Railway (Tazara) wird mit chinesischer Hilfe modernisiert. Auch der Porto de Maputo verbessert seinen Eisenbahnanschluss nach Südafrika. An der Grenze ist ein Trockenhafen eingerichtet. Container gehen dort durch den Zoll und können dann gleich von der Bahn aufs Schiff. Ein weiterer Zeitvorteil gegenüber dem südafrikanischen Wettbewerber Durban.
WETTBEWERB DER HÄFEN
Das steht drin: Übersicht der Entwicklungen bei Häfen und Logistik im südlichen Afrika mit Links zu Berichten über die einzelnen Standorte.
Wichtig, weil der Prozess dynamisch ist. Die Expansion der Häfen und die Modernisierung der Infratsruktur sind schon angelaufen oder in der Planung.
ALTERNATIVEN ZU MEERENGEN
Das steht drin: Eine Analyse der Seehandelsrouten zwischen Asien und Europa.
Wichtig, weil Konflikte oder Unfälle vor allem Meerengen zu anfälligen Punkten in der globalen Lieferkette machen. Aber Alternativen werden entwickelt.
INFRASTRUKTUR IN AFRIKA
Das steht drin: Eine Gesamtbetrachtung der Infrastruktur und der Trends auf dem afrikanischen Kontinent. Transport und Logistik, Energie, Digitales.
Wichtig, weil auch auf dem gesamten Kontinent vieles in Bewegung ist. Der Überblick zeigt die großen Trendlinien.