Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Taiwan | Konsumgüter

Inflation drückt auf die Verbraucherstimmung

Die Konsumlaune der taiwanischen Verbraucher lässt nach. Im Zuge der konjunkturellen Abkühlung droht ein Rückgang der Nachfrage vor allem nach langlebigen Konsumgütern.

Von Alexander Hirschle | Taipei

Über der erfolgsverwöhnten taiwanischen Konjunktur ziehen im Herbst 2022 düstere Wolken auf. Der Verbraucherindex CCI (Consumer Confidence Index) sank im Oktober 2022 um 1,4 Punkte auf einen Wert von 61,2 Zählern. Dies entsprach dem niedrigsten Niveau seit 13 Jahren. Zuletzt hatten die lokalen Konsumenten mitten in der Finanzkrise 2009 ein ähnlich geringes Vertrauen in die wirtschaftlichen Perspektiven der Insel.

Die Experten der für die Umfrage verantwortlichen National Central University sehen die rückläufigen Exporte und die schwächelnde Industrieproduktion als Ursachen des Vertrauensverlusts. Sie fürchten bis zum Jahresende 2022 eine weitere Kontraktion der taiwanischen Ausfuhren und warnen, dass aufgrund der sinkenden Nachfrage aus China und den USA eine Erholung erst im 2. Halbjahr 2023 einsetzen könnte.

Da die Wirtschaft der Insel zu fast 60 Prozent von Ausfuhren abhängig ist, wirkt sich deren Entwicklung auf die Konsumfreude der Taiwaner aus. Von den sechs Untersegmenten, die im Preisindex CCI (Consumer Confidence Index) gemessen werden, schnitten langlebige Konsumgüter am schlechtesten ab. Dies impliziert eine nachlassende Nachfrage etwa nach Immobilien, Kfz oder Hausgeräten. Stimmen aus dem Markt bestätigen die Entwicklung und sprechen seit August dieses Jahres von stark nachlassenden Verkäufen hochwertiger Konsumgüter.

Eigentlich hätte der private Verbrauch sich 2022 als wichtigste Wachstumsstütze der Konjunktur entpuppen sollen. So sahen es zumindest die Regierungsprognosen zu Jahresbeginn voraus. Das Statistikamt DGBAS (Directorate General of Budget, Accounting and Statistics) prognostiziert für das Gesamtjahr noch ein Wachstum des privaten Verbrauchs von real 3 Prozent. Im Jahr 2023 soll der Wert sogar um knapp 5 Prozent zulegen.

Reallöhne gehen zurück

Diese Zielwerte dürften allerdings angesichts der aktuellen Gemengelage schwer zu erreichen sein. Denn auch aus anderen Ecken kommen schlechte Nachrichten. So hat die Börse Taiex seit ihrem Höchststand Anfang 2022 zeitweise fast ein Drittel ihres Werts verloren. Die Reallöhne zeigten sich ebenfalls schon im 1. Halbjahr 2022 leicht rückläufig. Nach Angaben der DGBAS erhöhten sich die durchschnittlichen Nominallöhne ("Nominal regular wages", ohne Boni und Gratifikationen) in diesem Zeitraum zwar um 3,02 Prozent auf 1.475 US-Dollar (US$).

Der Zugewinn wurde allerdings durch die um 3,13 Prozent gestiegene Inflation aufgefressen. Zumindest unter Einberechnung der Boni konnten die sogenannten "Nominal monthly earnings" noch marginal um 0,38 Prozent zulegen. Allerdings dürfte dieser leichte Anstieg nicht ausreichen, um der Konjunktur entscheidende Impulse zu verleihen.

Auch die Einkommensungleichheit war bereits 2021 leicht angestiegen. So stiegen die Gehälter der 20 Prozent der Taiwaner, die zu den Besserverdienenden im Land zählen, im Schnitt stärker als jener 20 Prozent, die zu den Niedriglöhnern gehören. Der Unterschied beim Lohnplus lag bei 6,2 Prozent. Ein ähnlicher Trend war allerdings Covid-bedingt auch im globalen Maßstab zu beobachten.

Es gab aber auch positive Nachrichten zu vermelden. So sank die Arbeitslosigkeit im September auf den niedrigsten Wert seit fünf Monaten. Nach Einschätzung des Statistikamts hat der Arbeitsmarkt damit wieder ein Niveau wie zuletzt vor Ausbruch der Pandemie erreicht. Der Einzelhandel meldete im Herbst 2022 noch steigende Umsätze. Und auch die im Oktober erfolgte Öffnung der Insel für ausländische Besucher dürfte für eine Belebung der lokalen Tourismusindustrie sorgen. Vor allem die stark von ausländischen Besuchern abhängigen Hotels in den Großstädten wie Taipei hatten unter den Quarantänebestimmungen gelitten.

Luxusgüter während Pandemie gefragt

Der taiwanische Markt bleibt auch für Hersteller von hochpreisigen Konsumgütern attraktiv. Prestigeträchtige Waren genießen in einer stark auf Marken ausgerichteten Gesellschaft einen enorm hohen Stellenwert. Dies führt dazu, dass teure Produkte auch in schwierigeren Zeiten gefragt sind. So zogen die Verkäufe von Luxusgütern auch während der Coronakrise an.

Nach Auskunft der Marktforscher von Euromonitor soll 2022 der Umsatz mit Waren wie etwa Designer-Kleidung, Juwelen, hochwertigen Uhren und Schreibartikeln, Haushaltsgeräten oder Champagner 15,7 Milliarden US$ erreichen. Der taiwanische Markt für Luxuswaren ist weniger abhängig von ausländischen Touristen. Daher profitierten lokale Anbieter sogar von den Reiserestriktionen, denn die zahlungskräftige lokale Kundschaft konnte nicht mehr zu Shopping-Touren nach Hongkong oder in die USA aufbrechen. Das Geld wurde hingegen im Heimatmarkt ausgegeben.

Allerdings befürchten Branchenvertreter, dass die lokale Kundschaft nach dem Ende der Reiserestriktionen wieder ihre Fühler ins westliche Ausland ausstrecken könnte. Dort sind viele der Luxusartikel zu günstigeren Preisen als im Inland zu erstehen.

Bevölkerung mit hoher Kaufkraft

Die grundsätzlich hohe Nachfrage nach Hochwertigem ist auch dadurch zu erklären, dass Taiwan ein sehr reiches Land ist – zumindest was die Privatvermögen betrifft. Gemäß der neuesten Ausgabe des Allianz Global Wealth Reports verfügen Taiwaner mit durchschnittlich 134.700 US$ über die höchsten finanziellen Netto-Vermögenswerte pro Kopf in Asien. Im globalen Vergleich liegt die Insel auf Rang fünf hinter den USA, der Schweiz, Dänemark und Schweden. Im Ranking der Brutto-Vermögenswerte lagen Taiwaner in Asien immerhin auf Rang zwei hinter den Einwohnern Singapurs.

Weitere Indikatoren unterstreichen den Reichtum der Insel: So liegt das durchschnittliche Vermögen pro Haushalt nach Kaufkraftparitäten 2020 (letzte verfügbare Daten, DGBAS) bei 798.000 US$. Wäre Taiwan OECD-Mitglied, würde die Insel damit hinter Luxemburg und der Schweiz auf dem dritten Platz rangieren. Das BIP pro Kopf soll nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) 2022 um 7,2 Prozent auf 35.510 US$ steigen. Damit würde Taiwan erstmals Japan überholen und den Spitzenrang unter den ostasiatischen Volkswirtschaften erklimmen.

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.