In Thailands Abfallwirtschaft herrscht Nachholbedarf. In Zukunft soll mehr Müll verbrannt oder einer Kreislaufwirtschaft zugeführt werden.
Thailand ist ein vergleichsweise stark industrialisiertes, aufstrebendes Schwellenland. Mit wachsendem Wohlstand steigen die Abfallmengen. Im Jahr 2024 produzierte Thailand laut offiziellen Statistiken 52 Millionen Tonnen Müll, die zu nahezu gleichen Teilen auf Industrie- und Haushaltsmüll entfielen.
Mit der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung kann die fachgerechte Abfallentsorgung aber nicht mithalten. Zwar gibt es in den Städten und mittlerweile auch in den meisten Gemeinden eine Müllabfuhr. Doch noch immer landet der größte Teil des Haushaltsmülls auf mehr oder weniger gesicherten Müllhalden. In abgelegenen Gegenden ohne Müllabfuhr wird er schlicht verbrannt. Nur ein geringer Teil der weggeworfenen Wertstoffe wird einer Kreislaufwirtschaft zugeführt.
In der Politik ist die Abfallentsorgung als ein Problemfeld längst erkannt. Es gibt mehrere großangelegte Road Maps zur Müllvermeidung, -entsorgung und -wiederverwertung mit zahlreichen Sektorzielen. So sollen etwa nach dem "National Solid Waste Management Action Plan 2022-2027" bis 2027 mehr als 80 Prozent des kommunalen Abfalls sicher entsorgt werden. Laut der "Road Map on Plastic Waste Management 2018-2030" sollen bis 2030 sieben Plastikarten (Tüten, Flaschen, Deckel, Tassen etc.) zu 100 Prozent recycelt werden. Die "Food Waste Management Roadmap 2023-2030" will die Nahrungsmittelabfälle bis 2030 um 25 Prozent verringern.
Getragen werden diese Ziele auch von einem steigenden Umweltbewusstsein in der Bevölkerung: Müllvermeidung und Recycling sind in den Medien wichtige Themen. Dem stehen Alltagsgewohnheiten entgegen. Zwar sind beispielsweise im Einzelhandel Plastiktüten mittlerweile verboten. Doch auf traditionellen Märkten werden selbst die kleinsten Einkäufe noch immer doppelt und dreifach in Styroporbehältern und Plastiktüten verpackt.
Bangkoks neue Initiative zur Mülltrennung
Immerhin stellen einige Gemeinden und Hausverwaltungen inzwischen Sammelcontainer für Kunststoffe oder Papier auf. Umherziehende Wertstoffsammler entnehmen an den häuslichen Müllplätzen, Müllfahrzeugen oder vor Deponien die wertvollsten Stoffe und veräußern sie an Großhändler. Für die kommunalen Entsorgungsbetriebe bleibt dann nur der weniger werthaltige Abfall übrig.
Eines der größten Probleme für weitere Fortschritte in der Abfallwirtschaft ist die mangelhafte Trennung des Hausmülls. Insbesondere der hohe Anteil an Nahrungsmittelabfällen macht das Herausfiltern wiederverwertbarer Rohstoffe schwierig.
Bangkok hat aus diesem Grund eine Kampagne mit dem Slogan "Kein ungetrennter Hausmüll" gestartet. Wer über eine App Fotos seines getrennten Mülls an die Bangkok Metropolitan Authority schickt, bekommt eine Vergünstigung seines monatlichen Mülltarifs um zwei Drittel auf 20 Baht (circa 0,60 US-Dollar). Getrennt wird in vier Müllkategorien: Nahrungsmittelabfälle, Wertstoffe (Plastikflaschen, Glas, Papier und Metall), Gefahrenstoffe (Batterien, Glühbirnen, Spraydosen) und allgemeiner Müll (Plastiktüten, Kunststoffe etc.).
Je nachdem, ob man Einzelhaushalte oder Hausgemeinschaften zählt, gab es bis zum Stichtag 1. Oktober 2025 zwischen 250.000 und 700.000 Registrierungen. Insgesamt gibt es in Bangkok 50 Stadtbezirke mit 3,3 Millionen Haushalten. Die Kampagne schließt viele ältere Menschen aus, die kein Smartphone besitzen. Sie knüpft an eine Mülltrennungskampagne von 2023 an, die der Stadtverwaltung nach offizieller Verlautbarung umgerechnet 4,3 Millionen US-Dollar (US$) eingespart hat.
Starker Ausbau der Müllverbrennung
Bisher landet der Müll der thailändischen Hauptstadt in umliegenden Müllhalden unterschiedlicher Qualität oder wird in Waste-to-Energy-Anlagen verbrannt. Um auch landesweit den wachsenden Müllmengen Herr zu werden, werden überall im Land neue Waste-to-Energy-Anlagen geplant. Mehrere Dutzend gibt es bereits, die mehrere Hundert Megawatt an Stromleistung produzieren. Für die Ausschreibung ist die Energy Regulatory Commission (ERC) zuständig, die den Energiesektor beaufsichtigt.
Problem beim Ausbau der Stromerzeugung durch Müllverbrennung ist neben Umweltfragen vielfach die Finanzierung, denn die Technologie kommt aus dem Ausland. Zudem bestehen 60 Prozent des Hausmülls aus Nahrungsmittelabfällen, die sich nicht für eine Verbrennung eignen.
Die Zementindustrie betreibt die meisten WTE-Kraftwerke und Anlagen, die Ersatzbrennstoffe aus Abfällen verbrennen (Refuse-Derived Fuel, RDF). Die TPI Polene Power Public Company, eine Gesellschaft des lokalen Zementkonzerns TPI Polene, und die Siam Cement Group wollen beispielsweise ihre WTE- und RDF-Kapazitäten erhöhen.
Investitionsprojekte in Waste-to-Energy in ThailandIn Millionen US-Dollar*)| Projekt | Investition | Stand | Projektträger |
|---|
| Waste-to-Energy-Anlage (35 MW) in Bangkok | 139 | Im Bau, geplante Fertigstellung Ende 2026 | NewSky Energy (Thailand) |
| Zwei Waste-to-Energy-Anlagen (16 MW) in Chonburi | 91 | In Planung, geplante Fertigstellung 2026 | Kooperation von Gulf und ETC |
| Waste-to-Energy-Anlage (9,9 MW) in Uttaradit | 68 | In Planung | Thai Solar Energy |
| Waste-to-Energy-Anlage (8,9 MW) in Surat Thani | 62 | Geplante Fertigstellung 2026 | Beisel Waste Energy (Joint Venture aus Sermsang Power, BAFS, Lucky Clean Energy) |
| Industrial Waste-to-Energy-Anlage (9,9 MW) in Phuket | 57 | Baubeginn, geplante Fertigstellung 2026 | EA Waste Management Phuket (Energy Absolute) |
| Waste-to-Energy-Anlage (8 MW) in Nakhon Pathom | 51 | k.A. | Nakhon Pathom Green Energy |
* Durchschnittlicher Wechselkurs 2024: 1 US$ = 35,3 Baht.Quelle: Medienberichte; Unternehmensangaben 2024, 2025
Zahlreiche kleine Recyclinginitiativen
Neben den großen industriellen Lösungen der Abfallwirtschaft gibt es in Thailand auch zahlreiche kleine Recyclinginitiativen, die auf individuelles Engagement für ein geringes finanzielles Entgelt setzen. So sammeln viele Restaurants, Garküchenbesitzer oder Hausfrauen gebrauchtes Speiseöl, um es für Centbeträge an Sammelstellen oder fahrende Händler zu verkaufen. Es wird dann zu neuem Speiseöl oder gar zu Treibstoff aufbereitet, der in der Luftfahrt Kerosin beigemischt wird.
Darüber hinaus bestehen im Königreich zahlreiche sogenannte Waste Banks, in denen vor allem die ländliche Bevölkerung für die Sammlung von Papier-, Plastik- oder Kunststoffabfällen bezahlt wird. Etwa 14 Millionen Haushalte sollen dabei im Rahmen von 8.000 Initiativen etwa 6 Prozent des Festmülls separieren.
Von Frank Malerius
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Bangkok