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Branche kompakt | Thailand | Abfallwirtschaft

Thailand verfolgt in der Abfallwirtschaft anspruchsvolle Ziele

Das Königreich kämpft gegen die zunehmenden Abfallmengen einer wachsenden Wohlstandsgesellschaft. Ausländische Unternehmen sind bereits in vielen Marktbereichen aktiv.

Von Frank Malerius | Bangkok

Ausblick der Abfallwirtschaft in Thailand 

  • Politische Sektorziele lenken Investitionen in die Abfallbranche.
  • Zahlreiche neue Müllverbrennungsanlagen sollen Deponien entlasten.
  • Steigendes Umweltbewusstsein in der Bevölkerung erleichtert die Müllverarbeitung.
     

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Oktober 2025

  • Markttrends

    In Thailands Abfallwirtschaft herrscht Nachholbedarf. In Zukunft soll mehr Müll verbrannt oder einer Kreislaufwirtschaft zugeführt werden.

    Thailand ist ein vergleichsweise stark industrialisiertes, aufstrebendes Schwellenland. Mit wachsendem Wohlstand steigen die Abfallmengen. Im Jahr 2024 produzierte Thailand laut offiziellen Statistiken 52 Millionen Tonnen Müll, die zu nahezu gleichen Teilen auf Industrie- und Haushaltsmüll entfielen. 

    Mit der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung kann die fachgerechte Abfallentsorgung aber nicht mithalten. Zwar gibt es in den Städten und mittlerweile auch in den meisten Gemeinden eine Müllabfuhr. Doch noch immer landet der größte Teil des Haushaltsmülls auf mehr oder weniger gesicherten Müllhalden. In abgelegenen Gegenden ohne Müllabfuhr wird er schlicht verbrannt. Nur ein geringer Teil der weggeworfenen Wertstoffe wird einer Kreislaufwirtschaft zugeführt.

    In der Politik ist die Abfallentsorgung als ein Problemfeld längst erkannt. Es gibt mehrere großangelegte Road Maps zur Müllvermeidung, -entsorgung und -wiederverwertung mit zahlreichen Sektorzielen. So sollen etwa nach dem "National Solid Waste Management Action Plan 2022-2027" bis 2027 mehr als 80 Prozent des kommunalen Abfalls sicher entsorgt werden. Laut der "Road Map on Plastic Waste Management 2018-2030" sollen bis 2030 sieben Plastikarten (Tüten, Flaschen, Deckel, Tassen etc.) zu 100 Prozent recycelt werden. Die "Food Waste Management Roadmap 2023-2030" will die Nahrungsmittelabfälle bis 2030 um 25 Prozent verringern.

    Getragen werden diese Ziele auch von einem steigenden Umweltbewusstsein in der Bevölkerung: Müllvermeidung und Recycling sind in den Medien wichtige Themen. Dem stehen Alltagsgewohnheiten entgegen. Zwar sind beispielsweise im Einzelhandel Plastiktüten mittlerweile verboten. Doch auf traditionellen Märkten werden selbst die kleinsten Einkäufe noch immer doppelt und dreifach in Styroporbehältern und Plastiktüten verpackt.

    Bangkoks neue Initiative zur Mülltrennung

    Immerhin stellen einige Gemeinden und Hausverwaltungen inzwischen Sammelcontainer für Kunststoffe oder Papier auf. Umherziehende Wertstoffsammler entnehmen an den häuslichen Müllplätzen, Müllfahrzeugen oder vor Deponien die wertvollsten Stoffe und veräußern sie an Großhändler. Für die kommunalen Entsorgungsbetriebe bleibt dann nur der weniger werthaltige Abfall übrig.  

    Eines der größten Probleme für weitere Fortschritte in der Abfallwirtschaft ist die mangelhafte Trennung des Hausmülls. Insbesondere der hohe Anteil an Nahrungsmittelabfällen macht das Herausfiltern wiederverwertbarer Rohstoffe schwierig. 

    Bangkok hat aus diesem Grund eine Kampagne mit dem Slogan "Kein ungetrennter Hausmüll" gestartet. Wer über eine App Fotos seines getrennten Mülls an die Bangkok Metropolitan Authority schickt, bekommt eine Vergünstigung seines monatlichen Mülltarifs um zwei Drittel auf 20 Baht (circa 0,60 US-Dollar). Getrennt wird in vier Müllkategorien: Nahrungsmittelabfälle, Wertstoffe (Plastikflaschen, Glas, Papier und Metall), Gefahrenstoffe (Batterien, Glühbirnen, Spraydosen) und allgemeiner Müll (Plastiktüten, Kunststoffe etc.). 

    Je nachdem, ob man Einzelhaushalte oder Hausgemeinschaften zählt, gab es bis zum Stichtag 1. Oktober 2025 zwischen 250.000 und 700.000 Registrierungen. Insgesamt gibt es in Bangkok 50 Stadtbezirke mit 3,3 Millionen Haushalten. Die Kampagne schließt viele ältere Menschen aus, die kein Smartphone besitzen. Sie knüpft an eine Mülltrennungskampagne von 2023 an, die der Stadtverwaltung nach offizieller Verlautbarung umgerechnet 4,3 Millionen US-Dollar (US$) eingespart hat. 

    Starker Ausbau der Müllverbrennung

    Bisher landet der Müll der thailändischen Hauptstadt in umliegenden Müllhalden unterschiedlicher Qualität oder wird in Waste-to-Energy-Anlagen verbrannt. Um auch landesweit den wachsenden Müllmengen Herr zu werden, werden überall im Land neue Waste-to-Energy-Anlagen geplant. Mehrere Dutzend gibt es bereits, die mehrere Hundert Megawatt an Stromleistung produzieren. Für die Ausschreibung ist die Energy Regulatory Commission (ERC) zuständig, die den Energiesektor beaufsichtigt.

    Problem beim Ausbau der Stromerzeugung durch Müllverbrennung ist neben Umweltfragen vielfach die Finanzierung, denn die Technologie kommt aus dem Ausland. Zudem bestehen 60 Prozent des Hausmülls aus Nahrungsmittelabfällen, die sich nicht für eine Verbrennung eignen.

    Die Zementindustrie betreibt die meisten WTE-Kraftwerke und Anlagen, die Ersatzbrennstoffe aus Abfällen verbrennen (Refuse-Derived Fuel, RDF). Die TPI Polene Power Public Company, eine Gesellschaft des lokalen Zementkonzerns TPI Polene, und die Siam Cement Group wollen beispielsweise ihre WTE- und RDF-Kapazitäten erhöhen.

     

    Investitionsprojekte in Waste-to-Energy in ThailandIn Millionen US-Dollar*)
    Projekt

    Investition 

    Stand

    Projektträger 
    Waste-to-Energy-Anlage (35 MW) in Bangkok

    139

    Im Bau, geplante Fertigstellung Ende 2026NewSky Energy (Thailand)
    Zwei Waste-to-Energy-Anlagen (16 MW) in Chonburi

    91

    In Planung, geplante Fertigstellung 2026Kooperation von Gulf und ETC 
    Waste-to-Energy-Anlage (9,9 MW) in Uttaradit

    68

    In PlanungThai Solar Energy
    Waste-to-Energy-Anlage (8,9 MW) in Surat Thani

    62

    Geplante Fertigstellung 2026Beisel Waste Energy (Joint Venture aus Sermsang Power, BAFS, Lucky Clean Energy)
    Industrial Waste-to-Energy-Anlage (9,9 MW) in Phuket

    57

    Baubeginn, geplante Fertigstellung 2026 EA Waste Management Phuket (Energy Absolute)
    Waste-to-Energy-Anlage (8 MW) in Nakhon Pathom

    51

    k.A.Nakhon Pathom Green Energy
    * Durchschnittlicher Wechselkurs 2024: 1 US$ = 35,3 Baht.Quelle: Medienberichte; Unternehmensangaben 2024, 2025

    Zahlreiche kleine Recyclinginitiativen

    Neben den großen industriellen Lösungen der Abfallwirtschaft gibt es in Thailand auch zahlreiche kleine Recyclinginitiativen, die auf individuelles Engagement für ein geringes finanzielles Entgelt setzen. So sammeln viele Restaurants, Garküchenbesitzer oder Hausfrauen gebrauchtes Speiseöl, um es für Centbeträge an Sammelstellen oder fahrende Händler zu verkaufen. Es wird dann zu neuem Speiseöl oder gar zu Treibstoff aufbereitet, der in der Luftfahrt Kerosin beigemischt wird.

    Darüber hinaus bestehen im Königreich zahlreiche sogenannte Waste Banks, in denen vor allem die ländliche Bevölkerung für die Sammlung von Papier-, Plastik- oder Kunststoffabfällen bezahlt wird. Etwa 14 Millionen Haushalte sollen dabei im Rahmen von 8.000 Initiativen etwa 6 Prozent des Festmülls separieren. 

    Von Frank Malerius | Bangkok

  • Branchenstruktur

    Viele Betriebe der thailändischen Abfallwirtschaft sind klein und arbeiten mit einfachen Mitteln. Dennoch sind zahlreiche ausländische Unternehmen in der Branche aktiv.

    Die thailändische Abfallbranche hat eine kleinteilige Struktur. Das Department for Business Development (DBD) weist für 2024 etwa 4.400 Branchenunternehmen aus, die zusammen einen Umsatz von 8,7 Milliarden US-Dollar (US$) erwirtschafteten. Allerdings entfallen knapp drei Viertel der Unternehmen und etwa 90 Prozent des Umsatzes auf den Großhandel mit wiederverwertbaren Wertstoffen. Jenseits dieses Segments macht das durchschnittliche Unternehmen weniger als 1 Million US$ Umsatz. Gegenüber dem Jahr 2020 haben sich Unternehmensanzahl und Umsatz nahezu verdoppelt. Unklar ist, ob sich die Datenbasis verändert hat.

    Die Daten signalisieren aber, dass die vielen kleinen Unternehmen wenig Kapital besitzen, um höherwertige Technologien einzusetzen. Auch Anreize dafür fehlen: Denn Arbeitskraft ist mit einem durchschnittlichen täglichen Mindestlohn zwischen 337 und 400 Baht (circa zwischen 10 und 12 US$) günstig. Und so erfolgt die Trennung von Abfällen vielerorts manuell entlang von Förderbändern. Die sortierten Abfälle werden dann mit einfachen Schreddern und Pressen weiterverarbeitet. 

    Warten auf die Produzentenhaftung für Elektroaltgeräte

    Das thailändische Recyclingunternehmen Wongpanit gilt als einer der größten und bekanntesten Player der Branche. Es hat sogar mehrere Auslandsstandorte. Aber auch auf dem Wongpanit-Recyclinghof in der nordöstlich von Bangkok gelegenen Provinz Prachinburi zeigt sich dem Besucher, dass die Gewinnung von Wertstoffen aus Elektrogeräten größtenteils von Hand und unter Einsatz einfacher Technologien erfolgt. 

    Der Vertreter eines großen deutschen Entsorgungsunternehmens, das mit Wongpanit kooperiert, berichtet im Gespräch, dass es Investitionen in den Markt erwägt. Voraussetzung dafür sei aber eine rechtsfeste erweiterte Produzentenhaftung (EPR: Extended Producer Responsibility) für elektronische Altgeräte, also die Verantwortung von Herstellern und Händlern für die Entsorgung ihrer Produkte. Erst dann entstünde ein sicheres Geschäftsmodell. Für eine solche EPR gibt es in Thailand bereits einen Gesetzentwurf, aber noch keinen konkreten Einführungstermin.

    Wichtiger Handel mit AltmaterialienSektoren der Abfallwirtschaft
    Sektor

    Anzahl der Unternehmen

    Umsätze 2024 in Millionen US$ *)

    Sammlung ungefährlicher Abfälle

    440

    224

    Sammlung gefährlicher Abfälle

    55

    39

    Behandlung und Beseitigung ungefährlicher Abfälle in Deponien

    101

    168

    Verbrennung ungefährlicher Abfälle in Verbrennungsanlagen

    73

    28

    Biologische Behandlung ungefährlicher Abfälle

    99

    60

    Sonstige Behandlung und Beseitigung nicht gefährlicher Abfälle

    191

    347

    Behandlung und Beseitigung radioaktiver Abfälle

    3

    2

    Behandlung und Beseitigung gefährlicher Abfälle (außer radioaktiven Abfällen)

    63

    35

    Beseitigung von Umweltverschmutzungen und sonstige Entsorgung

    112

    36

    Großhandel mit Abfällen und recycelbaren Materialien

    3.281

    7.802

    Insgesamt

    4.418

    8.742

    *) Durchschnittskurs 2024: 1 US$ = 35,30 Baht.Quelle: Department of Business Development 2025

     

    Vielfältiges ausländisches Engagement

    Mittlerweile sind zahlreiche ausländische Unternehmen auf dem thailändischen Abfallmarkt aktiv. Die größten Investitionen gibt es im Anlagenbau. So bauen unter anderem die japanischen Firmen Hitachi und JFE Engineering, die chinesische SUS Environment oder Schwedens AFRY Müllverbrennungsanlagen. 

    Auch im Sortierbereich ist in Thailand mangels eigener Entwicklung ausländische Technik gefragt, auch aus Deutschland. So liefert das deutsche Unternehmen Sesotec Metalldetektoren und optische Sortiersysteme. Die Firma Steinert hat magnetische Trenn- und Sensorsortieranlagen im Einsatz. Das als deutsch-thailändisches Joint Venture gestartete Recycle Engineering war einer der ersten Recyclingdienstleister für chemische Abfälle. 

    Zahlreiche weitere ausländische Unternehmen der Abfallwirtschaft engagieren sich in Thailand. So betreibt beispielsweise das norwegische Unternehmen Tomra optische und sensorbasierte Sortieranlagen für Kunststoffe, Papier und Metalle. Die niederländische Oryx Stainless hat eine Edelstahlschrottanlage in der Industrieprovinz Chachoengsao aufgebaut. Frankreichs Suez hat nahe Bangkok eine Kunststoffrecyclinganlage in Bang Phli gestartet. Das aus Österreich stammende Recyclingunternehmen ALPLA recycelt in dem Joint Venture Envicco in Rayong Plastikflaschen. Und Japans Marubeni gewinnt zusammen mit Thailands Green Rubber Energy Öl aus Altreifen.

    Von Frank Malerius | Bangkok

  • Rahmenbedingungen

    Thailand ist ein vergleichsweise investorenfreundlicher Standort. Wer Arbeitsplätze schafft oder Technologie- und Know-how-Transfer leistet, erhält Vergünstigungen.

    Ausländische Unternehmen, die in Thailand ein Unternehmen gründen, müssen die gesetzlichen Vorgaben des Foreign Business Act beachten. Er schränkt insbesondere Tätigkeiten in Dienstleistungssektoren ein, daher sollte im Vorfeld einer Tätigkeit im Abfallsektor die Deutsch-Thailändische Handelskammer oder ein Anwaltsbüro konsultiert werden.

    Viele Vorschriften

    Der staatliche Thailand Board of Investment (BOI) fördert in- und ausländische Investitionsprojekte. Sie befreit beispielsweise Vorhaben im Bereich des Recyclings für fünf Jahre von Zahlungen der Körperschaftssteuer und Projekte zur Behandlung und Beseitigung von Abfällen für acht Jahre von der Steuer. Bevor der BOI diese Förderanträge annimmt, benötigen die Projekte alle relevanten behördlichen Genehmigungen.

    Industriebetriebe und Betriebe, die Abfälle verwerten oder entsorgen, benötigen eine Lizenz des Department of Industrial Works (DIW). Das DIW erteilt Betriebsgenehmigungen und prüft, ob die Fabriken Umweltauflagen einhalten, Abfälle und Gefahrenstoffe korrekt behandeln und weitergeben. Allerdings wurden die Zulassungsverfahren 2021 automatisiert und sind weniger streng. Müllsammelunternehmen benötigen ebenfalls eine Lizenz des DIW.

    Der Factory Act von 1992 regelt das betriebliche Abfallmanagement, während der Hazardous Substance Act und der Enhancement and Conservation of National Environmental Quality Act von 1992 und darauf basierende Notifikationen des Umweltministeriums die Entsorgung von gefährlichen Stoffen vorschreiben.

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

     

    Von Frank Malerius | Bangkok

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK + Thailand

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    German RETech Partnership e.V.

    Netzwerk deutscher Unternehmen und Institutionen der Entsorgungs- und Recyclingbranche zur Exportförderung

    Ministry of Natural Resources and Environment

    Umweltministerium

    Pollution Control Department

    Formulierung von Umweltpolitik, -standards, Bericht über Umweltschutz und -verschmutzung

    Department of Industrial Works

    Überwachung von Industrieabfällen und der Abfallwirtschaft

    Solid Waste Management Association

    Verband der Abfallwirtschaft

    BigSpring Events

    Fachmessen für Umwelttechnik

    Thai Government Procurement

    Portal für öffentliche Ausschreibungen


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