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Kambodschas Abfallwirtschaft ist im Aufbruch
Städtischer Müll landet meist auf ungesicherten Deponien. Doch eine fachgerechte Entsorgung und Wiederverwertung beginnt sich zu etablieren.
07.11.2025
Von Frank Malerius | Bangkok
Ausblick der Abfallwirtschaft in Kambodscha
- Wachsender Wohlstandsmüll verschärft das Entsorgungsproblem.
- Wachstumskurs erwirtschaftet öffentliche Mittel für den Einkauf von Technologie.
- Zukünftige Produzentenhaftung für Elektrogeräte schafft rechtssichere Geschäftsmodelle.
- Ausländische Anbieter erwägen Markteinstieg.
Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: November 2025
Kambodscha gehört zu den wachstumsstärksten Volkswirtschaften der Welt. Seit der Jahrtausendwende hat sich die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung von 300 auf nahezu 3.000 US-Dollar (US$) nominal verzehnfacht. Ab 2029 wird das Land nicht mehr als Least Developed Country (LDC) geführt werden. Vor allem die Bekleidungsindustrie, aber auch zunehmend eine ebenfalls exportorientierte Elektronikbranche haben Millionen Kambodschaner aus der Armut geführt.
Als Folge des Wachstumskurses entstehen große Mengen von industriellem Abfall und privatem Wohlstandsmüll - und damit das Problem von dessen Entsorgung. Gleichzeitig hat der Staat mittlerweile Mittel zur Verfügung, um den Aufbau einer professionellen Abfallwirtschaft zu unterstützen. Zudem entwickelt sich, zumindest in den Städten, ein Umweltbewusstsein und bereitet den Boden für eine zukünftige fachgerechte Entsorgung von Abfällen.
Weitgehende Müllentsorgung in den Städten
Die Abfallwirtschaft in Kambodscha kann mit der rasanten Wirtschaftsentwicklung kaum mithalten: Nur etwa 10 Prozent des gesamten Mülls werden, so Schätzungen, recycelt, kompostiert oder verbrannt. Sie befindet sich in kommunaler Verantwortung. Die meisten Städte verfügen mittlerweile über eine Müllabfuhr. In der Hauptstadt Phnom Penh ist sie teils in ausländischer Hand: Die chinesische Mizuda Group, 800 Super aus Singapur sowie das kambodschanisch-französische Unternehmen GAEA (Global Action Awareness for Environment) transportieren täglich etwa 4.000 Tonnen (t) Haushaltsmüll überwiegend zur ungesicherten und an ihre Kapazitätsgrenze gekommenen Halde Dangkor im Süden der Stadt.
Bezahlt werden die Entsorgungsunternehmen von einer Haushaltsabgabe von etwa 1 US$, welche die Phnom Penh Waste Management Authority (PPWMA) für sie einsammelt. Sie sind teils auch in anderen urbanen, touristisch geprägten Orten wie Siam Reap, Sihanoukville oder Battambang aktiv.
Wertstoffe gehen in die Nachbarländer
Je mehr Entsorgungsunternehmen aber in die Provinz gehen, umso mehr müssen sie das Geld für ihre Dienstleistungen direkt bei den Haushalten einfordern. Das ist deutlich schwieriger. In den Dörfern wird der anfallende Plastik- und Kunststoffmüll zumeist an Ort und Stelle verbrannt.
Wertstoffe wie Metall, Papier oder Hartplastik werden von Müllsammlern aus dem Haushaltsmüll aussortiert und an Großhändler weiterverkauft. Diese exportieren ihn zumeist in die Nachbarländer Thailand und Vietnam. Eine in Phnom Penh geleerte Coca-Cola-Dose landet also mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem Recyclingbetrieb im Großraum von Ho-Chi-Minh-Stadt oder im thailändischen Industriezentrum des Eastern Seaboard. Denn in Kambodscha lassen sich Wertstoffe bisher kaum weiterverarbeiten. Bisher gibt es nur wenige kleine Plastikrecycler, die keine höherwertige Technologie im Einsatz haben.
Neue Dynamik in den Markt könnte die bevorstehende Herstellerhaftung (EPR: Extended Producer Responsibility) für Elektrogeräte bringen. Sie würde privaten Entsorgungsunternehmen ein rechtssicheres Geschäftsfeld bieten. Bereits jetzt stehen in Phnom Penh einige öffentliche Sammelbehälter für ausrangierte Elektrogeräte. Es gibt zudem Initiativen zum Sammeln von Batterien, um diese im Ausland zu recyceln.
Internationale Finanzierung
Die insgesamt rückständige kambodschanische Abfallwirtschaft steht aber vor einem Aufbruch. Den politischen Rahmen bildet die Urban Solid Waste Management Policy 2020–2030, nach der der städtische Hausmüll bis 2030 nachhaltig entsorgt und wiederverwertet werden soll.
Für größere Projekte der Abfallwirtschaft bedarf es der internationalen Finanzierung. So werden mit Hilfe der Asian Development Bank (ADB) und der Weltbank die ersten sicheren Mülldeponien (Sanitary Landfills) gebaut. In Phnom Penh ist sogar eine moderne Deponie mit Gasabzug in Entstehung, die aus dem Staatshaushalt bezahlt wird.
Waste-to-Energy-Anlagen gibt es in Kambodscha noch nicht. Sie sind teuer und benötigen konstant hohe und vorsortierte Müllmengen, die Kambodscha noch nicht bieten kann. Über die Hälfte des kambodschanischen Haushaltsmülls ist organisch und eignet sich damit nicht zur Verbrennung.
Zwar gibt es schon jetzt Verordnungen, Nahrungsmittelabfälle zu separieren. Doch ihnen wird zumeist nicht gefolgt. Die Verbrennung von Industrieabfällen praktiziert bisher nur der Zementhersteller Chip Mong in einer Anlage in der Provinz Kampot. Dafür kooperiert das Unternehmen mit mehr als 100 produzierenden Unternehmen im Land.
Erste Schritte in den Markt
Deutsche Entsorgungsunternehmen, Maschinenanbieter und - in ihrem Auftrag - Handelshäuser sondieren derzeit den kambodschanischen Abfallsektor. Einen Weg in den Markt begleiten kann die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die vor Ort mehrere Abfallprojekte betreut und umfassendes Wissen über den Sektor verfügt. Zu einem ersten Schritt könnte beispielsweise der Verkauf eines gebrauchten Müllfahrzeuges oder einer verbilligten Sortieranlage gehören, um sich im Markt zu positionieren.
GIZ-Vertreter vor Ort prognostizieren, dass Geschäftsmodelle in der kambodschanischen Abfallwirtschaft im Entstehen sind. Denn die Regierung sei bereit, eine Kreislaufwirtschaft anzustoßen. Aufmerksamkeit sei geboten, denn es stünden bereits viele ausländische Anbieter in den Startlöchern.
Bisher bietet Kambodscha, das mit seinen 18 Millionen Einwohnern kaum mehr die Wirtschaftsleistung Bremens hat, ausländischen Firmen zu wenig Rechtssicherheit. Es gibt keine deutsche Fertigung und nur wenige produzierende europäische Unternehmen vor Ort. Die Übermacht chinesischer Investoren ist groß. Deutschland ist in Kambodscha zwar kein Investor, aber zumindest in kleinem Umfang, Technologielieferant.
| Bezeichnung | Anmerkung |
|---|---|
| Germany Trade & Invest | Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft |
| AHK Vietnam | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Kambodscha |
| German RETech Partnership e.V. | Netzwerk deutscher Unternehmen und Institutionen der Entsorgungs- und Recyclingbranche zur Exportförderung |
| Ministry of Environment | Kambodschanisches Umweltministerium |