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Wirtschaftsausblick | Thailand
Die Verbraucher in Thailand konsumieren wie lange nicht mehr. Steigende Preise und Zinsen könnten den Boom beenden. Investitionen und Außenhandel kühlen bereits ab.
16.12.2022
Von Thomas Hundt | Bangkok
Thailand erholt sich immer noch vom Schock der Coronapandemie. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte Schätzungen zufolge 2022 real um 3,2 Prozent zulegen. Die Wirtschaftsleistung liegt aber noch unter dem Niveau von 2019. Auch 2023 werde das Wachstum im Vergleich zu anderen Schwellenländern relativ schwach ausfallen, meinen Konjunkturforscher.
Strukturelle Probleme belasten die Wirtschaft. Die Pandemie hat Thailands Stärken und Schwächen offengelegt. Reformen liegen weit zurück. Viele Firmen und Verbraucher sind verschuldet. Steigende Preise drücken darüber hinaus zunehmend auf die reale Kaufkraft und schränken die Budgets für Investitionen ein.
Die Preise für Energie sind allerdings gedeckelt und auch bei bestimmten Produkten der Grundversorgung muss das Handelsministerium Preisanpassungen genehmigen. Die Zentralbank schätzt, dass die Inflationsrate 2022 bei 6,3 Prozent liegen werde und erwartet 2023 eine Teuerung um rund 3 Prozent.
Indikator | 2021 | 2022* | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 506 | 501 | 4.261 |
BIP pro Kopf (US$) | 7.255 | 7.165 | 51.214 |
Bevölkerung (Mio.) | 69,8 | 69,9 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US-Dollar (US$) = ... Baht) | 32,2 | 35,2 | - |
Spätestens am 7. Mai 2023 wird die thailändische Bevölkerung ein neues Parlament wählen. Die Oppositionspartei Pheu Thai des ehemaligen Premierministers Thaksin lag in einer Umfrage im September 2022 vorn. Eine neue Regierung wird sich wieder aus mehreren Parteien zusammensetzen. Diese positionieren sich derzeit für den Wahlkampf.
Der Staat investiert weniger. Bürokratie und Fehlplanungen verzögern staatliche Vorhaben und Public-Private-Partnership-Projekte. Die öffentlichen Investitionen gingen nach Schätzung des Thinktanks NESDC 2022 um rund 1 Prozent zurück. Für 2023 wird eine leichte Zunahme von 2,4 Prozent erwartet.
Der NESDC prognostiziert, dass private Investitionen 2023 immerhin um 2,6 Prozent wachsen werden. Großunternehmen haben leichteren Zugang zu Fremdkapital und dominieren viele Branchen. Sie kündigen Investitionen an. Geschäftsbanken sind dagegen vorsichtig, wenn sich kleine und mittelständische Unternehmen Geld leihen wollen.
Die Kapazitäten der größten Industriebranchen (Nahrungsmittel-, Kfz- und Elektroindustrie) waren im 3. Quartal 2022 noch nicht ganz so ausgelastet wie vor der Coronakrise. Lange Lieferzeiten und hohe Produktionskosten bereiten den Betrieben immer noch Sorgen. Die Produzentenpreise haben sich im 3. Quartal 2022 auf einem hohen Niveau eingependelt.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Millionen US$)* | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Datenzentren und Cloudservice | 5.000 | Ankündigung | |
Bangkok Metro Orange Line, Abschnitt West 13,4 km | 3.800 | Vorläufige Vergabe an Bangkok Expressway and Metro | Auftraggeber Mass Rapid Transit Authority of Thailand (MRTA) |
Central Pattana, Immobilienprojekte | 3.500 | Budget 2022 bis 2026 | |
Ausbau des Don Muang Airport in Bangkok, zusätzliche Kapazität für 10 Millionen Passagiere | 1.050 | Ausschreibung | |
Map Ta Phut Industrial Port Phase 3, Flüssiggasterminal | 1.200 | Bauzeit 2023 bis 2027 | Gulf MTP LNG Terminal |
BDMS Silver Wellness & Residence, Altersgerechtes Wohnbauprojekt in Bangkok | 690 | in Planung | |
Motorway 82 (Ekkachai-Ban Phaew), Schnellstraße, 16 Kilometer | 580 | Budget genehmigt | |
Kathu-Patong Expressway, Schnellstraße und Tunnel in Phuket, 4 Kilometer | 420 | 2023 Ausschreibung | |
k. A. | Ausschreibung |
Die Behörde Board of Investment (BOI) fördert Investitionsprojekte und kann ausländische Investoren von den Beschränkungen des Foreign Business Act ausnehmen. Sie genehmigte von Januar bis September 2022 insgesamt 1.197 geförderte Projekte im Gesamtwert von 14 Milliarden US$ - ein satter Zuwachs um 43 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Neue Förderschwerpunkte sind Elektrofahrzeuge und Kreislaufwirtschaft, die gut angenommen werden.
Das BOI nahm aus Thailand Investitionsanträge im Wert von insgesamt 7,9 Milliarden US$ an. Unter den ausländischen Investoren lagen Japan und Taiwan mit jeweils 1,3 Milliarden US$ vor China (1,0 Milliarden US$). Die 19 deutschen vom BOI genehmigten Vorhaben beliefen sich zusammen auf rund 100 Millionen US$.
Der private Konsum macht mehr als die Hälfte der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage aus. Die Bevölkerung ist nach den Einschränkungen der Coronapandemie wieder in Kauflaune und tätigt auch größere Anschaffungen, allerdings sehr oft auf Kredit.
Die Haushalte haben ihre Gesamtverschuldung seit 2012 auf über 420 Milliarden US$ verdoppelt. Hinzu kommen Kredite, die sie außerhalb des regulierten Finanzwesens aufgenommen haben. Steigende Zinsen werden nach Ansicht von Fachleuten 2023 die Kreditnachfrage und damit den Konsum bremsen.
Das Gastgewerbe profitiert von der Konsum- und Reiselaune besonders und wuchs im Zeitraum Januar bis September 2022 real um 43 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Internationale Reisende können seit Juli 2022 wieder ohne Quarantäne oder besondere Formalitäten in das Land des Lächelns reisen. Die Einnahmen aus dem Tourismus dürften 2023 bei völliger Reisefreiheit 26 Milliarden US$ erreichen. Damit sollte die Leistungsbilanz im selben Jahr wieder einen Überschuss aufweisen. Zusätzliche Devisen stärken zudem die Landeswährung Thai Baht.
Thailand hängt vom internationalen Handel ab. Die Ein- und Ausfuhren machen 2022 wertmäßig jeweils mehr als die Hälfte des BIP aus. Der NESDC prognostiziert, dass der thailändische Außenhandel 2023 wegen der nachlassenden Weltkonjunktur abflachen werde
2020 | 2021 | 2022* | 2023* | Veränderung 2023/2022* | |
---|---|---|---|---|---|
Importe | 186 | 231 | 272 | 276 | 1,6 |
Exporte | 227 | 271 | 291 | 294 | 1,0 |
Die exportorientierte Wirtschaft verzeichnete 2022 gute Geschäfte, auch weil der Thai Baht gegenüber dem US-Dollar zwischenzeitlich stark an Wert verlor. Dies erleichterte Exporte und verteuerte die Importe. Gegen Jahresende 2022 erholte sich der Baht und der NESDC erwartet für 2023 einen durchschnittlichen Kurs von 36,1 Baht je US$.
Die Einfuhrpreise in US-Dollar dürften 2023 währungsbedingt und wegen fallender Rohstoffpreise wieder sinken. Der Wert der Importe von Rohöl war im Zeitraum Januar bis Oktober 2022 im Vergleich zur Vorjahresperiode um 81 Prozent auf 33 Milliarden US$ und der von Gas um 166 Prozent auf 11 Milliarden US$ nach oben geschnellt.
Deutschland liefert hauptsächlich chemische Erzeugnisse und Maschinen nach Thailand. Die Einfuhren aus Deutschland sanken in den ersten 10 Monaten 2022 um 1 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode auf 5,1 Milliarden US$. China lieferte in dem Zeitraum hingegen Waren im Wert von 59 Milliarden US$. Mit Abstand dahinter an zweiter Position lag Japan mit 29 Milliarden US$.
Der Handel mit der Region Asien-Pazifik wird sich durch das Abkommen Regional Comprehensive Economic Partnership intensivieren. Thailand überlegte auch, dem Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership beizutreten, hat aber noch keinen Antrag gestellt. Thailand und die EU sondieren zudem, ob sie die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen wieder aufnehmen.