Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | Tschechische Republik | Automobilsektor

Branchenstruktur

Tschechiens Autobranche hat ein gutes Jahr hinter sich. Doch die Aussichten sind weniger rosig: Die Neuaufträge steigen langsamer, der wichtige Absatzmarkt Deutschland schwächelt.

Von Gerit Schulze | Prag

Die Fahrzeugindustrie ist Tschechiens wichtigste Wirtschaftsbranche. Laut Automobilverband AutoSAP entfallen 9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und ein Drittel der Forschungsausgaben auf den Automobilsektor. Mit Škoda Auto (Volkswagen), Hyundai und Toyota produzieren drei große Weltkonzerne Pkw in Tschechien. Außerdem haben sich große Original Equipment Manufacturer (OEM) wie Bosch, Continental oder Brose sowie Hunderte leistungsfähige Zulieferer im Land angesiedelt. 

Seit vielen Jahren ist die Fahrzeugbranche das Zugpferd der tschechischen Industrie. Das war auch 2023 so, als der Produktionsindex für die Branche (NACE 29) laut Statistikamt um 16 Prozent gegenüber 2022 stieg.

Auftragseingang wächst langsamer als die Inflation

Der Trend könnte sich in den kommenden Monaten fortsetzen, allerdings abgeschwächt. Denn die Auftragseingänge der Fahrzeug- und Teileproduzenten stiegen 2023 nominal um fast 7 Prozent gegenüber 2022. Das lag unterhalb der Inflationsrate. Dabei kamen von Kunden im Ausland weniger Neuaufträge als von einheimischen Kunden.

Bild vergrößern

Die Produktion von Pkw kletterte 2023 zum zweiten Mal in Folge und hat fast wieder den Vor-Corona-Stand erreicht. Laut AutoSAP erhöhte sich der Ausstoß der drei Hersteller um 15 Prozent auf 1,4 Millionen Fahrzeuge. Zum guten Ergebnis trug besonders Škoda Auto bei. Die Volkswagen-Tochter steigerte ihren Ausstoß in den tschechischen Werken um ein Viertel. Auf sie entfielen rund 62 Prozent aller im Land hergestellten Pkw. Dabei waren die Lieferkettenprobleme immer noch nicht ganz überwunden. Vereinzelt mussten die Fließbänder auch 2023 wieder angehalten werden, weil Zulieferteile fehlten. Das betraf unter anderem Škoda, nachdem ein Lieferant von Zahnradkränzen in Slowenien ausfiel.

Überdurchschnittlich stark legte die Produktion von Elektroautos zu. Hier verzeichnet der Verband AutoSAP 2023 ein Plus von 34 Prozent auf 181.000 Fahrzeuge. 

Pkw-Produktion in der Tschechischen Republik
Stückzahl; Veränderung in Prozent
Pkw-Hersteller

2021

2022

2023

Veränderung 2023/2022

Škoda Auto

680.287

693.032

864.889

24,8

Hyundai Motor Manufacturing Czech

275.000

322.500

340.500

5,6

Toyota Motor Manufacturing Czech Republic

149.936

202.255

192.427

-4,9

Summe

1.105.223

1.217.787

1.397.816

14,8

Quelle: AutoSAP 2024

Umschichtungen zwischen den Škoda-Werken

Zwischen den Werken in Tschechien laufen einige Umschichtungen. Durch die Verlagerung der Superb-Fertigung nach Bratislava entstehen Kapazitäten am Standort Kvasiny, wo ab Sommer 2024 mehr Octavias vom Band laufen sollen. Dadurch wiederum könnten im Stammwerk Mladá Boleslav künftig mehr Einheiten des batteriebetriebenen Enyaq gebaut werden. Der Anteil von Fahrzeugen mit Batteriebetrieb oder Plug-in-Hybriden in den Škoda-Fabriken lag 2023 bei 13 Prozent. 

Bei diesen Antriebstechnologien ist das tschechische Hyundai-Werk in Nošovice schon weiter. Dort hatte 2023 jedes fünfte Auto einen Batterie- oder Plug-in-Hybrid-Antrieb. Der Wert soll 2024 weiter steigen, vor allem dank des neuen Modells Kona Electric. Die Südkoreaner wollen die Fabrik modernisieren, um den Anteil der dort produzierten Batterieautos bis 2030 auf 70 Prozent zu erhöhen.

Toyota produziert noch keine Elektrofahrzeuge in seinem tschechischen Werk Kolín. Dort schrumpfte der Pkw-Ausstoß 2023 um 5 Prozent, weil es im Frühjahr und Sommer zu Lieferproblemen bei Subunternehmen kam. Die japanischen Investoren wollen 2024 über eine strategische Investition für das Werk entscheiden. Es soll dabei um mehrere Hundert Millionen Euro für neue Produktionstechnologien gehen.

Produktion von Lastwagen gestiegen

Der letzte große Lastwagenhersteller in Tschechien, Tatra Trucks, konnte seine Produktion 2023 um 85 Fahrzeuge auf 1.432 Lkw steigern. Die Exporte verdoppelten sich nahezu auf 1.239 Einheiten. Das Unternehmen arbeitet weiter an Modellen mit Brennstoffzelle. Im Herbst 2023 stellte Tatra erstmals einen Prototyp seines Wasserstoff-Lkw vor, der vor allem im Bergbau zum Einsatz kommen soll.

Export von Bussen legt zu

Größere Bedeutung hat Tschechien als Hersteller von Bussen. Zwar sank die Produktion 2023 leicht um 69 auf 5.253 Stück. Dennoch konnten die Exporte um über ein Fünftel auf 5.535 Autobusse gesteigert werden. Größter Hersteller ist Iveco Czech Republic im ostböhmischen Vysoké Mýto (Produktion 2023: 4.741 Busse). Dahinter folgt SOR aus Libchavy, das ebenfalls in Ostböhmen liegt (2023: 492 Busse). Dort wurden im Vorjahr auch 23 Busse mit Batterieantrieb produziert. Ein kleinerer Hersteller ist KHMC in Opava, wo 2023 nur 20 Kleinbusse montiert wurden. Es handelt sich dabei um individuelle Aufbauten auf Basis standardisierter Fahrgestelle. 

Umsatzrekord für die Zulieferbranche

Die tschechische Kfz-Zulieferindustrie verzeichnete 2022 einen neuen Umsatzrekord von umgerechnet 27,2 Milliarden Euro (Zahlen für 2023 lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor). Damit entfällt die Hälfte der Umsätze in der Automobilbranche auf die Teileproduzenten. Die Investitionen in langfristige Anlagegüter betrugen mehr als 970 Millionen Euro. Nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Handel waren 2022 insgesamt 903 Unternehmen in diesem Segment tätig. 

Der Großteil der Umsätze in der tschechischen Kfz-Industrie entsteht in Unternehmen unter ausländischer Kontrolle. Dutzende der weltweit wichtigsten TIER-1-Unternehmen und Hunderte von Zulieferfirmen fertigen im Land. Die umsatzstärksten sind Continental, Bosch und Kiekert.

Ausgewählte Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in der Tschechischen Republik
Investitionssumme in Millionen Euro

Vorhaben

Investitionssumme *)

Projektstand

Anmerkungen

Hyundai

k.A.

Umbau für 2025 geplant, Vorbereitungsphase läuftUmstellung des Werkes Nošovice auf die Produktion von Elektroautos
Tatra Trucks

101

Investitionssumme für die erste Etappe; Vorhaben über drei Jahre geplantErweiterung der Lkw-Produktion in Kopřivnice
Škoda Auto, Bageterie Boulevard, Škoda CB Auto und Ionity

k.A.

Bau begonnen; Fertigstellung für Ende 2024 geplantLade-Hub für E-Autos und Škoda eMobility Experience Centre in Planá u Českých Budějovic zusammen mit Gastronomie
Tesla

k.A.

Bau begonnen; Eröffnung für 2024 geplantVertriebs-, Service- und Auslieferungszentrum in Brno
Flughafen Prag

k.A.

Planungsphase; Analyse wird durchgeführtModernisierung des Flughafens, unter anderem mit Ladestationen für Flughafentaxis und private Nutzer sowie neue Parkhäuser mit Ladepunkten
* Umrechnung anhand des Wechselkurses 1 Euro = 24,81 Tschechische Kronen (Tschechische Nationalbank, 19.1.2024).Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen 2024

Die Dynamik bei der Fahrzeugproduktion führte 2023 zu einem gestiegenen Bedarf an Kfz-Teilen. Die Importe legten laut Eurostat gegenüber 2022 um über 12 Prozent zu. Deutschland blieb mit einem Anteil von 37 Prozent des Lieferwertes das mit Abstand wichtigste Herkunftsland. Dahinter folgten Polen, die Slowakei und Südkorea.

Tschechien ist aber auch ein wichtiger Exporteur von Kfz-Teilen. Das Land steigerte seine Ausfuhren in diesem Segment 2023 um 15 Prozent auf über 16,1 Milliarden Euro. Auch hier war Deutschland der größte Handelspartner mit einem Anteil von 43 Prozent - vor der Slowakei, Frankreich und Polen. 

Exponentiell zugelegt haben die Ausfuhren von Fahrzeugzubehör nach Kasachstan und Kirgisistan. Beide Länder sind Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion, die zollfreie Lieferungen nach Russland ermöglicht.

Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile in die Tschechische Republik
in Millionen Euro; Veränderung in Prozent
 

2022

2023

Veränderung 2023 / 2022

aus Deutschland (2023)

SITC 778.3 Kfz-Elektrik

1.3871.4232,6232

SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

10.64211.94712,34.421

SITC 773.13 Zündkabelsätze

1.6631.89614,0374

SITC 713.2 Motoren

2.0492.41818,01.175

Summe

15.74117.68412,36.202
Quelle: Eurostat 2024

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.