Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | Tschechische Republik | Ernährungswirtschaft

Branchenstruktur

Starke einheimische Hersteller und internationale Konzerne dominieren die tschechische Lebensmittelproduktion. Bei vielen Produkten ist das Land jedoch von Importen abhängig.

Von Gerit Schulze | Prag

Hersteller von Lebensmitteln und Getränken sorgen für knapp 2 Prozent der Bruttowertschöpfung in Tschechien. Der Anteil an der Wirtschaftsleistung ist seit dem EU-Beitritt 2004 leicht gesunken, weil viele Unternehmen der starken Importkonkurrenz nicht standhalten konnten.

Trotzdem hat Tschechien bis heute eine leistungsfähige Lebensmittelindustrie. Die wichtigsten Segmente der Branche sind die Getränkeproduktion, die Süßwarenherstellung und die Fleischverarbeitung. 

Bei Grundnahrungsmitteln erreicht Tschechien einen Selbstversorgungsgrad von knapp 80 Prozent. Allerdings ist das Land bei bestimmten Kategorien wie Schweine- und Geflügelfleisch, Butter oder Eiern stark von Importen abhängig. Selbst bei einheimischen Obst- und Gemüsearten wie Äpfel und Kartoffeln gibt es einen großen Einfuhrüberschuss. 

Unterm Strich erzielt Tschechien deshalb ein Außenhandelsdefizit bei Lebensmitteln. Importen im Wert von 10,4 Milliarden Euro standen 2024 Exporten von 8,6 Milliarden Euro gegenüber (ohne Getränke). Fast die Hälfte der Einfuhren entfällt auf die beiden Nachbarländer Deutschland und Polen. Außerdem sind die Niederlande, die Slowakei und Italien wichtige Lieferländer. Besonders groß ist das Importvolumen bei Fleisch, Milchprodukten, Obst und Gemüse sowie bei Süßwaren. 

Ein einheimischer Akteur dominiert die Branche

In der tschechischen Lebensmittel- und Getränkeproduktion sind starke einheimische Unternehmen und zahlreiche ausländische Investoren aktiv. 

Der wichtigste Akteur ist der Konzern Agrofert, der über verschiedene Treuhandfonds dem ehemaligen Premierminister Andrej Babiš gehört. Das Unternehmen deckt von der Düngemittelproduktion über die Landwirtschaft bis zu der Verarbeitung und dem Vertrieb die gesamte Wertschöpfungskette im Lebensmittelbereich ab. 

Die Tochterunternehmen von Agrofert produzieren in Tschechien unter anderem Fleisch (Kostelecké uzeniny, Krahulík), Milchprodukte (Olma, Mlékárna Hlinsko), Backwaren (United Bakeries, Penam, Odkolek), Tiefkühlkost (Profrost), Konserven und Fertiggerichte. Das Unternehmen ist auch stark in Deutschland aktiv und hat dort unter anderem die Lieken AG gekauft.

Produktion ausgewählter Nahrungsmittel und Getränke in TschechienVeränderung in Prozent
Sparte

Einheit

2023

Veränderung 2023 / 2022

Rind- und Kalbsfleisch

Tonnen

66.000

-12,3

Schweinefleisch

Tonnen

241.000

3,8

Geflügel

Tonnen

51.000

-3,5

Kartoffeln

Tonnen

49.000

3,0

Milch und Sahne

Tonnen

857.000

5,5

Butter und Milchanstriche

Tonnen

39.000

-5,4

Käse und Quark

Tonnen

200.000

-2,3

Weizenmehl

Tonnen

699.000

-4,9

Brot

Tonnen

220.000

-8,3

Teigwaren

Tonnen

80.000 

-11,5

Raffinierter Zucker

Tonnen

606.000

-2,6

Destillate, Liköre

Mio. l alc 100%

22 

-4,9

Alkoholisches Bier aus Malz

Mio. hl

18,3 

-3,5

Mineral- und Sodawasser

Mio. hl

7,3 

-10,1

Quelle: Tschechisches Statistikamt 2025

Nestlé und Mondelez mit mehreren Werken vertreten

Ausländische Konzerne sind unter anderem in der Süßwarenproduktion aktiv. US-Gigant Mondelez hat drei Fabriken in Lovosice, Mariánské Lázně und Opava. Dort werden sowohl lokale Marken wie Fidorka-Waffeln als auch internationale Marken wie Milka-Schokolade produziert. Mondelez investiert in Tschechien weiter in neue Kapazitäten. Bis Mitte 2026 sollen am Standort Opava neue Linien für die Keksproduktion entstehen.

Nestlé ist ebenfalls mit mehreren Werken in Tschechien vertreten. Die Schweizer produzieren Säuglingsnahrung und Milchprodukte, Instantprodukte (Maggi), Tiernahrung und Süßwaren in Olomouc, Krupka und Holešov.

Einer der größten Milcherzeuger Tschechiens, der Prager Molkereibetrieb Mlékárna Pragolakto, gehört zur deutschen Sachsenmilch Leppersdorf.

Ein anderer deutscher Akteur, Dr. Oetker, schließt dagegen bis Ende 2025 sein tschechisches Werk in Kladno. Wie das Unternehmen mitteilte, soll die Produktion von Backmischungen, Puddings und Desserts aus Kostengründen in ein anderes Land verlegt werden.

In der Getränkeproduktion haben inländische Unternehmen wie Kofola (Softdrinks) oder Mattoni (Mineralwasser) eine starke Position. Unter den großen Brauereien befinden sich Budweiser Budvar aus České Budějovice und Bernard aus Humpolec in tschechischem Eigentum. Andere Marken wie Pilsner Urquell (Asahi Group), Staropramen (Molson Coors) oder Lobkowicz (Lighthouse Group, China) sind in ausländischer Hand.

Wichtige Hersteller von Lebensmitteln in TschechienUmsatz mit eigenen Waren und Dienstleistungen in Millionen Euro, Veränderung in Prozent
UnternehmenSparte

Umsatz 2023 1)

Veränderung 2023 / 2022 2)

Nestlé ČeskoSüßwaren2899,1
Vodňanská drůbežFleisch281-1,9
MadetaMilchprodukte273-5,5
Kostelecké uzeninyFleisch2633,9
Bidfood Czech Republic 3)Eis, Fleisch24710,8
Mlékárna PragolaktosMilchprodukte239-3,0
OlmaMilchprodukte1810,3
PenamGebäck1660,0
Maso uzeniny Písek a PoličkaFleisch146-2,3
Mlékárna HlinskoMilchprodukte138-8,0
1 Umrechnung anhand des durchschnittlichen Wechselkurses der Tschechischen Nationalbank für 2023: 1 Euro = 24,007 Kč; 2 Veränderung aufgrund der Werte in Kč; 3 Geschäftsjahr vom Juli 2023 bis Juni 2024, Wechselkurs: 1 Euro = 24,672 Kč. Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Handelsregister 2025

Wichtige Hersteller von Getränken in TschechienUmsatz mit eigenen Waren und Dienstleistungen in Millionen Euro, Veränderung in Prozent
UnternehmenSparte

Umsatz 2023 1)

Veränderung 2023 / 2022 2)

Plzeňský PrazdrojBier8909,9
Mattoni 1873Mineralwasser, Wasser23121,5
Pivovary StaropramenBier1806,0
KofolaAlkoholfreie Getränke15411,5
Budějovický BudvarBier14111,4
Heineken Česká republikaBier1151,0
Stock Plzeň - Božkov 3)Spirituosen, Liköre11215,2
Bohemia SektSekt, Schaumwein61-4,7
1 Umrechnung anhand des durchschnittlichen Wechselkurses der Tschechischen Nationalbank für 2023: 1 Euro = 24,007 Kč; 2 Veränderung aufgrund der Werte in Kč; 3 Geschäftsjahr vom Oktober 2022 bis September 2023, Wechselkurs: 1 Euro = 23,972 Kč. Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Handelsregister 2025

 

Hilfe für kleine Lebensmittelbetriebe

Angesichts der starken globalen Konkurrenz berät die tschechische Lebensmittelkammer (Potravinářská komora České republiky) einheimische Hersteller bei der Entwicklung neuer Verpackungen, Geschmacksrichtungen und bei Marketingmaßnahmen, um so die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Einmal jährlich prämiert der Verband die innovativsten Lebensmittelprodukte des Landes. Dabei werden mehrere Kategorien bewertet, unter anderem Lebensmittelsicherheit und -qualität, Produktneuausrichtung, Babynahrung, alternative Nahrungsmittel und nachhaltige Lebensmittelproduktion. Auch tschechische Produktionsstätten ausländischer Konzerne wie Nestlé oder Danone gehören zu den Preisträgern. Sie können anschließend das Logo des Wettbewerbs für Marketingzwecke nutzen.

Tschechiens Regierung ist daran interessiert, die Internationalisierung der Branche zu fördern. Sie unterstützt Geschäftsanbahnungsreisen in potenzielle Exportmärkte, zuletzt nach Israel, Japan und Skandinavien.

Außerdem ist Tschechien Partnerland des D4Pack-Projekts (Facilitating the introduction of advanced packaging materials). Dieses Programm unterstützt kleine und mittlere Unternehmen der Agrar- und Lebensmittelbranche bei der Entwicklung nachhaltiger und innovativer Verpackungslösungen. Die innovativen Verpackungen sollen die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängern und einen geringen ökologischen Fußabdruck haben. Tschechien ist neben Italien, Ungarn und Slowenien eines der vier Länder, in denen die entwickelten Lösungen getestet und implementiert werden.

Gutes Umfeld für innovative Lebensmittel

Aufgrund geringer Regulierung und wenig Vorbehalten bei Verbrauchern entwickeln sich in Tschechien Biotechunternehmen gut. Die Prager Firma Bene Meat Technologies (BMT) ist innerhalb weniger Jahre zu einem Global Player für die Produktion von Kulturfleisch geworden. Das in einem Bioreaktor gezüchtete Fleisch wird als Hunde- und Katzenfutter verwendet. Das Produkt zielt aber vor allem auf westeuropäische Märkte. Nach Angaben des Unternehmens sei der tschechische Markt für solche Produkte noch nicht reif.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.