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Markttrends
In Tschechien sorgen die steigende Kaufkraft und Bevölkerungszahl für wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln. Dank wechselnder Essgewohnheiten finden auch neue Produkte Abnehmer.
30.05.2025
Von Gerit Schulze | Prag
Die Stimmung in der tschechischen Ernährungswirtschaft klart auf. Erstmals seit drei Jahren waren die Ergebnisse der Geschäftsumfrage im Lebensmittelsektor im Frühjahr 2025 wieder positiv. Laut der von der EU-Kommission monatlich veröffentlichten Erhebung erwarten besonders die Hersteller von Fleisch, Milchprodukten und Backwaren bessere Geschäfte.
Damit schlägt sich die zunehmende Konsumfreude der Verbraucher auch am Lebensmittelmarkt nieder. Laut Wirtschaftsprognose der Regierung vom April 2025 werden die Ausgaben der Privathaushalte in diesem und im nächsten Jahr um über 3 Prozent wachsen. Die Reallöhne sollen 2025 um 4,1 Prozent und 2026 um 3,1 Prozent steigen. Tschechiens Verbraucher haben also wieder mehr Geld zur Verfügung.
Höchste Ausgaben für Fleisch, Backwaren und Milchprodukte
Das kommt der Ernährungswirtschaft zugute. Denn die tschechischen Haushalte verwenden laut Statistikamt rund ein Fünftel ihrer Ausgaben für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke. Im Jahr 2023 (letzte verfügbare Zahl) waren das pro Kopf 1.620 Euro. Davon entfielen fast 330 Euro auf Fleischwaren, 290 Euro auf Getreideerzeugnisse und 260 Euro auf Milchprodukte. Hinzu kommen Haushaltsausgaben von über 3 Prozent für Alkohol und Tabak, pro Kopf fast 280 Euro.
In den Jahren 2022 und 2023 hatte die ungewöhnlich hohe Inflationsrate (kumuliert über 25 Prozent) die Verbraucherlaune gedämpft. Die Reallöhne waren so stark gesunken, dass ihre Kaufkraft erst 2026 wieder das Niveau von 2019 übertreffen wird.
Biolebensmittel besonders in Großstädten beliebt
Weiter im Aufwind befindet sich der Markt für Biolebensmittel. Laut dem tschechischen Landwirtschaftsministerium betrieb 2023 jeder achte Agrarbetrieb ökologischen Landbau. Diese rund 5.300 Unternehmen bewirtschafteten eine Gesamtfläche von knapp 600.000 Hektar. Die meisten Biobauern gibt es in den Regionen Südböhmen und Plzeň.
von Biolebensmitteln gibt es derzeit in Tschechien.
Die Zahl der Hersteller von Biolebensmitteln in Tschechien lag 2023 bei fast 1.000 und hat sich damit innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelt. Die Unternehmen müssen sich beim Landwirtschaftsministerium registrieren. Aus Drittländern außerhalb der EU sind in Tschechien 370 Importeure von Biolebensmitteln gemeldet.
Den Verkauf ihrer Produkte übernehmen nachhaltig wirtschaftende Agrarbetriebe häufig in Eigenregie, entweder über Hofverkäufe oder im Direktvertrieb an Restaurants oder Kantinen. Nach Auskunft von Marktteilnehmern ist für den Verkauf von Biolebensmitteln in Tschechien immer noch viel Überzeugungsarbeit nötig. "Besonders in ländlichen Regionen schauen die Verbraucher bei Fleisch oder Eiern vor allem auf den Preis", sagt die Mitinhaberin eines Agrarunternehmens bei Prag. Dennoch wachse der Markt und die Nachfrage, besonders in den Großstädten.
Die Umsätze mit biologisch angebauten Lebensmitteln legen schneller zu als der Gesamtmarkt. Das Landwirtschaftsministerium ermittelte für 2022 einen Inlandsverbrauch von umgerechnet 280 Millionen Euro. Das war ein Anteil von 1,7 Prozent am gesamten Lebensmittel- und Getränkeverbrauch. Etwa zwei Drittel der verkauften Produkte kommen aus dem Import.
Neben der positiven Entwicklung bei Biolebensmitteln verweisen Marktteilnehmer auf ein wachsendes Interesse an Premiumprodukten. Die Kunden greifen dank der höheren Einkommen häufiger zu Marken- und Qualitätserzeugnissen als in der Vergangenheit. Auch veränderte Konsumgewohnheiten spielen eine Rolle. Immer mehr Supermärkte bieten zum Beispiel Kochboxen mit frischen Lebensmitteln an, die zuhause schnell zubereitet werden können. Auch frische Fertiggerichte wie Salate oder Suppen sind zunehmend populär.
Äpfel und Süßwaren mehr gefragt als früher
Bei wichtigen Produktkategorien kam es in den letzten Jahren zu einigen Verschiebungen. Im Getränkesegment fällt auf, dass tschechische Verbraucher pro Kopf im Vergleich zum Jahr 2010 rund ein Viertel weniger Limonaden und Mineralwasser konsumieren. Bei Spirituosen und Bier ist der Verbrauch zwischen 2010 und 2023 um 5 beziehungsweise 8 Prozent gesunken. Dafür wird jetzt häufiger eine Flasche Wein geöffnet. Zugelegt hat ebenso der Kaffeekonsum – von 2 Kilogramm pro Kopf (2010) auf 2,5 Kilogramm (2023).
Auch bei anderen Nahrungs- und Genussmitteln gab es zum Teil deutliche Veränderungen. Teigwaren, Äpfel und Tomaten sind heutzutage populärer als vor zehn Jahren. Bei Süßwaren liegt der jährliche Verbrauch inzwischen um ein Kilogramm höher (2023: 7,8 Kilogramm).
Gesunde Ernährung ist aber ein immer wichtigeres Thema. Das zeigt der Konsum von Zucker und Salz, der in Tschechien tendenziell sinkt. Dagegen greifen die Verbraucher häufiger zu Frischgemüse (87 Kilogramm pro Kopf im Jahr 2023). Relativ konstant ist der Absatz von Trinkmilch, Obst, Fisch und Butter.
Investitionslaune der Hersteller verbessert sich
Die bessere Konsumstimmung im Land führt zu neuen Investitionen in die Lebensmittelindustrie. Nach dem Ausbruch der Coronapandemie stagnierten diese zunächst drei Jahre in Folge. Seit 2023 nehmen die tschechischen Lebensmittelhersteller aber wieder mehr Geld in die Hand, um ihre Produktionsanlagen zu modernisieren und neue Kapazitäten aufzubauen.
Nach Angaben des Industrieministeriums hat die Lebensmittelindustrie 2023 rund 840 Millionen Euro in Anlagegüter und Sachanlagen investiert. Mit über 220 Millionen Euro am ausgabefreudigsten waren dabei die Unternehmen der NACE-Kategorie 10.8, zu denen die Süßwarenindustrie zählt. Auch die Fleischverarbeiter (186 Millionen Euro) und die Backwarenhersteller (171 Millionen Euro) investierten überdurchschnittlich viel.
Für die Getränkeindustrie ermittelte das Industrieministerium 2023 Anlageinvestitionen von rund 230 Millionen Euro.
Akteur / Projekt | Investitionssumme *) | Projektstand | Anmerkungen |
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Mondelez / Erweiterung der Produktion von Keksen in Opava | 52,2 | Projekt begonnen; Betrieb für 2026 geplant
| Neue Produktionslinie für Export; eventuelle Übertragung der Produktion von Mozartkugeln nach Tschechien |
Kofola / Investitionsplan für Getränkeproduktion 2025 | 48,2 | Investitionsausgaben insgesamt für die Werke in 2025
| Erhöhung der Effizienz in Produktion und Logistik |
Budějovický Budvar / Modernisierung der Brauerei in České Budějovice | 40,1 | Projekt läuft seit 2024; Investitionsplan für mehrere Jahre | Umbau der Gebäude, des Brauhauses, des Besucherzentrums, Bau eines Parkhauses |
A.W. / Erweiterung der Produktion von Olmützer Quargel in Loštice | 28,1 | Baubeginn für 2026 und Fertigstellung für 2028 geplant | Aufbau eines neuen Werks mit automatisierten Produktionslinien; Erhöhung der Kapazität um 70 Prozent |
Pekárna Srnín / Bau einer Biogasanlage an der Bäckerei Srnín | 7,0 | Förderung aus EU-Fonds; Fertigstellung für Ende 2026 geplant | Biogasanlage zur Nutzung der Getreide-, Gebäck- und Gemüseabfälle, Produktion von Strom und Wärme für eigenen Verbrauch und Lieferungen an Dritte |
Kofola ČeskoSlovensko / Verwaltungs- und Ausstellungszentrum in Ostrava | 6,3 | Förderung aus EU-Fonds; Fertigstellung für Ende 2027 geplant | Umbau eines historischen Gebäudes (Denkmalsanierung) für Verwaltungs- und Ausstellungszwecke |
Foodset / Ausbau und Digitalisierung der Produktion von Verpflegungspaketen für das Militär in Veselá | 2,0 | Förderung aus EU-Fonds; Fertigstellung für Mitte 2026 geplant | Beschaffung neuer Produktionsanlagen und Technologien zur Digitalisierung, Sicherstellung der Cybersicherheit |
Pivovar Mazák / Digitalisierung der Brauerei in Dolní Bojanovice | 1,4 | Förderung aus EU-Fonds; Fertigstellung für Mitte 2026 geplant | Beschaffung neuer Technologien und Software zur Digitalisierung und Produktionsautomatisierung |
United Bakeries / Modernisierung der Wärmeversorgung in den Bäckereien Pardubice und Liberec | 1,2 | Förderung aus EU-Fonds; Fertigstellung für Ende 2025 geplant | Nutzung der Abwärme aus den Backöfen für Heizung und Warmwassererzeugung |
Die aktuellen Investitionsvorhaben zielen häufig auf mehr Energieeffizienz und eine Automatisierung der Produktion. Mit Hilfe von EU-Mitteln installieren viele Hersteller Fotovoltaikanlagen, um die Stromkosten zu senken.