Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Türkei | Bauwirtschaft

Hochbau: Marktlage und Marktentwicklung

Der Wiederaufbau in der Erdbebenregion und Präventionsmaßnahmen bleiben die Wachstumstreiber. Finanzierungsschwierigkeiten und hohe Kosten dämpfen die Nachfrage.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Das Städtische Transformationsprogramm und der Wiederaufbau der südöstlichen Türkei treiben die Investitionen in der Bauwirtschaft an. Der Baustoffverband İMSAD rechnet 2025 mit einem Wachstum von 5 Prozent. Im Jahr 2024 wuchs die Branche real um 9,3 Prozent und verzeichnete damit das zweite Jahr in Folge ein starkes Wachstum.

Allerdings könnten steigende Löhne sowie hohe Finanzierungs- und Baukosten die Nachfrage schwächen. Privatpersonen und Investoren haben außerdem derzeit Schwierigkeiten Kredite zu erhalten. Zudem sind diese aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus teurer geworden. Dies verzögert Projekte und schränkt die Bautätigkeit ein. In der 2. Jahreshälfte 2025 könnten Zinserleichterungen die private Bautätigkeit ankurbeln. Seit Juni 2023 hat die Zentralbank den Leitzins zur Inflationsbekämpfung von 8,5 auf 50 Prozent (März 2024) erhöht und die Kreditvergabe begrenzt. Mittlerweile sinkt der Zinssatz schrittweise (März 2025: 42,5 Prozent).

Kommunale und nationale Förderung für Erdbebensicherung 

Den Kommunen stehen für den Wiederaufbau in der Erdbebenregion umgerechnet 1,6 Milliarden Euro an Zuschüssen über die İLBANK für Infrastrukturprojekte wie Trink-, Abwasser- und Kläranlagen zur Verfügung. Bis Ende November 2024 wurden 155.000 Wohneinheiten fertiggestellt. Bis zum Jahresende 2025 soll es einen Bestand von insgesamt 416.960 Wohnungen und 36.023 Gewerbeeinheiten in der Region geben.

Landesweit gelten etwa 6,5 Millionen Wohneinheiten als besonders erdbebengefährdet, davon allein 1,5 Millionen in Istanbul. Sie sollen im Rahmen des Städtischen Transformationsprogramms erneuert werden.

Städtisches Transformationsprogramm (Kentsel Dönüsüm)

Das 2012 gestartete Programm zur Sanierung erdbebengefährdeter Wohngebiete erfuhr durch die Erdbeben 2023 neue Aufmerksamkeit. Gefährdete Gebäude werden vom Staat abgerissen und neu gebaut (in der Regel über die türkische Wohnungsbaubehörde TOKI). Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Eigentümer mit staatlicher Förderung Neubauten über private Baufirmen abwickeln und dabei vergünstigte Kredite, Garantien und einen reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Bauaufträge nutzen können.

Privater Wohnungsbau legt 2025 wieder zu

Auch außerhalb des Wiederaufbaugebiets ist der Bedarf an Wohnungen weiterhin hoch. Im Januar 2025 zogen die Eigenheimkäufe, nach einem Einbruch im Vorjahr, wieder deutlich an (+40 Prozent). Banken unterstützen hier mit zinsgünstigeren Wohnungsbaudarlehen. Die Nachfrage nach Wohnraum dürfte im Jahresverlauf 2025 stark bleiben.

Viele sehen Wohnimmobilien wegen der hohen Inflation und drohender Kursschwankungen der Lira als attraktive Anlageobjekte. Besonders risikobehaftet gelten Gebäude, die vor der Verschärfung der Baurichtlinien im Jahr 1999 errichtet wurden. Insbesondere im stark erdbebengefährdeten Istanbul planen deshalb viele Wohnungseigentümer den Abriss und Neubau ihrer Gebäude, wie bei vielen Wirtschafts- und Wohnbauten in der Türkei. Diese Gebäude werden durchschnittlich nach 15 Jahren aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erneuerungsbedürftig eingeschätzt. Der Erneuerungsbedarf im türkischen Gebäudebestand bleibt somit insgesamt hoch. Gleichzeitig suchen zahlreiche Mieter nach Wohnraum in neueren Gebäuden. 

 

Einbruch der Baugenehmigungen für Wohngebäude 2024Stückzahl, Veränderung in Prozent

 

2023

2024

Veränderung 2024/2023

Anzahl der Gebäude

139.660

122.594

-12,2

Anzahl der Wohnungen

860.445

758.189

-11,9

Fläche in (Tsd. m2)

168.538

147.576

-12,4

Quelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2025

 

Neubauten machten laut dem türkischen Statistikamt TÜIK 33 Prozent der gesamten Verkäufe im Jahr 2024 aus. Der Wohnungsverkauf an Ausländer ging, wie bereits im Vorjahr, zurück. Dabei entfiel fast jeder dritte Verkauf auf Interessenten aus Russland, gefolgt von Iran und Ukraine. Viele Immobilienkäufe aus dem Ausland dienen dem Erwerb der türkischen Staatsbürgerschaft.

Auch der soziale Wohnungsbau geht voran: Im Rahmen des 12. Entwicklungsplans sollen von 2024 bis Ende 2028 landesweit 500.000 Wohneinheiten für Personen mit niedrigem und mittlerem Einkommen gebaut werden. Die staatliche Wohnungsbaugesellschaft TOKİ ist für die Umsetzung des Projekts verantwortlich.

Der Trend zur Rückkehr in die Büros hält an

Die Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen in zentralen Lagen mit guter Erreichbarkeit in Großstädten wie Istanbul, Ankara und Izmir wächst weiter. Zudem wechseln Mieter aus Sorge verstärkt von Altbauten zu neuen, erdbebensicheren Bürogebäuden der Klasse A. Laut VS Partners übersteigt die Nachfrage das Angebot deutlich, da in den vergangenen Jahren nur wenige Investitionen getätigt wurden. Für 2025 wird erwartet, dass leerstehende Gebäude und Einkaufszentren in Büroflächen umgewandelt werden. Besonders gefragt waren Büroflächen in Levent und Maslak.

Zahlreiche neue Büros geplantAnzahl in Stück, Veränderung in Prozent

 

2023 

2024

Veränderung 2024/2023 

Anzahl der Bauten

3.262

4.032

23,6

Fläche in (Tsd. m2)

8.047

9.634

19,7

Quelle: TÜIK 2025

Nachfrage nach Einzelhandelsflächen lässt nach

Trotz hoher Inflation und sinkender Kaufkraft profitiert der Handel weiterhin vom lebhaften Konsum, bedingt durch die steigenden Touristenzahlen. Allerdings hat die starke Dynamik der Vorjahre infolge der restriktiven Geldpolitik an Schwung verloren. Laut VS Partners befanden sich Ende September 2024 landesweit 39 Einkaufszentren mit 1,1 Millionen Quadratmeter GLA (Gross Lease Area) im Bau, die meisten in Istanbul.

Die meisten Einkaufszentren stehen in der Metropole IstanbulBestand Einkaufszentren in der Türkei Ende Dezember 2023
 

Anzahl

Mio. m2

Istanbul

135

5,22

Ankara

44

1,71

Restliche Türkei

274

7,15

Gesamt

453

14,1

Quelle: Value Solution Partners 2023

Der Handel investiert wenigerAnzahl der Baugenehmigungen im Groß- und Einzelhandel; Veränderung in Prozent

 

2023 

2024

Veränderung 2024/2023

Anzahl der Bauten

3.293

1.478

-55,1

Fläche in (Tsd. m2)

5.448

2.457

-54,9

Quelle: TÜIK 2025

Hohe Hotelinvestitionen geplant

Die Anzahl der Türkeibesucher stieg im Jahr 2024 um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf rund 62,3 Millionen. Besonders beliebte Ziele waren Istanbul und Antalya. Zahlreiche neue Hotels sind geplant. Der Gesundheitstourismus gewinnt an Bedeutung. 

Hotels werden in der Regel eher renoviert und modernisiert, statt abgerissen und neu gebaut. Laut İMSAD müssen Hotels etwa alle sieben Jahre erneuert werden, was in den kommenden fünf bis zehn Jahren zu einem erheblichen Renovierungsbedarf führen dürfte. Anfang 2025 gab es landesweit 21.485 Hotels mit 884.550 Zimmern und insgesamt 1,83 Millionen Betten. Neben den Renovierungen sind weitere 164.359 Betten geplant.

Hoteliers planen zahlreiche ProjekteBaugenehmigungen für Hotels und ähnliche Bauten; Veränderung in Prozent

 

2023

2024

Veränderung 2024/2023

Anzahl der Bauten

1.210

2.088

72,6

Fläche in (Tsd. m2)

2.088

2.044

-2,1

Quelle: TÜIK 2025

Logistiker suchen Kapazitäten

Die Nachfrage nach Lagerflächen übersteigt weiterhin das Angebot. Hohe Bau- und Grundstückskosten bleiben dabei eine zentrale Herausforderung. Die Marmara-Region, insbesondere die Provinzen Istanbul und Kocaeli, sind nach wie vor der wichtigste Logistikmarkt. Aufgrund des knappen Angebots könnte jedoch auch die Nachfrage in angrenzenden Regionen steigen. Laut VS Partners waren Ende September 2024 rund 99 Prozent der Lagerflächen in Istanbul und 98 Prozent in Kocaeli ausgelastet. In beiden Städten standen Ende 2023 insgesamt 11,2 Millionen Quadratmeter Lagerfläche zur Verfügung, während weitere 480.000 Quadratmeter im Bau waren.

Kleinere Flächen bei Industriebauten geplantBaugenehmigungen für Industriebauten und Lager; Veränderung in Prozent

 

2023 

2024

Veränderung 2024/2023

Anzahl der Bauten

4.917

5.136

4,5

Fläche in (Tsd. m2)

13.567

12.203

-10,1

Quelle: TÜIK 2025

 

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.