Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | Türkei | Pharmaindustrie, Biotechnologie

Lokale Branchenstruktur

Einige multinationale Pharmaunternehmen sind in der Türkei vertreten. Lokale Produzenten dominieren aber den Markt. Die Importabhängigkeit bei höherpreisigen Medikamenten ist hoch.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

In der Türkei fertigen über 70 Pharmaunternehmen, darunter 14 internationale Unternehmen wie Bayer, Pfizer, Novartis, Roche oder Sanofi. Insgesamt sind landesweit rund 500 Firmen im Vertrieb und der Produktion von pharmazeutischen Produkten aktiv. 

Ein etabliertes Cluster der Pharmaindustrie ist die Region um Istanbul und Tekirdag. Zum Jahresende 2022 gab es in der Türkei 103 Produktionsstätten für Pharmazeutika, davon gehörten 23 multinationalen Unternehmen. Zusätzlich gab es landesweit noch 13 Rohstoffproduktionsstätten, davon drei multinationaler Unternehmen, und 42 akkreditierte Forschungs- und Entwicklungszentren. Im Jahr 2022 wurden 643 klinische Tests in der Türkei durchgeführt. Dies meldet die staatliche Standortfördergesellschaft Invest in Türkiye. 

Die Kapazitätsauslastung der Pharmahersteller in der Türkei stieg laut IQVIA 2022 auf 78 Prozent, gegenüber 71 Prozent im Vorjahr. 

Türkische Hersteller setzten die größten Mengen ab

Die lokale Produktion deckt gut 90 Prozent des mengenmäßigen Medikamentenbedarfs im Inland. Bei Betrachtung der Umsätze, ist die Verteilung zwischen Importen und lokal hergestellten Produkten jedoch deutlich ausgewogener: 42 Prozent entfallen auf importierte und 58 Prozent auf lokale Medikamente. Dies liegt daran, dass vor allem höherpreisige Produkte aus dem Ausland bezogen werden, darunter patentgeschützte Arzneimittel oder Hightech-Medikamente.

Mehr als die Hälfte der verkauften Arzneimittel sind Generika

Generika standen im Jahr 2022 bezogen auf die Menge für rund 62 Prozent aller in der Türkei verkauften Arzneimittel. Gemessen am Wert betrug ihr Anteil 35 Prozent. Damit haben Generika gegenüber 2015 leicht zugelegt, als sie bei der Menge 56 Prozent und beim Wert 31 Prozent ausmachten. Da der gesamte Markt in diesem Zeitraum jedoch stark zugenommen hat, hat sich der Umsatz mit Generika wertmäßig verdreifacht.

Internationale Wettbewerbsfähigkeit ist noch gering 

Laut dem Verband der Pharmahersteller IEIS verfügen die türkischen Hersteller noch nicht über ausreichende Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt. Bei den Pharmaexporten belegte die Türkei 2022 mit 2 Milliarden US-Dollar (US$) und einem Anteil von 0,2 Prozent am Welthandel nur den 29. Platz. Wichtige Exportländer waren Südkorea, Irak, Kasachstan, Usbekistan und Iran.

Umsatzstärkste Pharmaunternehmen in der Türkei 2022 In Millionen US-Dollar
Unternehmen

Umsatz *)

Export

Selcuk Ecza

2.698

8

Abdi Ibrahim İlac

581

80

Sanofi Saglik Ürünleri

470

21

Sancak Ecza Deposu

329

k.A.

Gen İlac

322

13

Deva Holding

270

k.A.

S.S. Güney Eczacılar Üretim 

165

k.A.

* Durchschnittlicher Wechselkurs 2022: 1 US$ = 16,579 TL.Quelle: Wirtschaftsmagazin Capital (8/2023)

Große Fortschritte in der Gesundheitsversorgung

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Gesundheitsversorgung deutlich verbessert hinsichtlich der Qualität der Gesundheitsleistungen und des Zugangs für die Bevölkerung. Mittlerweile ist nahezu die gesamte Bevölkerung über die allgemeine Krankenversicherung abgesichert, dennoch bleiben die Gesundheitsausgaben im internationalen Vergleich niedrig. Das Wachstumspotenzial ist deshalb aber auch entsprechend hoch.

Laut einer aktuellen Schätzung der OECD betrugen die Gesundheitsausgaben pro Kopf in der Türkei im Jahr 2022 etwa 1.827 US$, von denen knapp drei Viertel öffentlich finanziert wurden. Die Arzneimittelausgaben zählten mit 91 US$ pro Kopf zu den niedrigsten unter der OECD-Ländern. Auch beim Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP lag die Türkei mit 0,9 Prozent auf dem 29. Platz und damit weit hinten.

Staatliche Krankenversicherung ist das Fundament der Gesundheitsversorgung

Seit 2012 besteht in der Türkei eine allgemeine Krankenversicherungspflicht, die als Genel Sağlık Sigortası bezeichnet wird. Das Krankenversicherungssystem wird von der türkischen Sozialversicherung SGK betrieben. Zusätzlich können Versicherte eine private Krankenversicherung abschließen.

Die staatliche Krankenversicherung finanziert die meisten stationären und Notfallbehandlungen in öffentlichen Krankenhäusern sowie die ambulanten Kosten. Zudem deckt sie einige Leistungen in privaten Krankenhäusern und einen Teil der Arzneimittelausgaben ab. Die privaten Krankenversicherungen legen rasch zu, aber ausgehend von einem niedrigen Niveau.

Aufgrund der weiten Verbreitung der staatlichen Krankenversicherung ist der Staat der größte Einkäufer von pharmazeutischen Produkten. Im Jahr 2021 wurden 76 Prozent der Kosten für Arzneimittel über die SGK abgerechnet, 23 Prozent wurden von Selbstzahlern getragen und 1 Prozent entfiel auf private Versicherungen.

Kunden sind preissensitiv

Die Medikamentenpreise in der Türkei sind vergleichsweise niedrig und die Patienten kaufen preisbewusst. Minderwertige oder gefälschte Arzneimittel können ein Problem darstellen. 

Medikamente werden üblicherweise in Apotheken verkauft, während der Verkauf in Drogerien unüblich ist. Die deutsche Drogeriemarktkette Rossmann bildet eine Ausnahme und bietet rezeptfreie Arzneimittel in ihrem Sortiment an.

Medikamente können in der Regel rezeptfrei in Apotheken erworben werden, mit Ausnahmen wie Antibiotika oder Psychopharmaka. Wer Arzneimittelkosten über die gesetzliche oder eine private Krankenversicherung abrechnen möchte, muss jedoch ein Rezept vorlegen. Die Türkische Agentur für Arzneimittel und Medizinprodukte (TITCK) veröffentlicht eine Liste der zusätzlich regulierten Medikamente. 

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.