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Zollbericht Türkei Internationale Handelsabkommen

Handelsrechtliches Verhältnis der Türkei zur EU

Zwischen der Türkei und der EU besteht eine Zollunion. Landwirtschaftliche Grunderzeugnisse und EGKS-Waren (Kohle und Stahl) werden von der Zollunion nicht erfasst. 

Von Klaus Möbius | Bonn

Zollunion EU-Türkei

Die Zollunion zwischen der Türkei und der EU gilt für fast alle gewerblichen Waren. Landwirtschaftliche Grunderzeugnisse und EGKS-Waren (Kohle und Stahl) werden von der Zollunion nicht erfasst. Für sie gelten Präferenzabkommen. Das ist historisch bedingt. Als die handelsrechtlichen Beziehungen zwischen den europäischen Ländern und der Türkei normiert wurden, gab es noch keine Europäische Union. Es gab die Europäischen Gemeinschaften, bestehend aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und EURATOM. Jede dieser Gemeinschaften hat den Warenverkehr für die Waren, für die sie jeweils zuständig war, eigenständig geregelt.

In einer Zollunion können Waren, die sich im zollrechtlich freien Verkehr des einen Teils der Zollunion befinden, ohne Erhebung von Zöllen in den anderen Teil der Zollunion verbracht werden. Waren befinden sich im zollrechtlich freien Verkehr, wenn sie entweder im Zollgebiet hergestellt oder unter Zahlung der Zölle aus einem Drittland importiert wurden. Alle Teile einer Zollunion haben einen gemeinsamen, einheitlichen Außenzoll. In einer Zollunion müssen allerdings nicht sämtliche Einfuhrvorschriften vereinheitlicht sein. Selbst Schutzmaßnahmen wie Antidumpingzölle sind innerhalb der Zollunion möglich.

Rechtsgrundlage der Zollunion EU-Türkei sind das Abkommen von Ankara vom 12. September 1963 (Amtsblatt der EU, L 217 vom 29.Dezember 1964) und das Zusatzprotokoll vom 23. November 1970 (Amtsblatt der EU, L 293 vom 29.Dezember 1972) in denen die Inhalte der Assoziierung zwischen der damals noch existierenden Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) - heute EU - und der Türkei festgelegt wurden.

Der letzte Schritt zur Vollendung der Zollunion wurde mit dem Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei vom 22.Dezember 1995 (Amtsblatt der EU Nr. L35 vom 13.Februar 1996) festgelegt. Dieser sieht im Wesentlichen Folgendes vor:

  • Freier Warenverkehr durch Abschaffung von Zöllen und mengenmäßigen Beschränkungen,
  • Nachweis der Freiverkehrseigenschaft durch A.TR,
  • Angleichung des türkischen Zolltarifs an den der EG,
  • Übernahme der Präferenzregelungen der EG,
  • Angleichung der handelspolitischen Maßnahmen, des Zollrechts und weiterer Rechtsgebiete (geistiges Eigentum, Wettbewerb, Steuern).

Die zollrechtlichen Durchführungsvorschriften zu Beschluss Nr. 1/95, die für den Warenverkehr zwischen den beiden Teilen der Zollunion und gegenüber Drittländern gelten, sind im Beschluss Nr.1/2006 des Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen EG-Türkei vom 26. Juli 2006 (Amtsblatt der EU Nr. L 265 vom 26. September 2006) festgelegt.

Präferenzabkommen für Agrarprodukte und EGKS-Waren

Für Agrarprodukte und EGKS-Waren, die beide nicht von der Zollunion erfasst werden, haben die Europäischen Gemeinschaften und die Türkei Präferenzabkommen geschlossen. 

In einem Präferenzabkommen gewähren die Vertragsparteien den Waren der jeweils anderen Partei zollbegünstigten Zugang zu ihren Märkten. Die Zollbegünstigung gilt im Unterschied zur Zollunion aber nur für so genannte Ursprungswaren. Dies sind Waren, die entweder vollständig in einem Vertragsstaat erzeugt wurden oder die unter Verwendung von Waren aus dritten Ländern (Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, VoU) ausreichend be- oder verarbeitet wurden, so dass eine neue Ware entstand, die als Ursprungsware des Vertragsstaats angesehen werden kann. In einem Präferenzabkommen regelt das Ursprungsprotokoll, welche Verarbeitungsschritte eine Drittlandsware erfahren haben muss, um als Ursprungsware gelten zu können. In der Regel reicht ein Wechsel der Zolltarifposition (HS - 4-Steller) aus. Es können aber auch bestimmte Verarbeitungsschritte wie zum Beispiel "Weben aus Garnen" gefordert sein. Zum Teil darf ein wertmäßiger, prozentualer Höchstanteil der VoU an der Fertigware nicht überschritten werden, zum Beispiel nicht mehr als 40 Prozent des Ab-Werk-Preises der Fertigware. Als Präferenznachweise dienen die Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 oder EUR-MED.

Präferenzabkommen für landwirtschaftliche Erzeugnisse

Das Präferenzabkommen gilt für landwirtschaftliche Grunderzeugnisse. Der genaue Umfang ergibt sich aus Anhang I zum Vertrag von Amsterdam. Rechtsgrundlage der Präferenzregelungen ist der Beschluss Nr.1/98 des Assoziationsrates EG-Türkei vom 25. Februar 1998 (Amtsblatt der EU Nr. L 86 vom 20. März 1998), zuletzt geändert durch den Beschluss Nr. 3/2006 des Assoziationsrates EG-Türkei vom 19. Dezember 2006.

Präferenzabkommen für Kohle und Stahl

Kohle und Stahlerzeugnisse werden im Präferenzabkommen zwischen der Türkei und der damals noch existierenden Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 25. Juli 1996 (Amtsblatt der EU Nr. L 227 v. 7. September 1996) erfasst. Der genaue Warenkreis ergibt sich aus Anhang I des Abkommens. Die Ursprungsregeln ergeben sich aus Beschluss Nr. 1/2009 des gemischten Ausschusses nach Art. 14 des Abkommens (Amtsblatt der EU Nr. L 143 vom 6. Juni 2009).

Als Hilfsmittel zur Bestimmung des Warenkreises der Zollunion und der Präferenzabkommen kann man die WuP-Datenbank der deutschen Zollverwaltung nutzen.

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