Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | Tunesien | Bauwirtschaft

Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis

Der Wettbewerb in der tunesischen Bauwirtschaft ist stark. Probleme in der Verwaltung lasten auf der Umsetzung von Bauvorhaben.

Von Verena Matschoß | Tunis

Wettbewerbssituation

Der tunesische Bausektor ist ein sehr umkämpfter Markt. Schätzungsweise 80 Prozent der über 3.000 Firmen im Sektor sind kleine und mittlere Unternehmen. Ausländische Firmen haben sich laut Jamel Ksibi, Präsident der Fédération Nationale des Entreprises du Batiment et Travaux Publics (FNEBTP), in den vergangenen Jahren aufgrund des starken Wettbewerbs zurückgezogen. Allerdings gebe es auch Ausschreibungen, die durch ihre Anforderungen an die Teilnahme ausländische Unternehmen begünstigen, oder bei denen tunesische Firmen noch keine Referenzen haben. Für deutsche Bauunternehmen ist Tunesien ein Nischenmarkt. Ausländische Unternehmen kommen häufig bei Projekten mit internationaler Finanzierung zum Zuge. 

Die größten tunesischen Unternehmen in der Bauwirtschaftin Millionen Euro
Name

Umsatz 2022

Anmerkung
Carthage Cement

112,5

Zementproduktion (Baustoffsektor)
Ciments Jbel Oust

76,1

Zementproduktion (Baustoffsektor)
STE Ciment Gabes (SCG)

63,5

Zementproduktion (Baustoffsektor)
Comptoir Hammami (SCPG)

52,3

Gruppe Hammami/ Verkauf von Baumaterialien (Baustoffsektor)
Ciment Artificiels Tunisiens (CAT Colacem)

50,4

Zementproduktion (Baustoffsektor)
Carthago (Carthago Ceramic et Carthago Briques)

47,5

Gruppe Poulina (Baustoffsektor)
Somatra-GET

9,4

Bauunternehmen
Essoukna

5,4

Immobilienentwickler 
Société Promotion Logements Sociaux (SPROLS)

4,2

Immobilienentwickler 
La société immobilière et de participations (SIMPAR)

4,0

Immobilienentwickler 
Umrechnung in Euro nach Jahresdurchschnittskurs der tunesischen Zentralbank 2022: 1 Euro = 3,2611 tD.Quelle: L'Economiste maghrébin 2024

Wichtigste Lieferanten für Baumaschinen waren im Jahr 2022 China, USA und Italien. Deutschland schaffte es nicht einmal in die Top 10. Bei Möbeln, sanitären Anlagen, Heizungs- und Beleuchtungseinrichtungen kommt die größte Konkurrenz aus Italien, China, Frankreich und der Türkei. Laut Ksibi bietet der tunesische Markt aber sehr gute Voraussetzungen für die Ansiedlung von Ingenieurbüros und für Zulieferer von Baumaterial und -ausrüstungen. Für den Standort sprechen die Verfügbarkeit und Qualität von Arbeitskräften und anderer Produktionsfaktoren sowie die Kostenvorteile im Vergleich zu anderen Ländern der Region und Europa. 

Bild vergrößern

Geschäftspraxis

Der tunesische Bausektor ist ein schwieriger Markt, vor allem für ausländische Unternehmen. Langwierige Planungs- und Genehmigungsprozesse erschweren die Projektumsetzung. Laut FNEBTP verfügen die zuständigen Stellen nicht über ausreichend qualifiziertes Personal für das Projektmanagement, die Inanspruchnahme von spezialisierten Planungsbüros bleibe begrenzt. Können Vorhaben zu lange nicht umgesetzt werden, bestehe die Gefahr, dass die Kreditzusagen, die mit internationalen Geldgebern unterzeichnet wurden, verloren gingen.  

Das häufigste Problem bei der Umsetzung von Infrastrukturprojekten ist der Landerwerb, vor allem im Zentrum und im Süden des Landes. Laut der Tageszeitung La Presse liegen viele Projekte wegen Enteignungsproblemen auf Eis.

Dies war auch einer der Gründe, warum ein neues Gipsabbauprojekt von Knauf in der Region Tataouine bis heute nicht realisiert werden konnte. Die Abbaukonzession hatte das Unternehmen bereits im Jahr 2012 erhalten. Jamel Ksibi, Präsident der FNEBTP, ist aber zuversichtlich. Seiner Meinung nach habe es bereits Verbesserungen bei den rechtlichen Rahmbedingungen gegeben und Projekte würden nun schneller vorangebracht. 

Öffentliche Ausschreibungen werden auf dem elektronischen Vergabeportal TUNEPS veröffentlicht. Ausländische Unternehmen halten sich allerdings häufig zurück, da das Gesetz des "moins-disant" gilt. Heißt, das niedrigste Angebot bekommt den Zuschlag. 

In Tunesien ist die Erfahrung mit öffentlich-privaten Partnerschaften noch neu. Bei vielen Projekten wurde eine Umsetzung als PPP vorgeschlagen, die Entscheider bevorzugen allerdings andere Modelle. Im Bereich Autobahnbau wäre ein PPP-Modell dem FNEBTP zufolge auch nicht sinnvoll, da die Mautpreise staatlich festgelegt werden und aufgrund der geringen Verkehrsdichte für private Investoren nicht rentabel sind. Auch der einflussreiche Gewerkschaftsdachverband UGTT stellt sich immer wieder gegen öffentlich-private Partnerschaften, wie sie gerade für Infrastrukturprojekte international oft üblich sind.

Stand: April 2024

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.