Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Rechtsbericht | Tunesien | Investitionsrecht

Investitionsrecht in Tunesien

Der Anwendungsbereich des Investitionsgesetzes erstreckt sich auf sämtliche Wirtschaftsaktivitäten und gilt gleichermaßen für Personen mit und ohne Sitz in Tunesien.

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem, Sven Klaiber, Niko Sievert

Investitionsschutzabkommen

Ein Investitionsschutzabkommen zwischen Deutschland und Tunesien wurde durch den „Vertrag über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen“ (in Kraft seit 7.10.1965) abgeschlossen. Das Abkommen ist im BGBl. 1965 II auf den Seiten 1377 ff. abgedruckt.

Grundsatz der Investitionsfreiheit

Tunesien hat ein durchaus attraktives Investitionsklima geschaffen, vor allem durch einen soliden Rechtsrahmen für in- und ausländische Investoren. Die tunesischen Behörden stehen ausländischen Direktinvestitionen sehr positiv gegenüber. Zentrale Aussagen über den Zugang ausländischer Investoren in den tunesischen Markt trifft das Gesetz Nr. 71-2016 über Investitionen (InvestG). Dieses ist am 1. Januar 2017 in Kraft getreten und hat weitestgehend das Vorgängergesetz aus dem Jahr 1993 über Investitionsanreize ersetzt.

Der Anwendungsbereich des InvestG erstreckt sich auf sämtliche Wirtschaftsaktivitäten und gilt gleichermaßen für (natürliche und juristische) Personen mit und ohne Sitz in Tunesien (Art. 2 InvestG). Artikel 4 Abs. 1 InvestG stellt zunächst den Grundsatz der Investitionsfreiheit auf. Freilich erfährt dieser Grundsatz im Folgenden erhebliche Einschränkungen. So ermächtigt Art. 4 Abs. 3 InvestG die Regierung, ein Dekret zur Regelung einiger Wirtschaftsbereiche zu verabschieden. Dieses Dekret listet die wirtschaftlichen Aktivitäten, die einer vorherigen Genehmigung bedürfen. Außerdem bestimmt das Dekret die jeweiligen Genehmigungsvoraussetzungen und das Genehmigungsverfahren.

Genehmigungspflichtige Aktivitäten

Mit dem Dekret Nr. 417-2018 über die Liste genehmigungspflichtiger Wirtschaftsaktivitäten (RegDekret) hat die tunesische Regierung die Ermächtigung aus Art. 4 Abs. 3 InvestG im Mai 2018 umgesetzt. Zunächst bestimmt Art. 3 RegDekret, dass neben den im Anhang 1 gelisteten Branchen die folgenden genehmigungspflichtig sind:

  • Natürliche Ressourcen und Baustoffe
  • Transport (Land, Wasser und Luft)
  • Banken und Versicherungen
  • Industrielle Aktivitäten, die gefährlich sind und solche die potentiell die Umwelt verschmutzen
  • Gesundheit
  • Bildung
  • Telekommunikation

Umfassendes Förderinstrumentarium

Steuerliche Anreize, die zuvor im Rahmen des alten Gesetzes über Investitionsanreize (Gesetz 93-120 vom 27. Dezember 1993) galten, sind nun durch das Gesetz 2017-8 vom 14. Februar 2017 in das Einkommensteuergesetz aufgenommen worden. Das InvestG und das Dekret Nr. 2017-389 regeln zudem die zahlreichen Investitionsförderungsregime. Zu den Förderinstrumentarien zählen vor allem Zuschüsse und Steuererleichterungen.

Ein detaillierter Überblick über die Voraussetzungen und Anreize im Einzelnen ist auf der Internetseite des tunesischen Ministeriums für Handel unter diesem Link erhältlich. So fördert der tunesische Staat etwa exportorientierte Unternehmen, Investitionen in ausgewiesenen strukturschwachen Regionen, aus dem Bereich Umwelttechnologie und Projekte mit einer bestimmten Wertschöpfung.

Start-up-Gesetz

Am 20. April 2018 wurde mit dem Gesetz 20 von 2018 ein Existenzgründungsgesetz im Amtsblatt veröffentlicht. Das Dekret 2018-840 vom 11. Oktober 2018 regelt die verschiedenen Aspekte im Zusammenhang mit der Umsetzung des Existenzgründungsgesetzes. Das Start-up-Gesetz zielt darauf ab, das Wachstum von Start-up-Unternehmen zu fördern und Tunesien als Start-up-Drehscheibe zu etablieren. Das Start-up-Label wird neuen Unternehmen für einen Zeitraum von maximal 8 Jahren verliehen, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • das Unternehmen ist neu gegründet oder besteht zum Zeitpunkt der Beantragung des Labels noch nicht länger als 8 Jahre;
  • mehr als zwei Drittel des Aktienkapitals des Unternehmens befinden sich im Besitz von Einzelpersonen, KapitalrisikoInvestmentgesellschaften, gemeinsamen Fonds für Investitionen in Kapitalrisikogeschäfte, anderen kollektiven Anlageinstrumenten oder ausländischen Start-up-Unternehmen;
  • das Unternehmen verfügt über ein innovatives Wirtschaftsmodell, vor allem unter technologischen Gesichtspunkten;
  • die Tätigkeit des Unternehmens birgt ein erhebliches wirtschaftliches Wachstumspotenzial.

Soziale Verantwortung von Unternehmen

Mit dem Gesetz 35 vom 11. Juni 2018 über die soziale Verantwortung von Unternehmen wurden ebenfalls allgemeine Verpflichtungen für Unternehmen eingeführt, wonach private (und auch öffentliche) Unternehmen ein Budget zur Finanzierung von Projekten der sozialen Verantwortung bereitstellen müssen. Die Projekte müssen beispielsweise dem Schutz der Umwelt oder der nachhaltigen Entwicklung dienen oder die vernünftige Nutzung natürlicher Ressourcen garantieren.

Regelung für Selbständige

Tunesien hat mit dem Gesetzesdekret 33 von 2020 mittlerweile auch eine rechtliche und steuerliche Regelung für Selbstständige eingeführt. Nach dieser Regelung vom 10. Juni 2020 gilt jede natürliche Person mit tunesischer Staatsangehörigkeit, die eine gewerbliche, landwirtschaftliche, kaufmännische, dienstleistende oder handwerkliche Tätigkeit ausübt, als Selbstunternehmer, sofern ihr Jahresumsatz 75.000 tunesische Dinar, ca. 23.000 Euro nicht übersteigt.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.