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Neue Gesetze zur Förderung der Rüstungsindustrie in der Ukraine
In dem neuen Rechtsregime "Defence City" angesiedelte Unternehmen erhalten Sonderförderungen, wie Steuererleichterungen, Zollvorteile und andere staatliche Unterstützung.
18.09.2025
Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn
Am 2. September 2025 hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zwei zentrale Gesetze unterzeichnet. Sie bilden die Grundlage für die "Defence City" – ein strategisches Förderprogramm zur Stärkung der ukrainischen Rüstungsindustrie.
Gesetzliche Grundlagen der Defence City
Das Gesetz Nr. 13420 ändert die ukrainische Abgabenordnung und weitere relevante Vorschriften. Es soll Unternehmen der Rüstungsindustrie steuerlich entlasten und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Ergänzend dazu regelt das Gesetz Nr. 13241 die Anpassung des Abschnitts XXI "Schluss- und Übergangsbestimmungen" des ukrainischen Zollgesetzes, wodurch zollrechtliche Erleichterungen für Defence City-Unternehmen geschaffen werden.
Die gesetzlichen Regelungen werden im Kapitel VI des Gesetzes über nationale Sicherheit der Ukraine verankert.
Steuerliche Anreize für teilnehmende Unternehmen
Teilnehmende Unternehmen profitieren von steuerlichen Vorteilen wie etwa der Befreiung von der Grundsteuer auf Boden und Eigentum, der Umweltsteuer sowie der Körperschaftsteuer.
Die Befreiung von der Körperschaftsteuer wird gewährt, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- Status als Defence-City-Unternehmen;
- keine gleichzeitige Ansässigkeit bei Diia City;
- keine Dividendenausschüttung an private Eigentümer (Ausnahme: Zahlungen an Staaten);
- Einhaltung der Berichtspflichten zu Verrechnungspreisen und kontrollierten ausländischen Gesellschaften (CFC);
- Reinvestition des steuerfreien Gewinns in militärisch-technische Projekte.
Wenn steuerfreie Gewinne bis zum Ende des nächsten Jahres nicht reinvestiert werden, dann ist das Unternehmen verpflichtet den nicht reinvestierten Gewinn zu versteuern. Gewinne aus kontrollierten Transaktionen und/oder von kontrollierten ausländischen Gesellschaften unterliegen der regulären Besteuerung.
Ein Verlust des Defence-City-Status etwa durch ungenaue Angaben, Nichteinhaltung der Anforderungen, Verletzung von Meldefristen oder Missbrauch von Gewinnen führt zu einer rückwirkenden Steuerpflicht. Zu beachten ist, dass Versäumniszuschläge hinzukommen, wobei keine Verjährungsfrist vorgesehen ist.
Die Regelungen treten ab dem Datum der Eintragung des ersten Defence-City-Unternehmens in Kraft und gelten bis zum 1. Januar 2036, spätestens jedoch bis zum Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union.
Diia-City: Besonderes rechtliches- und steuerrechtliches Regime für ukrainische IT-Unternehmen
Diia-City ist ein virtuelles Land für Menschen aus der Informationstechnologie. Am 14. Dezember 2021 trat der steuerrechtliche Teil des Diia-City-Regimes in Kraft. Sogenannte Bewohner von Diia-City haben die Rechtswahl zwischen der Kapitalertragsteuer in Höhe von 9 Prozent oder der Gewinnsteuer in Höhe von 18 Prozent. Sie profitieren vom Zugang zu ausländischen Investitionen und Schutz vor Kontrollen durch die Strafverfolgungsbehörden.
Zollbefreiungen und Währungsregelungen
Außerdem sind Zollbefreiungen während der Geltung des Kriegsrechts und im darauffolgenden Jahr vorgesehen. Das Zollverfahren für die Erteilung von Genehmigungen wird vereinfacht und die Gültigkeitsdauer flexibel gestaltet. Unternehmen sollen von weniger Bürokratie profitieren.
Zudem wird die Nationalbank der Ukraine für teilnehmende Unternehmen spezielle Regeln hinsichtlich der Währungstransaktionen und der Währungsaufsicht festlegen. Diese müssen noch ausgearbeitet werden.
Strenge Teilnahmebedingungen
Gleichzeit knüpft der Staat auch strengere Anforderungen an die Unternehmen, die an dem Programm teilnehmen möchten, darunter:
- Mindestens 75 Prozent des Gesamteinkommens müssen aus militärisch-industrieller Tätigkeit stammen, im Flugzeugbau mindestens 50 Prozent.
- Das Unternehmen muss in der Ukraine registriert sein, auch für die Umsatzsteuer.
- Anforderungen an die Liquidität: keine Steuer- oder Sozialabgabeschulden, die die Summe von zehn Mindestlöhnen (rund 80.000 Hrywnja) überschreiten;
- Transparente Eigentumsverhältnisse;
- Keine Verbindungen zu sanktionierten Ländern und/oder Personen;
- Anforderungen an die jährliche Compliance-Berichterstattung.
Was sind militärisch-industrielle Güter und Tätigkeiten?
Zu militärisch-industriellen Gütern und Tätigkeiten zählen unter anderem im Inland hergestellte Verteidigungsgüter sowie Dienstleistungserbringung für die Entwicklung, Herstellung, Reparatur oder Entsorgung von Verteidigungsgütern. Hierzu zählen auch Einkünfte, die durch einen (ausländischen) Subunternehmer eines Defence-City-Unternehmens auf Grundlage eines gemeinsamen Auftrages erbracht werden.
Wer verantwortet die Aufnahme in das Programm?
Das Register wird von der ukrainischen Regierung erstellt und von dem Ministerium der Verteidigung federführend geführt. In dem Register werden die Daten von Unternehmen gelistet, die in der Defence City ansässig sind oder waren. Der Zugang zu dem Defence-City-Register, aber auch zu allgemeinen Registern, ist zum Schutz der Unternehmen beschränkt.
Der Antrag auf Aufnahme in das Defence-City-Register ist bei dem ukrainischen Ministerium der Verteidigung zu stellen. Die Bearbeitungsfrist beträgt circa zehn Werktage. Bei positivem Bescheid wird das Unternehmen in das offizielle Register aufgenommen.
Neben einem formellen Antrag muss die Bewerbung einen vollständigen Compliance-Bericht sowie den Jahresabschlussbericht enthalten und weitere Nachweise, die noch vom Ministerkabinett der Ukraine festgelegt werden müssen.
Zum Thema:
- GTAI-Publikation Recht kompakt Ukraine
- GTAI-Publikation Zoll und Einfuhr kompakt Ukraine