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Rechtsbericht | Ukraine | Gesellschafts- und Bürgerliches Recht

Ukraine hebt das Wirtschaftsgesetzbuch auf

Die Abschaffung des Wirtschaftsgesetzbuchs führt zur Vereinheitlichung des Zivilrechts und zur Förderung von Investitionen.

Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn

Anfang 2025 verabschiedete das ukrainische Parlament (Werchowna Rada) ein Gesetz zur Aufhebung des Wirtschaftsgesetzbuches (Господарський кодекс України; im Folgenden: WirtG). Ziel des Schrittes war es, bestehende Widersprüche zum Zivilgesetzbuch (Цивільний кодекс України; im Folgenden: ZGB) der Ukraine zu beseitigen. Denn bislang enthielten sowohl das WirtG auch als das ZGB doppelte Regelungen in bestimmten Bereichen.

Das neue Gesetz Nr. 6013 über die Besonderheiten der Regelung der Geschäftstätigkeit bestimmter Arten juristischer Personen tritt zum 28. August 2025 in Kraft. Da die Änderungen umfangreich sind, räumt der Gesetzgeber den Unternehmen eine fünfjährige Übergangszeit ein.

Umstrukturierung der Normen

Das Gesetz überträgt ausgewählte Bestimmungen des WirtG in das ZGB sowie weitere Sondergesetze. Dazu gehören unter anderem Regelungen zu:

  • Unternehmensbeziehungen: Vorschriften zu Gesellschaftsformen wie der Aktiengesellschaft (AG) und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) werden in das ZGB übertragen.
  • Insolvenzrecht: Verfahrensrechtliche Aspekte der Liquidation insolventer Unternehmen werden in das Insolvenzgesetz überführt.
  • Vertragliche Verpflichtungen: Regelungen zu Handelsverträgen zwischen juristischen Personen werden in den Abschnitt über die Schuldverhältnisse im ZGB aufgenommen.

Ein separater Normenblock des WirtG zu öffentlichem Auftragswesen, Konzessionsverträgen und natürlichen Monopolen wird in einschlägige Spezialgesetze wie etwa das Gesetz über das öffentliche Auftragswesen (Закон про державні закупівлі) überführt.

Auswirkungen auf Unternehmensformen

Eine unmittelbare Folge der Aufhebung des WirtG ist die Neuerung der Organisations- und Rechtsformen von Unternehmen. Ziel ist eine Angleichung an europäische Normen. Das WirtG sah bislang eine Reihe von Unternehmensformen vor, die im ZGB nicht vorkamen, wie etwa:

  • Staatsunternehmen (kommerziell oder nicht kommerziell);
  • Kommunalunternehmen (inklusive gemeinsamer kommunaler Unternehmen);
  • Tochterunternehmen;
  • Ausländische Unternehmen;
  • Unternehmen von Bürgervereinigungen;
  • Genossenschaftliche Unternehmen.

Nach der Reform entfällt die Unterscheidung in staatliche, kommunale und private Unternehmen. Stattdessen gelten künftig folgende einheitliche Organisations- und Rechtsformen:

  • Aktiengesellschaft;
  • Gesellschaft mit beschränkter Haftung;
  • Gemeinnütze Gesellschaft (Non-Profit).

Neue Regelung zur Nutzung staatlicher Grundstücke

Das Gesetz ändert die rechtliche Regelung zur dauerhaften Nutzung (Nießbrauch) von Grundstücken, die staatlichen und kommunalen Unternehmen gehören. Das Nießbrauchrecht endet, sobald diese Unternehmen neu organisiert werden. Es muss ein Jahr ab dem Datum der Registrierung auf die Rechtsnachfolge per Antrag umgeschrieben werden. Die neue Pachtdauer von Grundstücken beträgt:

  • Fünf Jahre für kommunale AGs und GmbHs;
  • Fünfzig Jahre für AGs und GmbHs, die im staatlichen Besitz sind.

Im Falle der Nichteinhaltung dieser Anforderung erlischt das Recht auf Nutzung des Grundstücks.

Handlungspflichten für Unternehmen

Die Gesetzesnovelle schreibt Unternehmen konkrete Pflichten vor. Die Handlungspflichten betreffen insbesondere öffentlich-rechtliche Unternehmen, da diese zu einer Reorganisation verpflichtet sind. Zudem wird es neu zu gründenden Unternehmen verboten alte Organisationsformen für die Registrierung zu nutzen.

Für private Unternehmen gilt die Pflicht zur Reorganisation nicht. Sie können allerdings ihrer Satzung und Gesellschaftsdokumente freiwillig ändern und an die Anforderungen des ZGB und des Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Gesellschaften mit zusätzlicher Haftung bis zum 28. August 2028 anpassen. Zusätzlich müssen Unternehmen ihre bestehenden Verträge prüfen und gegebenenfalls an die neuen Bestimmungen des ZGB anpassen.

Übersichtstabelle: Änderungen im Vergleich

Die nachstehende Tabelle vermittelt einen Überblick über die Änderungen und die Auswirkungen auf die Unternehmen:

AspektVorher (mit WirtG)Nachher (ohne WirtG)Auswirkungen auf Unternehmen
RechtsgrundlageWirtG + ZGB (teils widersprüchlich)Nur ZGBVereinfachung, aber Risiko von Lücken
UnternehmensformenVielzahl spezifischer Formen (z. B. staatlich, kommunal, privat)Vereinheitlichung auf GmbH/AGReorganisation nötig, besonders für staatliche Unternehmen
EigentumsnutzungWirtschaftliche Verwaltung / operative LeitungNießbrauch (unentgeltliche Nutzung)Neue Verträge und Regelungen erforderlich
Registrierung neuer UnternehmenAlte Formen erlaubtAlte Formen verbotenEinschränkung bei Neugründungen
Transparenz und KontrolleWeniger reguliertPflicht zur Finanzberichterstattung, Nutzung von "Prozorro.Sale“Höhere Transparenz, Compliance-Aufwand
Kommunale SelbstverwaltungEingeschränktGemeinden dürfen juristische Personen nach ZGB gründenMehr Autonomie, neue Verwaltungsstrukturen
Übergangszeitraum 3 bis 5 JahreZeit zur Anpassung, aber auch Unsicherheit

Risken und Chancen für Unternehmen

Mit der Aufhebung des WirtG endet eine langjährige Diskussion über die doppelte Gesetzesstruktur im Wirtschaftsrecht. Die Reform bringt mehr Klarheit in der Rechtsanwendung, da das Zivilrecht vereinheitlicht wird und Sondergesetze, etwa zum Konkurs oder Konzessionen, Vorrang vor allgemeinen ZGB-Regelungen erhalten. Darüber hinaus ist es ein weiterer Schritt in Richtung der EU-Integration.

Ziel ist es, die Attraktivität des ukrainischen Marktes für ausländische Investitionen zu steigern, insbesondere in den Bereichen Energie, Finanzen und IT.

Trotz der Fortschritte birgt die Reform auch Risiken: etwa mangelnde Rechtspraxis, Unsicherheit bei der Anwendung der Übergangsnormen und fehlende Mechanismen zur Entschädigung bei Verlusten.

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