Special | Ungarn | US-Zölle
Ungarn: Wichtigster Exportpartner ist Deutschland
Ungarn ist ein wichtiger Automobilstandort und Top-Zulieferer für die europäische Kfz-Industrie. Treffen US-Zölle europäische Autoexporte, hat auch Ungarn ein Problem.
26.05.2025
Von Kirsten Grieß | Budapest
Ungarns Wirtschaft ist stark exportorientiert. Der Anteil der Warenexporte am ungarischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag 2024 laut Eurostat bei knapp 60 Prozent. In die USA lieferte Ungarn 2024 Waren im Wert von 5 Milliarden Euro. Das entsprach 3,4 Prozent der Gesamtexporte. Die USA belegen Rang 10 der ungarischen Exportpartner.
Besonderheiten in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA
Trumps Zölle würden Ungarn hart treffen. Das ist eine Folge der besonderen Bedeutung der Autobranche für die ungarische Wirtschaft. Direktexporte spielen dabei eine geringere Rolle – vielmehr entsteht die Belastung durch Ungarns Rolle als Zulieferer für die deutsche und europäische Automobilindustrie. Mit Blick auf US-Zölle für Kfz-Importe belegt das Land weltweit Platz 6 der am stärksten betroffenen Volkswirtschaften. Das hat das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) berechnet.
Wichtigste Exportgüter Ungarns sind elektrische Geräte sowie Fahrzeuge und Fahrzeugteile. Aus diesen beiden Produktgruppen stammen auch die wichtigsten Exportwaren für den US-Markt:
- In die USA gingen 2024 elektrische Geräte und Apparate (SITC: 78) im Wert von 1,5 Milliarden Euro (6,4 Prozent aller ungarischen Exporte dieser Warengruppe). Darin enthalten war ein besonders hoher Anteil an elektrischen Ausrüstungen (SITC: 778; 1,2 Milliarden Euro), zu denen unter anderem die in Ungarn produzierten Batterien und Batteriekomponenten für Elektrofahrzeuge zählen.
- Fahrzeuge und Kfz-Zubehör (SITC: 77) wurden 2024 im Umfang von 929 Millionen Euro (4,3 Prozent aller Exporte dieser Warengruppe) in die USA geliefert. Allein die Pkw-Exporte (SITC: 781) erreichten einen Warenwert von 722,1 Millionen Euro. Aktuell produzieren in Ungarn drei internationale Hersteller: Audi, Mercedes und Suzuki. Werke von BMW und BYD befinden sich im Bau und sollen Ende 2025 die Produktion aufnehmen.
Die USA sind gleichwohl ein eher kleiner Abnehmer ungarischer Waren. Der mit Abstand größte Exportmarkt ist Deutschland, wohin Ungarn 2024 rund 25 Prozent aller exportierten Waren lieferte. Die stark von deutschen und ausländischen Herstellern dominierte Kfz-Teile-Industrie produziert für Werke in Ungarn, vor allem aber für Autobauer und Komponentenhersteller in Deutschland.
Bei Audi Hungária in Győr wurden 2024 rund 1,58 Millionen Motoren produziert. Davon werden Audi- und VW-Werke weltweit bedient. Die Motoren kommen auch in Autos zum Einsatz, die für den US-Markt bestimmt sind. Darüber hinaus liefert Audi zwischen 20 und 25 Prozent der in Ungarn produzierten Q3-Modelle direkt in die USA. Das heißt: Von 163.047 im Jahr 2024 hergestellten Autos gingen zwischen 33.000 und 41.000 in die USA. Audi wäre damit erheblich von US-Zöllen auf europäische Autoexporte betroffen.
Produkt | Wert |
Elektrische Maschinen (SITC 77) | 1.495 |
Straßenfahrzeuge (SITC 78) | 929 |
Kraftmaschinen (SITC 71) | 506 |
Büromaschinen und automatische Datenverarbeitungsmaschinen (SITC 75) | 334 |
Mess-, Prüf- und Kontrollinstrumente (SITC 87) | 257 |
Herausforderungen und Chancen
Die US-Botschaft in Budapest schätzt, dass etwa 650 US-geführte Unternehmen in Ungarn aktiv sind und 1.200 Unternehmen mit amerikanischem Kapital arbeiten. Die ungarische Investitionsförderungsagentur HIPA berichtet von strategischen Treffen zu potenziellen Investitionen von US-Unternehmen. Es könnte also zu neuen Ansiedlungen kommen, die von der ungarischen Regierung großzügig gefördert werden.
Ministerpräsident Viktor Orbán ist ein Anhänger von Donald Trump. Sein Außenwirtschaftsminister Szijjártó warf der EU im Zollkonflikt mangelndes Verhandlungsgeschick und Inkompetenz vor. Budapest werde Gegenzölle der EU nicht unterstützen, da das die Verbraucherpreise nach oben treibe. Der Handelsstreit mit den USA kommt für die ungarische Regierung äußerst ungelegen: Neue Inflationsrisiken, eine schwache Binnenkonjunktur und der angespannte Staatshaushalt schränken den finanzpolitischen Handlungsspielraum der Regierung Orbán im Vorfeld der Parlamentswahlen 2026 spürbar ein.
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