Special | Spanien | US-Zölle
Spanien: Hohe LNG-Importe aus den USA verursachen Handelsdefizit
Zusätzliche US-Zölle würden insbesondere die Landwirtschaft und einzelne Industriesektoren treffen. Indirekte Folgen fürchten vor allem die Kfz-Zulieferer und der Chemiesektor.
26.05.2025
Von Friedrich Henle | Madrid
Spanien ist eines der wenigen Länder Europas, die ein deutliches Handelsdefizit gegenüber den USA aufweisen. Dies liegt in erster Linie an den hohen Einfuhren von Flüssiggas aus den USA. Insgesamt nahmen die USA im Jahr 2024 nur den 6. Rang unter den wichtigsten Exportdestinationen ein. Auch der Anteil der US-Exporte am spanischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) war dementsprechend gering: Laut dem spanischen Wirtschaftsforschungsinstitut FUNCAS betrug ihr Anteil am BIP nur 1,1 Prozent. Für die gesamte Eurozone belief sich dieser Wert hingegen auf 3,5 Prozent. Dennoch fürchtet Spanien noch höhere Zölle. Vor allem die Landwirtschaft und einzelne Industriesektoren hätten mit den Folgen zu kämpfen.
Besonderheiten in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA
Sollten die USA tatsächlich Zusatzzölle in Höhe von 20 Prozent auf europäische Produkte erheben, so müsste Spanien FUNCAS zufolge mit einem Minus von 0,25 Prozentpunkten auf das BIP rechnen. Davon würden 0,17 Prozentpunkte direkt und 0,08 Prozentpunkte Minderung des BIP indirekt entstehen - zum Beispiel durch weniger Zulieferungen an europäische Kunden, die in die USA exportieren.
- In der Medizintechnikbranche sind die USA mit 15,7 Prozent Anteil an allen Exporten der zweitwichtigste Markt nach der EU.
- Der Landwirtschaftssektor ist stark vom US-Markt abhängig. Insbesondere die Olivenbauern fürchten nach drei Dürrejahren mit schlechten Ernten weitere Einbußen durch höhere US-Zölle. Für die Weinbauern sind die USA der drittwichtigste Markt (nach dem Vereinigten Königreich und Deutschland). Für Schaumweine sind sie sogar der wichtigste. Die angedrohten Vergeltungszölle in Höhe von 200 Prozent auf europäische Luxusgüter wie Wein würden diesen Markt komplett schließen.
- Die Chemiebranche ist der zweitwichtigste Exportsektor Spaniens. Etwa 17 Prozent aller spanischen Exporte entfallen auf diesen Sektor. Er beliefert eine Vielzahl an verarbeitenden Unternehmen in vielen Ländern Europas und könnte damit indirekt stark von den US-Zöllen betroffen sein.
- Auch die starke spanische Kfz-Branche dürfte die Auswirkungen der US-Zusatzzölle über Umwege deutlich zu spüren bekommen. Denn sie exportiert zwar kaum bis gar nicht Autos in die USA, dafür aber in viele europäische Märkte.
- Die spanische Kfz-Zuliefererbranche ist stark in europäische Kfz-Wertschöpfungsketten eingebunden. Sie beliefert auch wichtige Kfz-Standorte in Mexiko, die ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden könnten.
- FUNCAS schätzt, dass über alle Branchen hinweg spanische Exporte im Wert von jährlich 9 Milliarden Euro über europäische Märkte ihren Weg in die USA finden.
In spanischen Medien werden auch die mittelfristigen Effekte von Trumps Zollpolitik diskutiert: Eine mögliche Rezession in den USA könnte die negativen Auswirkungen auf spanische Unternehmen deutlich verschärfen.
- So sind große spanische Bauunternehmen in den USA aktiv, auch im Konzessionsbereich für Straßen, Häfen, Flughäfen, Wasseraufbereitung und -entsorgung.
- Einige spanische Großunternehmen sind in den USA mit Werken vertreten. Darunter Cosentino (Baumaterialien), Stahl (Acerinox), Mahou San Miguel (Bier), Transformatoren (Hitachi), Kfz-Zeile (Gestamp). Unternehmen mit einer Produktion in den USA fürchten bisher weniger negative Konsequenzen auf ihre Gesamtumsätze. Allerdings dürfte auch hier über längere Zeit mit der Lieferkettenproblematik zu rechnen sein.
- Große Konsumgüterfirmen wie Mango oder Inditex (Marken wie Zara etc.) dürften in den USA Umsatzeinbußen verzeichnen, wenn die Zölle auf die Herstellerländer in Asien (Textilien) kommen und die Kleidung teurer machen.
Auch ein schwächeres Wirtschaftswachstum in Deutschland als Folge der Trump-Zölle sorgt in Spanien für Unwohlsein. Denn Deutschland ist nach Frankreich der wichtigste Exportmarkt für Spaniens Produzenten.
Produkt | Wert |
Elektrische Maschinen (SITC 77) | 1,3 |
Pflanzliche Fette und fette Öle z.B. Olivenöl und andere pflanzliche Fette (SITC 42) | 1,2 |
Erdöl und Erdölerzeugnisse (SITC 33) | 1,2 |
Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse (SITC 54) | 1,1 |
Waren aus nicht-metallischen mineralischen Stoffen z.B. Baumaterialien aus keramischen und feuerfesten Stoffen, Waren aus mineralischen Stoffen (SITC 66) | 1,1 |
Herausforderungen und Chancen
Die spanische Chemiebranche warnt vor möglichen EU-Gegenmaßnahmen. Der Sektor sei bei bestimmten Vorprodukten auf die Importe aus den USA angewiesen. Eine Störung dieser Lieferkette hätte negative Folgen. Speziell die Pharmaindustrie gibt an, dass 24 Prozent der importierten Vorprodukte aus den USA stammen.
In den spanischen Medien wird auch darüber diskutiert, dass das Land Ziel von nicht-tarifären Handelshemmnissen sein könnte, beispielsweise besondere Auflagen.
Für den Verband der spanischen Nahrungsmittelhersteller (FIAB) sei es aber neben einer deutlichen Antwort der EU aktuell noch wichtiger als sonst, Werbung für die eigenen Produkte in den USA zu machen. Der Markt sei schließlich der wichtigste außerhalb der EU.
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