Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | USA | Pharmaindustrie, Biotechnologie

Branchenstruktur

Die USA verfügen über erstklassige Life-Science-Cluster. Trumps angedrohte Zölle entfachen eine Milliardenoffensive für neue Werke in der Pharmaproduktion.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Die USA zeichnen sich durch eine hohe Innovationskraft und Forschungsaktivität in der Pharmaindustrie aus. Ein dynamisches Ökosystem aus großen Life-Science-Unternehmen, Start-ups, Venturecapital Fonds sowie renommierten Universitäten und Forschungsinstituten erweist sich als Motor für die Entwicklung von neuen Medikamenten.

Nach dem Boomjahr 2021 hat sich das Finanzierungsumfeld für die pharmazeutische Entwicklung abgekühlt. Hohe Zinsen und risikoscheue Investoren bremsten die Kapitalzuflüsse . 

Eine Trendwende ist nicht in Sicht. In den ersten drei Quartalen 2025 flossen lediglich 24,9  Milliarden US-Dollar (US$) Risikokapital in den Life-Science-Sektor – rund 13,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Damit dürfte auch das Gesamtjahr rückläufig ausfallen. Life-Science-Start-ups stehen zunehmend im Schatten des KI-Booms: Rund 64  Prozent des gesamten Wagniskapitals flossen zuletzt in KI-Unternehmen (bis 3. Quartal 2025).

Steigender Innovationsbedarf durch auslaufende Patente

Die bevorstehende Welle auslaufender Patente verstärkt jedoch den Drang zur Innovation. Bis 2030 sind rund 200 Medikamente von dem sogenannten "Patent Cliff" betroffen, darunter viele umsatzstarke Blockbuster. Wegen der dadurch aufkommenden Konkurrenz durch Generika und Biosimilars drohen den betroffenen Herstellern Einbußen von mehr als 90 Milliarden US$ jährlich.

Als Ausweg bleibt den Pharmaunternehmen deshalb nur, neue Medikamente zu entwickeln und dadurch frische Einnahmequellen zu erschließen. Amerikanische Life Science Unternehmen haben derzeit mehr als 8.300 neue Produkte in der präklinischen Phase oder in Phase-I-Studien. Schwerpunkte liegen auf der Entwicklung von Therapien gegen Krebs, neurologische Erkrankungen und Infektionskrankheiten. Pharmariesen wie Merck oder Johnson & Johnson kaufen verstärkt Unternehmen zu, die aussichtsreiche Medikamente in der Entwicklung haben.

Die Stärken in der Forschung tragen dazu bei, dass viele innovative Medikamente zuerst in den USA zugelassen werden. In Bezug auf die jährlichen Umsätze machen Biopharmazeutika mittlerweile einen Anteil 53,8 Prozent aus und haben chemische Arzneimittel damit überholt. Während über 90 Prozent der Rezepte für Generika ausgestellt werden, ging deren wertmäßiger Anteil (ausgehend von 18,5 Prozent 2019) in den vergangenen Jahren zurück. Dies hängt damit zusammen, dass neu zugelassene Medikamente immer teurer werden. 

Mit ihrem wichtigsten Gesetzespacket, dem „One Big Beautiful Bill Act“ verbessert die Trump-Regierung die steuerliche Behandlung von Forschungsausgaben erheblich: Unternehmen können in den USA ab 2025 ihre inländischen Forschungskosten vollständig im Jahr der Entstehung absetzen, statt sie über fünf Jahre abzuschreiben. 

Sorge bereitet hingegen die massive Kürzungen der staatlichen Forschungsgelder. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen, sind bei der Medikamentenentwicklung auf Zuschüsse durch die National Institutes of Health (NIH) angewiesen. Die Trump-Regierung hat für das Haushaltsjahr 2026 eine Kürzung des NIH-Budgets um rund 40 Prozent vorgeschlagen – von etwa 48 Milliarden US$ auf rund 28 Milliarden US$. Dies nachdem für 2025 bereits rund 2,3 Milliarden US$ an NIH-Forschungsmitteln eingefroren oder gestrichen wurden, was über 2.500 Forschungsprojekte betrifft.

Trumps Zollstrategie löst massiven Investitionsboom aus

Um Pharmakonzerne zu mehr Produktion in den USA zu bewegen, setzt US-Präsident Donald Trump auf sein bevorzugtes Druckmittel Zölle - geht dabei aber taktisch vor. Ein geplanter Einfuhrzoll von 100 Prozent auf patentierte Arzneimittel wurde vorerst ausgesetzt, um Verhandlungsspielraum zu schaffen. 

Der Ansatz zeigt Wirkung: Seit seinem Amtsantritt haben Unternehmen Investitionen von über 400 Milliarden US$ angekündigt. Pfizer verpflichtet sich beispielsweise 70 Milliarden US$ in den Ausbau von Produktion und Forschung in den USA zu stecken. Im Gegenzug sind beide Konzerne für drei Jahre von den geplanten US-Zöllen auf Arzneimittel befreit. 

Als erstes deutsches Pharmaunternehmen schloss Merck einen Deal mit der Trump-Regierung: Die US-Tochter EMD Serono bleibt von Zöllen verschont, sofern künftig in die Forschung und Produktion in den USA investiert wird. Für den Ausbau der US-Präsenz setzt Merck auch auf Übernahmen – 2025 kaufte der Konzern den Krebs-Spezialisten SpringWorks Therapeutics für 3,9 Milliarden US$.

 

Ausgewählte Investitionsprogramme der pharmazeutischen Industrie in den USAInvestitionssumme in Milliarden US-Dollar
UnternehmenInvestitionssummeZeitrahmenHighlights
Merck702025 - 2030
  • Center of Excellence für pharmazeutische Produktion: 3 Mrd. US$ in Elkton, Virginia
  • Neues Werk für Biologics-Werk (Keytruda) und ADCs: 1 Mrd. US$ in Wilmington, Delaware
Johnson & Johnson552025 - 2029
  • Ausbau von Produktion, Forschung & Entwicklung: über 55 Mrd. US$ in den gesamten USA
  • Biologics-Fabrik für Onkologie, Immunologie, Neurologie): ca. 2 Mrd. US$ in Wilson, North Carolina
  • Partnerschaft mit Fujifilm für Biopharma-Produktion: 2 Mrd. US$ in Holly Springs, North Carolina
AstraZeneca502025 - 2030
  • Neue Produktionsanlage für GLP-1 Grundstoffe, PCSK9, Peptide, Oligonukleotide: 4–4,5 Mrd. US$ in Albemarle, Virginia
  • Ausbau des Forschungszentrms in Gaithersburg, Maryland
  • Neues Forschungszentrum in Cambridge, Massachusetts
  • Neue Zelltherapie-Fertigung in Rockville, Maryland und Tarzana, Kalifornien
Roche502025 - 2030
  • Neues Werk für Gen-Therapien in Pennsylvania
  • Neue Produktionsstätte für Glukosemessung in Indiana
  • Neue Produktionsstätten für  Medikamenten zur Gewichtsreduktion (Standort noch offen)
  • Neue Forschungszentrum für Herz-Kreislauf-, Nieren- und Stoffwechseltherapien in Massachusetts
  • Erweiterung bestehender Standorte in Kentucky, Indiana, New Jersey, Oregon, Arizona und Kalifornien
Gilead322025 - 2030
  • Neue Produktionskapazitäten und Labore : 4 Mrd. US$
  • Ausbau von Forschung und Entwicklung: 5 Mrd. US$
  • Automatisierung und Advanced Engineering: 2 Mrd. US$
GSK302025 -2030
  • Neues Werk für Biologics (Atemwegserkrankungen und Krebs): 1,2 Mrd. US$ in Upper Merion, Pennsylvania
  • Modernisierung 5 bestehender Standorte in Pennsylvania, North Carolina, Maryland, Montana
Eli Lilly272022 - 2030
  • Produktion von oralen GLP-1 Therapien (Orforglipron): 1,2 Mrd. US$ in Carolina, Puerto Rico
  • Produktion von oralen GLP-1 Therapien (Orforglipron): 6,5 Mrd. US$ in Houston, Texas
  • Herstellung von Krebsmedikamenten (ADC & monoklonale Antikörper): 5 Mrd. US$ in Goochland County, Virginia
  • Herstellung von Injektionspräparaten (Mounjaro, Zepbound): über 2 Mrd. US$ in Concord, North Carolina
  • Lilly Medicine Foundry (Forschung & Herstellung für Small Molecules, Biologika, Nukleinsäuren): 4,5 Mrd. US$ in Lebanon, Indiana
Novartis232025 - 2029
  • Biomedizinisches Forschungs- und Innovationszentrum: 1,1 Mrd. US$ in San Diego, Kalifornien
  • Herstellung von Radioligand-Therapien: mehrere Mrd. US$ in Florida und Texas
  • Herstellung von Biologika (feste und orale Formen): Mehrere Mrd. US$ in Durham und Morrisville, North Carolina
  • Erweiterung bestehender Standorte für sterile Abfüllung
Sanofi 202025 - 2030Ausbau der Kapazitäten für Forschung und Produktion
AbbVie102025 - 2035
  • Neues Werk für API: 195 Mio. US$ in North Chicago, Illinois
  • Erweiterung der Herstellung von Biologics: 70 Mio. US$ in Worcester, Massachusetts
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Vielfältige Landschaft an Life-Science-Clustern

Die USA verfügen über die größten und etabliertesten Biopharma-Cluster der Welt. Zu den bedeutendsten Standorten zählen Boston in Massachusetts und die San Francisco Bay Area in Kalifornien. Der Großraum Boston ist mit mehr als 1.600 Unternehmen sowie universitären Aushängeschildern wie Cambridge, Harvard und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) das größte Life-Science-Cluster in den USA. 

In South San Francisco wiederum befindet sich die Geburtswiege der Biotechnologie, unter anderem mit dem Pionier der ersten Stunde Genentech. Bedeutende Cluster für Life Science finden sich auch in San Diego, New York/New Jersey, Washington, D.C/Baltimore, Raleigh/Durham und Philadelphia.

Nach einem massiven Bauboom in den vergangenen Jahren ist der US-Markt für Laborflächen von Überangebot geprägt. Die Leerstandsquote lag Ende 2025 bei rund 27 Prozent und hat sich damit in drei Jahren vervierfacht. Zwar geht die Bautätigkeit deutlich zurück, doch dürfte es bis mindestens 2030 dauern, bis die Überkapazitäten abgebaut sind.

 

Wichtige Branchenunternehmen in den USAUmsatz in Milliarden US-Dollar

Unternehmen

Sparte

Umsatz 2024

Johnson & JohnsonPharma, Medizintechnik

88,8

RochePharma

65,3

MerckPharma

64,2

PfizerPharma, Biotechnologie

63,6

AbbVieBiopharma

56,3

AstraZenecaBiopharma

54,1

NovartisBiopharma

50,3

Bristol Myers SquibbPharma

48,3

Eli LillyPharma

45,0

SanofiBiopharma

44,5

Quelle: Fierce Pharma 2025

Importe steigen weiter an

Wertmäßig wird rund ein Viertel der in den USA konsumierten Medikamente importiert. Organische Vorprodukte, Wirkstoffe und Antibiotika werden meist aus China geliefert. Bei den Arzneimitteln war Deutschland im Jahr 2024 wertmäßig das drittwichtigste Lieferland, hinter Irland und der Schweiz. Indien steht bei den Generika an erster Stelle.

Ausgehend von knapp 184 Milliarden US$ im Jahr 2024 dürften die Importe nach Prognosen von Fitch Solutions bis 2029 um durchschnittlich rund 7,1 Prozent pro Jahr wachsen.

Importe pharmazeutischer Produkte in die USA und Anteil aus DeutschlandIn Millionen US-Dollar
Warengruppe (SITC-Position)

2020

2021

2022

2023

2024

Glykoside; Drüsen und andere Organe und ihre Auszüge; Antiseren, Vakzine und ähnliche Erzeugnisse (541.6)

53.177

58.984

65.331

82.164

109.713

   davon aus Deutschland

12.281

12.777

8.655

11.650

10.716

Arzneiwaren, Hormone oder andere Erzeugnisse der Untergruppe 541.5, jedoch keine Antibiotika enthaltend (542.2)

12.635

13.902

13.918

13.478

9.789

   davon aus Deutschland

1.392

1.347

1.149

1.320

1.227

Arzneiwaren, Alkaloide oder ihre Derivate, jedoch weder Hormone noch andere Produkte der Untergruppe 541.5 oder Antibiotika enthaltend (542.3)

1.569

1.284

1.302

1.408

1.539

   davon aus Deutschland

1.084

704

681

685

639

Arzneiwaren, a. n. g. (542.9)

63.031

66.004

73.887

71.041

81.472

   davon aus Deutschland

4.804

6.598

6.686

4.482

3.914

Quelle: U.S. International Trade Commission Data Web (USITC) 2025

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.