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Trumps Raketenabwehr: Milliardenprojekt mit ungewisser Zukunft
Donald Trump verspricht bis 2029 ein funktionierendes Raketenabwehrsystem. Doch laut Experten könnte das Vorhaben eher 20 Jahre in Anspruch nehmen – und enorme Mittel verschlingen.
19.11.2025
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
Bereits kurz nach seinem Amtsantritt im Januar 2025 kündigte US-Präsident Donald Trump ein ehrgeiziges Rüstungsprojekt an: Ein weltraumgestütztes Abwehrsystem soll die Vereinigten Staaten vor ballistischen Langstreckenraketen schützen. In Anlehnung an das in Israel bereits erfolgreich eingesetzte System trägt es den Namen "Iron Dome". Doch das US-Vorhaben ist technisch und finanziell um ein Vielfaches anspruchsvoller, denn in Israel schützt der Iron Dome nur eine relativ kleine Fläche gegen Kurzstreckenraketen.
Daher sind Trumps Ankündigungen, das Gesamtvorhaben werde noch vor dem Ende seiner Amtszeit Anfang 2029 in Betrieb gehen, mit einer gehörigen Portion Vorsicht zu genießen. Auch das finanzielle Engagement dürfte sich als deutlich umfangreicher herausstellen, als es der US-Präsident darstellt. Er spricht von einer Investitionssumme von 175 Milliarden US-Dollar (US$).
Iron Dome könnte bis zu 3,6 Billionen US-Dollar kosten
Doch Militärexperten kommen auf wesentlich höhere Summen. Das Congressional Budget Office schätzt, dass alleine die Stationierung von weltraumgestützten Abwehrsystemen 542 Milliarden US$ über einen Zeitraum von 20 Jahren verschlingen würde. Todd Harrison vom Think Tank American Enterprise Institute taxiert die gesamten Investitionskosten für den vorliegenden Zeitraum auf 250 Milliarden bis 3,6 Billionen US$.
Die unterschiedlichen Preisangaben dürften auch darauf basieren, dass viele Probleme technisch noch gar nicht gelöst sind. Ingenieure beschreiben die Herausforderung damit, dass es ähnlich schwierig sei, eine fliegende Pistolenkugel mit einer anderen zu treffen. Bezüglich der Leistungsfähigkeit ist unklar, ob das System nur gegen einzelne anfliegende Raketen – etwa aus Nordkorea – wirksam ist oder ob es auch in der Lage ist, große Mengen von Geschossen gleichzeitig abzufangen. Inwieweit Hyperschallraketen den Iron Dome austricksen könnten, lässt sich ebenfalls nicht eindeutig klären.
Klar ist hingegen schon jetzt, dass das Vorhaben die Vereinigten Staaten finanziell überlasten könnte, sollte es in vollem Umfang umgesetzt werden. Das Militärbudget belief sich laut dem Verteidigungsministerium (U.S. Department of War) im Fiskaljahr 2025 (1. Oktober 2024 bis 30. September 2025) bereits auf rund 920 Milliarden US$. Das sind gut 3 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Für 2026 wurde eine Steigerung um 13 Prozent auf über 1 Billion US$ beantragt.
Projekt könnte die USA finanziell überfordern
Im Extremfall könnte das Iron-Dome-Projekt in den kommenden zwei Jahrzehnten für zusätzliche Ausgaben von rund 180 Milliarden US$ pro Jahr sorgen. Da die Trump-Regierung Steuererhöhungen ablehnt, dürfte dies die US-Schulden weiter in die Höhe treiben. Dabei ist die Lage bereits jetzt ernst: In den Fiskaljahren 2023 bis 2025 belief sich das öffentliche Defizit des Bundes auf jeweils rund 6 Prozent im Verhältnis zum BIP, berichtet das US-Finanzministerium. Die Gesamtverschuldung erreichte damit Ende September 2025 einen Wert, der etwa 125 Prozent des BIP entspricht.
Nachhaltig, und darin sind sich die meisten Finanzexperten einig, sind solche Werte nicht. Zwar können sich die USA am Kapitalmarkt problemlos finanzielle Mittel verschaffen. Doch die Zinsen sind entsprechend hoch. Zudem drohen immer mehr Ratingagenturen, die Kreditwürdigkeit des Landes herabzustufen, was die Zinsen und Kreditkosten weiter in die Höhe treiben würde. Im Fiskaljahr 2025 übertrafen die Ausgaben für den Schuldendienst bereits erstmalig die Militärausgaben. In Zukunft dürfte sich die Schere weiter öffnen.
Die Verwirklichung des Iron Domes, zumindest im gesamten Planungsumfang, steht damit in den Sternen. In der Politik sind 20 Jahre ein langer Zeitraum und bereits beim nächsten Amtswechsel im Weißen Haus Anfang 2029 könnte ein neuer Präsident die Reißleine ziehen – und das Vorhaben beerdigen oder nur stark abgespeckt umsetzen.
Umfangreiche Geschäftschancen für "made in America"-Technologie
Wird der Schutzschild dagegen wie geplant umgesetzt, dürfte er bei vielen Unternehmen aus der Rüstungs-, Raumfahrt- und Hightechbranche für einen lebhaften Auftragseingang sorgen. Allerdings ist noch nicht einmal geklärt, welche Behörde das Projekt federführend betreuen wird. Aber laut Angaben der Washington Post von November 2025 stehen angestammte Zulieferer wie Lockheed Martin, Booz Allen Hamilton, L3 Harris, Anduril, Palantir oder SpaceX bereits in den Startlöchern.
Auch ausländische Unternehmen könnten von dem Vorhaben profitieren. Allerdings ist es für sie schwieriger, an Aufträge zu kommen. In der US-Rüstungsindustrie gelten hohe lokale Wertschöpfungsanteile, die aktuell bei über 50 Prozent liegen und nach Vorstellung der Trump-Administration weiter steigen sollen. Ohne Produktion vor Ort oder eine Kooperation mit US-Partnern kommen Firmen kaum an solch lukrative Rüstungsaufträge.