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Branchenbericht Vietnam Arzneimittel, Diagnostika

Moderne Apothekenketten expandieren

Die Apothekenlandschaft in Vietnam erfährt einen Modernisierungsschub. Große inländische Ketten erweitern ihr Filialnetz.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Anteilsmäßig dominieren zwar noch eindeutig die unabhängigen Anbieter und Krankenhaus-Apotheken den vietnamesischen Markt. Doch moderne Pharmazie-Ketten expandieren dynamisch. Rund 1.600 Filialen moderner Apothekenketten gab es nach den jüngsten verfügbaren Daten 2021. Im Laufe des Jahres 2022 dürfte sich die Zahl der Apothekenfilialen auf knapp 3.000 fast verdoppelt haben.

Die guten Wachstumsaussichten des Pharmaziegeschäfts haben große Unternehmensgruppen und Investitionsfonds auf den Plan gerufen, die den Ausbau vorantreiben. Nach Daten von Vietnam Report und Fitch Solutions stiegen die Arzneimittelausgaben in Vietnam von rund 4,7 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2016 auf rund auf 7,4 Milliarden US$ im Jahr 2021. Bis 2024 sollen sie auf 9,8 Milliarden US$ ansteigen. Damit wäre Vietnam nach Indonesien der zweitgrößte Markt in Südostasien, gefolgt von Thailand auf Platz 3.

Angetrieben wird das Wachstum unter anderem durch die Alterung der Bevölkerung. Waren 2021 nach Schätzung des Statistikamtes GSO etwa 8,3 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre oder älter, soll der Anteil bis 2040 nach Prognose der Weltbank auf 18 Prozent steigen.

Ansprüche und gesetzliche Vorgaben nehmen zu

Vor allem der Absatz verschreibungspflichtiger Medikamente könnte stark zulegen. Vietnam hat in den vergangenen Jahren seine Basissozialversicherung auf fast die gesamte Bevölkerung ausgeweitet (Ende 2022: 92 Prozent). Gleichzeitig verschärft die Regierung die Bedingungen für den Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneien und legt den Apotheken neue Verpflichtungen auf, wie etwa die Nutzung elektronischer Rezepte (Deadline für die Einführung in Apotheken ist nach aktuellem Stand Mitte 2023). Auch eine zunehmende Rolle des Arzneimittel-Onlinehandels kommt größeren Ketten entgegen, die derartige Veränderungen finanziell und personell eher stemmen können.

Die Apotheken verkaufen aber nicht nur Medikamente, sondern vermehrt auch Hygieneartikel, Kosmetik, Körperpflege und Nahrungsergänzungsmittel. Eine immer breiter werdende Mittelklasse beflügelt die Nachfrage. Nach einer Studie des Beratungsunternehmens McKinsey von Ende 2021 könnte der Anteil der "Konsumentenschicht" von 40 Prozent im Jahr 2020 auf fast 75 Prozent im Jahr 2030 ansteigen. Angehörige dieser Klasse geben täglich im Durchschnitt nach Kaufkraftparität mindestens 11 US-Dollar aus. 

Mit steigenden Haushaltseinkommen wächst das Gesundheitsbewusstsein. In den Krisenjahren 2020 und 2021 legte die Nachfrage nach Nahrungsergänzungsmitteln wie Vitaminen und Ginseng stark zu. Die Menschen wollten damit ihr Immunsystem besser gegen das Virus wappnen. Gekoppelt mit einem verbreiteten Misstrauen der vietnamesischen Verbraucher gegenüber möglichen gefälschten Produkten, seien es Nahrungsmittelergänzungsmittel, Kosmetik oder Medikamente, hat dies der Ausbreitung der modernen Ketten zusätzlichen Schwung verliehen. Vietnamesische Konsumenten bringen Ketten vielfach mehr Vertrauen entgegen als unabhängigen Apotheken. Auch ausländische Marken genießen viel Vertrauen. Davon profitiert etwa die deutsche Marke Doppelherz des Herstellers Queisser Pharma aus Flensburg, die seit 2013 im Markt präsent ist und inzwischen bei Nahrungsergänzungsmitteln eine feste Größe ist. 

Drei große Ketten stechen hervor

Der Marktführer Pharmacity will sein Filialnetz mit rund 1.100 Apotheken (Stand: Ende 2022) bis 2025 auf 5.000 Filialen ausweiten. Für die Expansion gewann die Kette die zweitgrößte Unternehmensgruppe in Südkorea, SK Group, als Investor. Die Kette macht allerdings hohe Verluste und musste 2022 im dritten Quartal 75 Filialen wieder schließen. Sie hält aber an ihren Wachstumsplänen fest.

Vietnams zweitgrößte Apothekenkette, Long Châu, die zur privaten Unternehmensgruppe FPT gehört, fing 2018 mit 32 Apotheken an und eröffnete Ende 2022 ihre eintausendste Filiale. FPT war zunächst in der Softwareentwicklung auch für ausländische Kunden aktiv. Heute ist die Gruppe der größte vietnamesische Softwareentwickler für Auslandsmärkte, einer der größten Internet- und Cloudanbieter und betreibt Schulen und eine der größten Ladenketten für Mobiltelefone und IT-Ausrüstung. Unter den Schulen ist auch eine für Pharmazie. 2023 will FPT weitere 600 Apotheken eröffnen.

Ein dritter wichtiger Akteur ist die Kette An Khang. Sie gehört zu einem der größten Einzelhändler des Landes, MWG (Mobile World Company), führend im Elektronikfachhandel (Handelskette: Dien May Xanh) und bei Convenience-Läden (Bach Hoa Xanh). Das Unternehmen hatte aufgrund von Liquiditätsengpässen 2022 eine Reihe von Convenience-Läden geschlossen, aber die Apothekenkette stark ausgebaut. Ende 2022 gab es 529 An Khang-Filialen, dreimal so viele wie 2021.

Weiterhin viel Bewegung im Markt

Weitere Unternehmensgruppen haben Interesse am Aufbau moderner Apothekenketten angekündigt. Darunter gelten Masan, der größte Nahrungsmittelkonzern und Supermarktbetreiber des Landes, und Viettel, der größte Mobilfunkbetreiber, als besonders aussichtsreiche Markteinsteiger. 

Masan hat 2022 die Kette Dr. Win geschaffen und Apotheken aus verschiedenen Akquisitionen darunter vereint. Die Unternehmensgruppe hatte die größte Supermarktkette des Landes, VinMart, 2021 von Vingroup übernommen und in WinMart umbenannt. Das Unternehmen will möglichst viele Dienstleistungen aus einer Hand und an einem Ort anbieten, mit Cafes, Supermärkten, Convenienceläden, Banken und vermehrt auch Apotheken.

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