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Australien investiert in Ladeinfrastruktur für Elektroautos

Der Aufbau eines dichten Netzes von Ladestationen ist aufgrund der großen Landfläche eine Herausforderung. Sowohl der Staat als auch die Bundesländer stellen Fördermittel bereit.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Australien hat im Bereich der Ladeinfrastruktur für Elektroautos einen hohen Nachholbedarf. Mitte 2021 gab es landesweit nur rund 3.000 öffentliche Ladepunkte, darunter etwa 470 Schnellladesäulen. Im Vergleich zu anderen Nationen ist dies ein Bruchteil, Deutschland hat mittlerweile knapp 40.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte.

"Dank zahlreicher Ausbauprogramme dürfte sich die Anzahl der Schnellladestationen in den kommenden zwei Jahren jedoch vervierfachen", berichtet Behyad Jafari, Geschäftsführer des Branchenverbandes Electric Vehicle Council im Gespräch mit Germany Trade & Invest (GTAI). "Bereits in den vergangenen zwölf Monaten erlebten wir ein Wachstum um 50 Prozent."

Die nationale Regierung in Canberra bringt das mit 50 Millionen US-Dollar (US$; 71,9 Millionen australische Dollar ($A); 1$A=0,6906 US$) dotierte Förderprogramm Future Fuels Fund auf den Weg. Zuständig für die Vergabe der Mittel ist die Australian Renewable Energy Agency (Arena).

Im Rahmen der ersten Vergaberunde fließen dabei rund 17 Millionen US$ an fünf Unternehmen für den Bau von insgesamt 403 Schnellladestationen. Vorgabe ist, dass diese jeweils wenigstens zwei Ladepunkte mit mindestens 50 Kilowatt bereitstellen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den urbanen Zentren mit den 14 bevölkerungsreichsten Städten des Landes, unter anderem Melbourne, Sydney, Brisbane, Perth und Adelaide. In den künftigen Vergaberunden sollen auch ländliche Regionen sowie das Fernstraßennetz mit einbezogen werden.

Geförderte Unternehmen in der ersten Vergaberunde des Regierungsprogramms Future Fuels Fund

Unternehmen

Fördersumme (in Mio. US$)1)

Geplante Schnellladesäulen

Evie Networks

6,1

158

Ampol

4,7

121

Engie

4,7

103

Chargefox

1,0

16

Electric Highways Tasmania

0,3

5

1) umgerechnet anhand des durchschnittlichen Jahreswechselkurses 2020: 1$A = 0,6906 US$Quelle: Australian Renewable Energy Agency (Arena)

Bundesstaaten starten Ausbauprogramme

Aktivitäten zum Ausbau des Schnellladenetzes gibt es auch auf der Ebene der Bundesstaaten. Die größte Summe investiert mit umgerechnet rund 118 Millionen US$ New South Wales. Die Mitte 2021 präsentierte Electric Vehicle Strategy beinhaltet den Bau von Ultra-Schnellladestationen im Abstand von je fünf Kilometern entlang der Pendlerkorridore.

Deutlich geringer ist das Engagement im südöstlichen Victoria. Die im Juni 2021 vorgestellte Zero Emissions Vehicle Roadmap sieht Investitionen in Höhe von 13 Millionen US$ für die Ladeinfrastruktur vor. South Australia stellt einen Betrag von knapp 9 Millionen US$ zur Verfügung und will 530 Schnellladesäulen errichten, darunter 120 im Innenstadtbereich von Adelaide.

Das Prestigeobjekt im Bundesstaat Queensland ist der Electric Superhighway. Derzeit stehen entlang der 1.800 Kilometer langen Ostküstenstrecke von der Goldcoast im Süden bis nach Cairns im tropischen Norden insgesamt 31 Schnellladesäulen zur Verfügung. Anfang 2021 wurde der geplante Ausbau ins Landesinnere verkündet, wodurch sich der Electric Superhighway auf 3.800 Kilometer verlängert.

Und auch an der Westküste sollen elektrische Autobahnen entstehen. Der Bundesstaat Western Australia hat für die kommenden Jahre rund 14 Millionen US$ eingeplant, um Elektroautos die Fahrt von Perth Richtung Osten nach Esperance und Kalgoorlie zu ermöglichen. 

Schnellladenetz soll Vertrauen in Elektroautos steigern

Der Ausbau des Schnellladenetzes gilt als wichtige Voraussetzung, um der Elektromobilität in Down Under zum Durchbruch zu verhelfen. Bislang sind nur wenige Elektroautos auf den Straßen Australiens unterwegs. Der Bestand an reinen elektrischen Fahrzeugen soll 2020 nach Schätzung von Experten bei etwa 23.000 Stück gelegen haben. Der Anteil an den Neuzulassungen war mit 0,7 Prozent verschwindend gering. In Umfragen äußern potentielle Käufer Bedenken hinsichtlich der Reichweite und der verfügbaren Ladestationen.

Dabei spielen die riesigen Entfernungen, die die Städte und Ortschaften auf dem australischen Kontinent trennen, eine große Rolle. In ländlichen Regionen liegen "benachbarte" Ortschaften häufig über 100 Kilometer voneinander entfernt. Die Vororte der Städte sind wiederum durch weit ausgedehnte Einfamilienhaussiedlungen geprägt. Das eigene Kfz spielt für die Mobilität der Australier daher eine große Rolle.

Um die Akzeptanz von Elektroautos zu steigern, betrachten Branchenexperten den Aufbau eines Netzes von Schnelllademöglichkeiten entlang der Fernstraßen im Abstand von 50 bis 100 Kilometer als wichtige Voraussetzung. Nach Studien von Arena müsste bis 2030 ein landesweites Netz von circa 8.000 öffentlichen Schnellladestationen entstehen, um eine erwartete Elektroflotte von rund 3 Millionen Fahrzeugen zu versorgen.

Betreiber von Automobilflotten benötigen Ladetechnologie

Die größten Bestellungen für neue Elektrofahrzeuge dürften mittelfristig von den Betreibern großer Kfz-Flotten kommen, mit zugehöriger Ladeinfrastruktur auf den Betriebsgeländen. Ein Vorreiter ist dabei erneut New South Wales. Bis 2030 plant der Bundesstaat seinen gesamten Regierungsfuhrpark mit rund 12.000 Pkw auf emissionsfreie Antriebe umzustellen. Darüber hinaus sollen etwa 8.000 Busse im öffentlichen Personennahverkehr bis 2030 klimaneutral unterwegs sein, wofür neben Batterieantrieben auch Fahrzeuge mit Brennstoffzellen getestet werden.

Splend, das größte australische Leasingunternehmen für gemeinsam genutzte Fahrzeuge, hat rund 2.000 Elektroautos bestellt. Auch Energieunternehmen wie Origin Energy bieten bereits Lösungen für das Management von Elektro-Fuhrparks an.

Führender Betreiber von Ladestationen ist Chargefox. Bis Ende 2025 soll das eigene Netz an Ladepunkten von 1.400 auf 5.000 Stück ausgebaut werden. Zu den weiteren Anbietern gehören Tesla, EVUp, ChargePoint, Evie Networks und Jolt.

Kombi-Lösungen mit Solarstrom und Heimspeichern gut geeignet

Einen großen Markt bietet Australien für Heimladestationen. Rund 71 Prozent der australischen Bevölkerung lebt in frei stehenden Einfamilienhäusern, die mit entsprechenden Anlagen ausgestattet werden können. Geschäftschancen bieten sich dabei für Kombinationen mit Solarstrom und Batterietechnologie.

Anfang 2021 hatten bereits rund 2,8 Millionen Haushalte eine eigene Solaranlage. Dies entspricht ungefähr 29 Prozent aller Wohngebäude. Anteilsmäßig ist Australien damit Weltspitze.

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