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Branchenbericht China Computer, Zubehör
Hongkong (GTAI) - Das Rennen um die leistungsfähigsten Computer der Welt bleibt offen und spannend. Bei Software und Prozessoren haben chinesische Anbieter technologischen Nachholbedarf.
26.11.2019
Die ehrgeizige Industriestrategie "Made in China 2025" wird von den staatlichen Medien im Zuge des Handelskonfliktes zwar nicht mehr erwähnt. Doch sie besitzt nach wie vor Gültigkeit. Insbesondere im Informations- und Telekommunikationssektor (IKT) möchte das Reich der Mitte technologisch ganz vorne mitschwimmen. Auch die Entwicklung von Supercomputern steht auf der Liste.
Auf diesem Gebiet leistet China bereits Erstaunliches. Der dritt- und viertschnellste Rechner der Welt stand Ende 2019 nach Angaben der Internetplattform Top500 im Reich der Mitte. Damit scheint die Volksrepublik auf den ersten Blick beim Rennen um die leistungsstärksten Systeme ein wenig ins Hintertreffen geraten zu sein. So beherbergte sie Mitte 2017 global gesehen noch die beiden größten Supercomputer.
Rang | Betreiber | Rechnername | Leistung *) |
3 | National Supercomputing Center Wuxi | Sunway TaihuLight | 93,0 |
4 | National Supercomputing Center Guangzhou | Tianhe-2A | 33,9 |
48 | Sugon | ACS (PreE) | 4,3 |
75 | Service Provider T | Lenovo HR650x | 3,1 |
81 | Service Provider T | Lenovo HR650x | 3,0 |
83 | Service Provider T | Lenovo HR650x | 2,9 |
91 | Service Provider T | Lenovo HR650x | 2,8 |
98 | Service Provider T | Lenovo HR650x | 2,6 |
101 | National Supercomputing Centre Tianjin | Tianhe-1A | 2,6 |
102 | China Meteorological Administration | PAI-BSystem | 2,4 |
*) Rmax (branchenübliche Abkürzung)
Quelle: Top500
Allerdings hat das Reich der Mitte bereits nachgelegt. Laut Berichten der South China Morning Post vom Sommer 2019 soll der neue Supercomputer Shuguang, der bei der China Academy of Sciences in Beijing steht, eine Leistung von 200 Petaflops aufweisen. Er wäre damit deutlich schneller als das aktuelle stärkste System von IBM mit knapp 150 Petaflops, das sich im Oak Ridge National Laboratory in den USA befindet. Allerdings wurde diese Nachricht von chinesischer Seite nicht besonders hoch gehängt und der Rechner nicht zum Wettbewerb zugelassen. Daher findet er sich auch nicht auf der Top500-Liste wieder.
Angesichts des Handelsstreites wollten die Chinesen nicht noch Öl ins Feuer gießen. Die Vereinigten Staaten hatten nämlich im Sommer 2019 die Hersteller von Hochleistungscomputern - so unter anderem Sugon, Wuxi Jiangnan Institute of Computing Technology, Higon, Chengdu Haiguang Integrated Circuit und Chengdu Haiguang Microelectronics Technology - auf eine schwarze Liste gesetzt und mit einem Lieferboykott belegt.
Laut Top500 standen im November 2019 von den weltweit 500 leistungsstärksten Rechnern 227 in China und lediglich 118 in den USA. Japan landete weit abgeschlagen auf dem dritten Platz. Wenn man jedoch die Gesamtleistung der installierten Systeme betrachtet, lagen die Vereinigten Staaten vor der Volksrepublik.
Land | Anzahl Rechner | Gesamtleistung |
China | 227 | 531,8 |
USA | 118 | 611,0 |
Japan | 29 | 109,5 |
Frankreich | 18 | 68,9 |
Deutschland | 16 | 66,9 |
Niederlande | 15 | 24,7 |
Irland | 14 | 23,1 |
Vereinigtes Königreich | 11 | 32,1 |
*) Rmax
Quelle: Top500
Rankings haben bekanntlich ihre Schwächen. China betreibt zwei beziehungsweise drei besonders leistungsfähige Rechner. Alle anderen Systeme fallen wesentlich kleiner aus. Wenn man beispielsweise nur die 50 größten Supercomputer der Welt betrachtet, wendet sich nach Berechnung von Germany Trade & Invest das Blatt komplett zu Gunsten der Vereinigten Staaten.
Land | Anzahl Rechner | .Gesamtleistung *) |
USA | 20 | 423,6 |
Japan | 7 | 61,8 |
Deutschland | 5 | 42,3 |
Frankreich | 4 | 39,6 |
China | 3 | 131,2 |
Schweiz | 1 | 21,2 |
Südkorea | 1 | 13,9 |
Italien | 1 | 12,2 |
*) Rmax
Quelle: Top500, Germany Trade & Invest
Nun stellt das Betreiben der Anlagen nur eine Seite der Medaille dar. Wichtig ist daneben, wo sie hergestellt wurde beziehungsweise welches Land die Kernkomponenten zulieferte. Während China bei der Produktion des Rechners Tianhe-2 noch auf Chips von Intel setzte, soll die Nummer drei der Weltrangliste -Sunway TaihuLight - komplett in Eigenregie gefertigt worden sein.
Gemäß Top500 war Ende 2019 die chinesische Firma Lenovo der weltweit größte Hersteller von Supercomputern. Gemessen an der installierten Kapazität folgten HPE (einschließlich seiner Tochtergesellschaft Cray) und IBM auf den Rängen zwei und drei. Bei den in den Hochleistungssystemen verbauten Kernkomponenten spielen chinesische Anbieter indes so gut wie keine Rolle. In 96 Prozent der 500 größten Rechner der Welt kamen Prozessoren von Intel zum Einsatz.
Hersteller 1) | Land | Anzahl | Leistung 2) |
Lenovo | China | 174 | 335,0 |
Sugon | China | 71 | 119,3 |
HPE/Cray | USA | 70 | 284,8 |
Inspur | China | 66 | 102,1 |
Atos | Frankreich | 23 | 64,8 |
Fujitsu | Japan | 13 | 60,5 |
IBM | USA | 13 | 216,9 |
Dell | USA | 11 | 52,3 |
1) branchenübliche Abkürzungen; 2) RMax
Quelle: Top500
Ferner hinken chinesische Firmen bei der Software, die die Superrechner steuern, der Konkurrenz etwa aus Japan und den USA deutlich hinterher. Der Wettbewerbsvorsprung der beiden soll bei bis zu zehn Jahren liegen. Bildlich gesprochen sitze in der Volksrepublik ein eher unerfahrener Fahrer in einem Ferrari.
Der US-Lieferboykott dürfte unter diesen Aspekten die chinesischen Supercomputerhersteller hart treffen. Ohne entsprechende Prozessoren und insbesondere Software aus den USA wird es schwierig. Zwar will die Volksrepublik ihre Abhängigkeit von ausländischen Zulieferungen reduzieren. Doch der Weg zur kompletten Selbstversorgung kommt nach Einschätzung von Analysten einem verlustreichen und ultralangen Marathonlauf gleich.
In der Zwischenzeit wird in den USA, Europa und China bereits eine neue Klasse von Supercomputern - sogenannten Exascale-Systeme - entwickelt. Sie sollen eine Leistung von 1.000 Petaflop pro Sekunde übersteigen. Die Vereinigten Staaten haben entsprechende Rechner für Ende 2021, China sogar für 2020 angekündigt. Das Rennen bleibt also offen und spannend.
Ob die Systeme allerdings 2020/21 bereits voll einsatzfähig und marktreif sind, darf bezweifelt werden. Der Hersteller Cray etwa bekam im Laufe des Jahres 2019 den Zuschlag für die Lieferung von drei Exaflop-Anlagen an US-Behörden. Nach Unternehmensangaben sollen diese erst 2023 in Betrieb gehen.
Bezeichnung | Internetadresse | Anmerkung |
Top500 | https://www.top500.org/list/2019/11/ (Liste der 500 größten Supercomputer); https://www.top500.org/lists/2019/11/highs/ (Statistische Auswertung der Liste) | Internetplattform |
Lenovo | https://www.lenovo.com/hk/en/data-center/solutions/hpc | Führender Hersteller von Supercomputern |
Sugon | http://hpc.sugon.com/en/index.html | Chin. Hersteller von Supercomputern |
Inspur | http://en.inspur.com/en/2403285/2403287/2403295/index.html | Chin. Hersteller von Supercomputern |
Cray | https://www.cray.com/blog/cray-announces-third-exascale-supercomputer-win/ (Firmennews zu Exaflop-Projekten) | US-Hersteller von Supercomputern; gehört zu HPE |
Zusatzinformationen
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