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Japan setzt auf moderne Medizintechnik, um die Qualität der Gesundheitsversorgung auf hohem Niveau zu halten und die Effizienz zu erhöhen. Importe spielen dabei eine große Rolle.
20.01.2021
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Der japanische Gesundheitssektor setzt auf moderne und effiziente Medizintechnik. Mit einem Marktvolumen von circa 26,4 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2018 gehört Japan zu den drei größten Märkten weltweit. Das Marktforschungsunternehmen Fitch Solutions rechnet damit, dass der Medizintechnikmarkt zwischen 2018 und 2023 im jährlichen Durchschnitt um 4,5 Prozent wächst. Auf einen Zuwachs von 4 Prozent lautet die Prognose der Analysten von Technavio für den Zeitraum 2020 bis 2024. Durch die Covid-19-Pandemie könnte die Marktdynamik zulegen, da Japan die Gesundheitsversorgung ausbauen will.
Unter normalen Umständen sind diagnostische Geräte einer der wichtigsten Treiber des Marktes. Aufgrund der Coronakrise haben sich 2020 Beatmungsgeräte zu einem schnell wachsenden Segment entwickelt. Die Versorgung hängt zum überwiegenden Teil von Importen aus den USA und Deutschland ab. Die Lieferchancen deutscher Produkte sind gut. Bei Schutzkleidung, Masken und einfacher Medizintechnik ist China der Hauptlieferant - eine Abhängigkeit, die Japan reduzieren will.
Die größte Herausforderung im japanischen Gesundheitswesen ist der Personalmangel. Daher will sich Japan die Vorteile neuer Technologien wie Big-Data-Analyse, künstliche Intelligenz (KI) und Robotik zunutze machen. Die Regierung hat dazu im November 2018 einen entsprechenden Entwicklungsplan verabschiedet (Advanced Diagnosis and Treatment System by AI Hospital). Eine Testphase für KI-Anwendungen in Schlüsselkrankenhäusern läuft bis 2022.
Gegenwärtig importiert Nippon deutlich mehr als es exportiert. Um dem demografischen Wandel in Japan zu begegnen und die erwartete steigende internationale Nachfrage zukünftig mit bedienen zu können, investieren Japans Branchenunternehmen in die Entwicklung von eigenen Technologien oder kaufen Know-how und Marktanteile ein.
Im Global Health Security Index (GHSI) punktet Japan im Jahr 2019 mit einer Bewertung im oberen Mittelfeld und stand auf Platz 21 von 195 untersuchten Ländern. Zwar liegt Japan in Teilindizes deutlich über dem Durchschnitt. Jedoch ist das Gesundheitssystem nur bedingt auf eine Gesundheitskrise vorbereitet. Der Ausbruch der Coronapandemie hat gezeigt, dass die kritische Infrastruktur in Japan unzureichend ist.
Die Nachfrage nach Beatmungsgeräten und intensivmedizinischer Ausstattung stieg schlagartig, die Zahl spezialisierter Testlabore war unzureichend und die Testmöglichkeiten wurden nur langsam ausgeweitet. Zwar hat die Regierung Extrabudgets bereitgestellt, um die Ausstattung der bestehenden Gesundheitseinrichtungen für infektiöse Krankheiten zu verbessern. Jedoch ist nicht die Anzahl der Krankenhäuser der Flaschenhals, sondern das fehlende Personal für die Behandlung von Akutfällen.
Aufgrund der Coronapandemie sind die Vorteile der Telemedizin beim Gesundheitsministerium stärker in den Fokus gerückt, und die sehr strikten Regelungen zu deren Einsatz wurden Ende Februar 2020 gelockert. Damit Wartezimmer in medizinischen Einrichtungen gemieden werden können, sollen Patienten mit chronischen Krankheiten Online-Behandlung erhalten, sobald sie einen Arzt mehr als einmal gesehen haben. Weitere ärztliche Beratung soll online oder über Telefon erfolgen. Ob es bei dieser Regelung bleibt, ist noch offen.
In Japan werden Einrichtungen mit bis zu 20 Betten als Klinik und ab 20 Betten als Krankenhäuser definiert. Hausarztpraxen wie in Deutschland gibt es nicht. Gemäß dieser Unterteilung existierten in Japan 2018 circa 8.400 Krankenhäuser und 102.000 Kliniken. Diese verfügten über insgesamt 1,6 Millionen Betten. Hinzu kamen über 68.000 Zahnarztpraxen. Der weit überwiegende Teil der Gesundheitseinrichtungen ist in privater Hand. Trotz der seit 2010 bereits sinkenden Anzahl an Krankenhäusern gibt es laut Brancheninsidern immer noch zu viele Einrichtungen. Steigende Gesundheitskosten, fehlendes medizinisches Personal und Bevölkerungsschwund werden in den nächsten Jahren zu einer weiteren Konsolidierung führen. Investiert wird in die Modernisierung oder Verlagerung (Ersatz) bestehender Einrichtungen.
Projekt | Investitionssumme | Anmerkung |
---|---|---|
Ortswechsel Krankenhaus von Kindai University Sakai/Osaka | k.A. | Start: Oktober 2020 Fertigstellung: April 2024 Betten: 800 34 Abteilungen Krankenstationsfläche: 145.000 qm |
k.A. | Start: Februar 2021 Fertigstellung: Oktober 2024 Krankenstationsfläche: 70.000 qm | |
264 | Start: 2023 Fertigstellung: 2026 Betten: 400 Krankenstationsfläche: 40.000 qm | |
253 | Start: April 2021 Fertigstellung: 2026 Betten: 503 Krankenstationsfläche: 46.120 qm | |
252 | Start: 2022 Fertigstellung: 2024 Betten: 400 Krankenstationsfläche: 73.647 qm |
Egal ob privat oder staatlich betrieben, die japanischen Krankenhäuser sind prinzipiell mit moderner Medizintechnik relativ gut ausgestattet. Im Laborbereich, in der Diagnostik und in der Intensivmedizin sind seit vielen Jahren digitale Ausrüstungen in der Anwendung. Die Vertriebsstrukturen sind vielschichtig und wenig transparent. Kleine und mittelgroße ausländische Unternehmen ohne eigene Vertretung im Land arbeiten in der Regel mit einem Importeur zusammen. Zwischen Hersteller und Endabnehmer sind meist zwei oder mehr Händlerstufen geschaltet.
Die Gesundheitsversorgung in Japan bewegt sich auf hohem Niveau. Das Gesundheitssystem entspricht in großen Teilen dem deutschen, mit Primärversorgung, stationärer Versorgung und Rehabilitation. Ein Unterschied liegt im Zugang zu Ärzten, da Patienten nicht nur im Notfall Krankenhäuser zur Untersuchung aufsuchen können und viele Arztpraxen auch samstags Sprechstunden haben. In der Regel findet jedoch die Überweisung von einem Hausarzt zum Facharzt statt.
Fachkliniken und Fachpraxen gibt es für alle Bereiche, die sich jedoch in der medizintechnischen Ausstattung unterscheiden. Zudem sind diese meist in größeren Städten konzentriert, die das Umland mitversorgen.
Fachbereich | Anzahl |
---|---|
Innere Medizin | 6.705 |
Rehabilitation | 5.613 |
Orthopädie | 4897 |
Chirurgie | 4.500 |
Gastroenterologie | 3.988 |
Kardioangiologie | 3.958 |
Radiologie | 3.340 |
Dermatologie | 3.039 |
Urologie | 2.831 |
Pneumologie | 2.756 |
Anästhesiologie | 2.743 |
Neurochirurgie | 2.594 |
Pädiatrie | 2.539 |
Neurologie | 2.524 |
Ophthalmologie | 2.388 |
Japan hat ein nationales Krankenversicherungssystem. Die öffentlichen Ausgaben als Anteil am gesamten Gesundheitswesen lagen dort einer Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von 2015 zufolge bei 84 Prozent und damit in etwa auf gleicher Höhe wie in Deutschland oder den skandinavischen Ländern. Das Gesundheitssystem ist bereits sehr ausgefeilt, Reformen finden vor allem so gestaltet statt, die Kosten nicht zu stark steigen zu lassen.
Indikator | Wert |
---|---|
Einwohnerzahl (1.10.2019 in Mio.) 1) | 126,2 |
Bevölkerungswachstum (2019 in % p.a.) 1) | -0,22 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2019) 1) | |
Anteil der unter 14-Jährigen (in %) | 12,1 |
Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 28,4 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2019 in Jahren) 2) | Männer: 81,4 Frauen: 87,5 |
Durchschnittseinkommen (2019 in US$) * 2) | 2.960 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (2019 in US$) * 2) | 3.165 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2017 in %) 2) | 7,9 |
Ärzte/100.000 Einwohner (31.12.2018) 2) | 258,8 |
Zahnärzte/100.000 Einwohner (31.12.2018) 2) | 83,0 |
Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2019), davon 2) | 1.212 |
privat | k.A. |
öffentlich | k.A. |
Die Marktchancen für Digital Health sind gut, da das Gesundheitsministerium die Digitalisierung vorantreiben will. Eine interne Expertengruppe hat dadurch mögliche Einsparungen von mehr als 20 Milliarden US$ pro Jahr ausgerechnet. Seit 2018 ist die Nutzung von Smartphones und anderen mobilen Geräten für telemedizinische Zwecke zugelassen (Telehealth Regulations, in japanischer Sprache).
Ein eigenständiges Digital-Health-Gesetz existiert in Japan nicht, jedoch eine Reihe von Einzelbestimmungen. Digitale Patientenakten und E-Rezepte werden verwendet, allerdings nicht in vereinheitlichter Form. Unterschiedliche medizinische Einrichtungen nutzen unterschiedliche Systeme und Software. Vorgegeben vom Gesundheitsministerium ist jedoch, welche Inhalte zu erfassen sind. Jede in Japan versicherte Person hat eine digitale Gesundheitskarte. Wer auf die hinterlegten Daten zugreifen kann, ist von den einzelnen Einrichtungen abhängig. Um die Versicherungsleistungen einzufordern, leiten die medizinischen Einrichtungen die Daten anonymisiert an die National Receipt Database (NDB) weiter.
Laut Angaben der Japanese Association of Healthcare Information Systems Industry (JAHIS) ist die elektronische Patientenakte bislang vor allem bei größeren medizinischen Einrichtungen, wie Krankenhäusern von 400 Betten oder mehr, eingeführt. Hier war sie im Fiskaljahr 2018 zu rund 78 Prozent verbreitet. Zudem nutzen die großen Krankenhäuser die elektronischen Verordnungen (CPOE - Computerized Physician Order Entry) bereits in knapp 83 Prozent der Einrichtungen. Bei kleineren Krankenhäusern und Kliniken lag die Verbreitungsrate deutlich darunter.
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