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Markttrends

Die Nachfrage nach Land-, Lebensmittel- und Baumaschinen zieht nach der Pandemie wieder an. Die mittelfristig hohe Importabhängigkeit bietet deutschen Maschinenlieferanten Chancen.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Verarbeitende Industrie fährt nach Corona langsam wieder hoch

Die Industrieproduktion ging im 1. Quartal 2021 aufgrund der im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,3 Prozent zurück, meldet der Statistikdienst Rosstat. Hauptgrund ist die schwächelnde Öl- und Gasförderung. Die verarbeitende Industrie wuchs im gleichen Zeitraum hingegen um 0,9 Prozent. Hersteller von Kreiselpumpen (19 Prozent), Brückenkränen (18,3 Prozent), Traktoren (18,1 Prozent), Mähdreschern (20,1 Prozent) und Baggern (83,4 Prozent) verzeichneten überdurchschnittliche Wachstumsraten. Die hohen Preise auf Metall drohen den Aufschwung zu verlangsamen. Zudem stockt die Versorgung der Industrie mit Chips und Halbleitern, die beinahe gänzlich importiert werden müssen.

Maschinensparten kommen unterschiedlich dynamisch aus der Pandemie

Die Produktion von Landtechnik erlebt einen beispiellosen Boom in Russland. Im Jahr 2020 stieg die Fertigung von Landmaschinen um 29,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf rund 1,8 Milliarden Euro. Steigende Ernteerträge erhöhen den Bedarf an effizienten Maschinen. Die Regierung hat die Förderprogramme für die Herstellung von Maschinen in der Landwirtschaft verlängert. Bis 2023 stehen für Industriesubventionen und das vergünstigte Leasing von Landmaschinen rund 400 Millionen Euro bereit. Zur Subventionierung des Verkaufspreises (Verordnung Nr. 1432) stehen 2021 etwa 111 Millionen Euro zur Verfügung.

Derzeit werden in Russland hauptsächlich Traktoren mit einer Leistung von mehr als 300 PS hergestellt. Geräte mit geringerer Leistung werden meist importiert. Daher bietet das Industrieministerium den Abschluss eines Sonderinvestitionsvertrags (SPIK 2.0) zur Lokalisierung der Produktion leichter und mittelschwerer Traktoren an. Um die lokale Fertigung leichter Traktoren bewerben sich die „Vereinigte Maschinenbau Gruppe“ (OMG), das Wolschski Kombajnovyj Zavod in Tschuwaschien sowie Case New Holland (CNH). Für mittelschwere Traktoren sind OMG und TPK MTZ-Tatarstan im Rennen. Rostselmasch lokalisiert die Produktion von Traktoren der Marke Bühler.

Russlands Lebensmittelindustrie benötigt moderne Maschinen und Anlagen. Die steigende Produktion von Lebensmitteln und der boomende Onlinehandel kurbeln die Entwicklung an. Aufgrund der Unsicherheit infolge der Pandemie liegt der Fokus vieler Konsumierenden weiterhin auf Waren des täglichen Bedarfs. Dabei legen die Menschen mehr Wert auf Qualität und Sicherheit verpackter Nahrungsmittel.

Im Zuge der Einführung der digitalen Produktkennzeichnung müssen die Unternehmen zur Herstellung von Milch und Milchprodukten, Mineral- und Tafelwasser, sowie Bier und Biermischgetränken ihre Verpackungslinien umrüsten. Russlands größter Milchproduzent, Ekoniva, will seine Verarbeitungskapazitäten bis 2023 auf etwa 2.000 Tonnen pro Tag vervierfachen. Nestle erweitert in der Region Krasnodar für rund 30 Millionen Euro sein Werk zur Herstellung von Instantkaffee.

Baumaschinenhersteller blicken mit gemischten Gefühlen ins Jahr 2021. Experten von SBS Consulting rechnen mit einem Absatzplus von 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Verkäufe stiegen 2020 um 11 Prozent auf rund 515 Millionen Euro meldet der Branchenverband Rosspezmasch. Wichtigster Wachstumstreiber sind die Infrastruktur-Großprojekte im „Plan zum Wiederaufbau der Wirtschaft“, darunter der Bau der Mautautobahn von Moskau nach Jekaterinburg.

Um den Absatz von Straßenbaumaschinen „Made in Russia“ anzukurbeln, stellt die Regierung einheimischen Herstellern 2021 etwa 200 Millionen Euro zur Subventionierung des Verkaufspreises und weitere 167 Millionen Euro für das vergünstigte Leasing von Baumaschinen zur Verfügung. Importeure von Baumaschinen, die derzeit etwa 80 Prozent Marktanteil halten, fürchten durch die geplante Anhebung der Entsorgungsabgabe Preissteigerungen. Die zu erwartenden Absatzeinbußen könnten den gesamten Markt mit nach unten ziehen.

Importabhängigkeit im Maschinenbau bleibt mittelfristig hoch

Deutsche Maschinenlieferanten mussten 2020 Rückgänge verzeichnen. Ausfuhren nach Russland gingen um 1,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf rund 5,3 Milliarden Euro zurück, meldet der Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). Im Jahr 2021 dürfte die Nachfrage nach Maschinen und Anlagen „Made in Germany“ wieder anziehen. Zwar sank der Anteil der Importe in der russischen „Vorzeigesparte“ Landtechnik 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozentpunkte auf rund 42 Prozent. Doch beläuft sich das Defizit bei Traktoren und Mähdreschern auf rund 25 Prozent des vorhandenen Fuhrparks. Einheimische Hersteller können noch nicht alleine die durch ausgemusterte Technik entstandenen Lücken auffüllen.

Deutsche Maschinenbauer zurückhaltend mit Investitionen

Aufgrund der Unsicherheit im Zuge der Coronapandemie und den gegenwärtigen politischen Spannungen investieren deutsche Maschinenbauer derzeit nur auf Sparflamme in Russland. Der deutsche Hersteller von Heiz- und Klimatechnik Viessmann erweitert seine Produktion im Werk im Gebiet Lipezk um Hochdruck-Dampferzeuger. Das deutsch-russische Unternehmen Elektrostar plant den Bau eines Werks zur Herstellung von Filtermaterialien für Staubsauger im Gebiet Kaliningrad. Kärcher hatte im September 2020 mit dem Gouverneur des Gebiets Swerdlowsk über den Bau eines Werks zur Produktion von Industriestaubsaugern verhandelt.

Aktuelle Projekte im russischen Maschinenbau (Investitionen in Millionen Euro)

Projekt / Region

Investitionen

Geplante Inbetriebnahme

Projektbetreiber

Erweiterung und Modernisierung der Produktionsanlagen, Aufbau einer Produktion von Traktoren und Getrieben / Gebiet Rostow

226,6

2023

Rostselmasch

Bau eines Werks zur Produktion von OSB-Platten / Scharja, Gebiet Kostroma

221,7

2023

Swiss Krono Holding AG

Aufbau einer Produktion von Radreifen für Züge / Sonderwirtschaftszone (SWZ) Titanowaja Dolina, Gebiet Swerdlowsk

192,3

2022

OOO Allegro (Joint-Venture von Ewraz und Rail-Service)

Bau zweier Werke zur Herstellung von Kartonagen und Papiersäcken / Gebiet Kaluga

147,4

k.A.

Pulp Mill Holding (österreichisch-deutsche Gruppe)

Bau eines Werks zur Produktion von Birkensperrholz / Gebiet Wologda

133,2

2023

OOO Plitwood (Gruppa kompanij Wologodskije lesopromyschlenniki

Bau einer Papiermaschine / Sokol, Gebiet Wologda

122,0

2023

Segezha Group (gehört AFK Sistema) und Bellmer GmbH

Lokalisierung der Produktion von Hochgeschwindigkeitszügen / Werchnaja Pyschma, Gebiet Swerdlowsk

110

Geplante Fertigstellung: 2024

Russische Eisenbahn (RZD), Siemens Mobility, Sinara, Uralskiye Lokomotivy

Aufbau von CNC-Bearbeitungszentren/Cluster Lipezkmasch, Gebiet Lipezk

102,8

2022

SAO Lipetzkoje Stankostroitelnoje Predprijatije

Bau eines Werks zur Produktion von Papierhygieneartikel / Kaluga

99,8

2022

Hayat Rossija

Aufbau einer Produktion von CNC-Bearbeitungszentren / Region Krasnodar

40,5

2025

Juschni Sawod Tjaschologo Stankostroenia

Produktion von Gasturbinentriebwerken / Rybinsk, gebiet Jaroslawl

22,2

2023-2025

PAO ODK-Saturn (gehört zu Rostech)

Aufbau einer Produktion von Achslagern / Gebiet Saratow

21

Geplante Fertigstellung: 2022

Ewropejskaja Podschipnikowaja Korporacia (EPK)

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest


Maschinenbauer erproben industrielle Anwendung von 3D-Druck

In Russlands Maschinenbau kommen immer häufiger 3D-Druckverfahren zum Einsatz. Der Markt für additive Technologien belief sich 2020 - einschließlich Ausrüstung, Materialien, Dienstleistungen sowie Forschung und Entwicklung - auf etwa 54 Millionen Euro. Rund 80 Prozent des Marktvolumens entfallen auf Ausrüstung, Zusatzausrüstung und Materialien. Der Marktanteil ausländischer Anbieter liegt bei rund 58 Prozent. Rostec möchte bis zu 33,3 Millionen Euro in die Entwicklung additiver Technologien in den Bereichen Motorenbau, Hubschrauberbau und Automobilbau investieren.

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