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Branchen | China | Bauwirtschaft

Markt für Sanitärkeramik entwickelt sich uneinheitlich

Während in China die Nachfrage nach gehobener Badausstattung im Hotelwesen hoch bleibt, drücken Bauentwickler im Wohnungsbau auf die Preise. Der Privatverbrauch steigt vorsichtig.

Von Stefanie Schmitt | Beijing

Gehobene Badausstattungen boomen in China. Wichtigster Impulsgeber sind die zahlreichen Luxushotels und -resorts. Diese erleben nach überwundener Corona-Zwangspause eine Sonderkonjunktur und expandieren. Aufgrund der fehlenden Reisemöglichkeiten ins Ausland reisen Chinesinnen und Chinesen 2020 und 2021 vermehrt im Inland. In der Kategorie der Luxushotels sind geräumige, schicke und mit allen Raffinessen ausgestattete Badezimmer inzwischen ein absolutes Muss. Hinzu kommt oft ein aufwendig gestalteter Spa-Bereich.

Im Wohnungsbau sparen Bauentwickler 

Nur beschränkt interessant ist die Neuausstattung von Wohnungen (etwa drei Viertel des Hochbaugeschehens). Zwar werden jedes Jahr in China Millionen an Quadratmetern Wohnungen fertig errichtet oder neu begonnen, welche dann entsprechend mit Sanitäranlagen und Küchen ausgestattet werden müssen. Doch speziell im Massenmarkt versuchen die Bauentwickler – privater Wohnungsbau bildet in China die große Ausnahme - bei den meisten ihrer Projekte möglichst viele Einsparpotenziale nutzen.

Dies ist eine Folge der exorbitant gestiegenen Landpreise und ihrer zunehmend drückenden Schuldenlast. Die Bauherren – welche die Objekte fast nie selbst nutzen, sondern an Endnutzer oder Investoren weiterverkaufen - greifen dann doch eher auf einfachere Modelle für die Erstausstattung zurück. Eine Ausnahme bildet lediglich die Nische des Luxusvillenbaus. Hier spielt Geld keine Rolle. Im Gegenteil, es kann nicht teuer genug sein.

Entwicklung des Wohnungsbaus in China (in Millionen Quadratmetern; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) *)

Kennziffer

2019

Veränderung

2020

Veränderung

im selben Jahr begonnene Bauprojekte

2.271,5

8,5

2.244,3

-1,2

  Wohngebäude

1.674,6

9,2

1.643,3

-1,9

laufende Bauprojekte

8.938,2

8,7

9.267,6

3,7

  Wohngebäude

6.276,7

10,1

6.555,6

4,4

fertiggestellte Bauprojekte

959,4

2,6

912,2

-4,9

  Wohngebäude

680,1

3,0

659,1

-3,1

*) Laut offiziellen Angaben der Bauentwickler, deren Projekte auf dem freien Markt angeboten werden; Bauleistungen anderer Träger sind nicht enthalten; die Basis der erfassten Unternehmen kann sich im Zeitverlauf ändern.Quelle: CEInet; Berechnungen von Germany Trade & Invest

Produktion von Sanitärkeramik geht zurück

Die abgeflachte Baudynamik spiegelt sich auch in der Produktionsentwicklung bei Sanitärkeramik wider. Gerade zu Beginn des Jahres 2020 hatten viele Projekte eine coronabedingte Zwangspause einlegen müssen. Entsprechend sank die Zahl der fertiggestellten Bauvorhaben über das Gesamtjahr 2020 um 4,9 Prozent. Dies bekamen auch die Sanitärkeramikhersteller zu spüren, die mit geschätzten 203,1 Millionen Stück 7,5 Prozent weniger Einheiten herstellten als im Vorjahr (219,6 Millionen Stück, +10,7 Prozent).

Eher schwierig lief es infolge der Coronakrise 2020 speziell für den Einzelhandel. Zwar liegen keine Informationen für den Detailhandel mit Badausstattungen vor, doch gingen die Einzelhandelsumsätze insgesamt im Jahresvergleich um 3,9 Prozent zurück. Nicht zuletzt deshalb fokussiert der neue 14. Fünfjahresplan (2021 bis 2025) auf der Stützung des Binnenkonsums. Aufgrund der daraus resultierenden Maßnahmen und der insgesamt guten Wachstumserwartungen - für 2021 hat der Internationale Währungsfonds im April gerade erst seine Wachstumsprognose für China auf 8,4 Prozent erhöht – müsste sich die private Nachfrage allerdings langsam wieder erholen.

Privatkonsum mit positiven Perspektiven 

„Ich sehe in der privaten Nachfrage grundsätzlich Potenzial. Aber wir müssen uns ein wenig gedulden. Die Menschen holen sich in den Hotels Ideen und lassen sich für zu Hause inspirieren.“ - Peter Bromberger, Managing Director von Duravit in China

Bereits seit 2005 ist Duravit, Hersteller von Sanitärkeramik, Badmöbel und anderen Einrichtungsgegenständen für das Badezimmer, mit eigener Produktion im südwestchinesischen Chongqing vor Ort präsent. 

Groß im Kommen sind beispielsweise intelligente Toiletten, wie sie in Japan gängig sind. Eine beheizbare Klobrille plus Wasserbrause wünschen sich nicht nur die Angehörigen der Ober-, sondern auch der wachsenden Mittelschicht - angesichts in der Regel kalter, da nicht geheizter Badezimmer ein durchaus verständlicher Wunsch. Bislang liegt der Marktanteil aber trotz zweistelliger Zuwächse weit unter einem Prozent. Insgesamt steigt die Nachfrage nach kreativen, technikaffinen Badlösungen in China.

E-Commerce als zweischneidiger Verkaufskanal

Doch gerade mit Blick auf die technisch anspruchsvolleren Toilettenlösungen ist der auf den ersten Blick attraktive und an Bedeutung gewinnende E-Commerce eher mit Vorsicht zu behandeln. Dies gilt insbesondere dann, wenn Beratung und Installation dem hohen Anspruch der Marke nicht gerecht werden. 

Mit anderen Worten: Es genügt nicht, dass sich ein privater Kunde, der beispielsweise zu Hause sein in die Jahre gekommenes Bad renovieren möchte, die Toilette seiner Träume auf der E-Commerce-Plattform Taobao oder einem anderen Portal bestellt. Die Strom- und Wasseranschlüsse müssen passen und ein fachgerechter Einbau gewährleistet sein, damit der Kunde am Ende nicht frustriert von seiner Neuanschaffung – die auch bei Taobao nicht billig ist – seine negativen Erfahrungen über die sozialen Medien teilt und das Geschäft am Ende nach hinten losgeht.

Branche vor Umstrukturierungsprozess

Duravit setzt deshalb vor allem auf ausgewählte Händler. Weniger als um den Absatz macht sich der Hersteller Sorgen, genügend Arbeitskräfte für die sich ausweitende Produktion zu finden. Generell sind Arbeitsplätze in der Produktion für viele junge Leute nicht mehr attraktiv. Doch gerade „die Keramikherstellung gilt als schmutzig und heiß“, erklärt Kerstin Kuhn, Technische Leiterin bei Duravit in Chongqing. „Heiß sind wir immer noch, aber schmutzig schon lange nicht mehr.“

In der Folge setzt der Hersteller stark auf Automatisierung und den Einsatz von Industrierobotern; hinzu kommt die Ausbildung von Schulabgängern vor Ort. Mit Hochschulabgängern sind die Erfahrungen hingegen oft weniger positiv, weil diese eine Tätigkeit am Schreibtisch vorziehen. Generell befindet sich die Branche am Beginn eines Konsolidierungsprozesses, in dem viele der kleinen Unternehmen, welche die strengeren Umweltauflagen (etwa zur Staubentwicklung) nicht mehr erfüllen können, vom Markt verschwinden werden.

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