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Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Löhne

Mindestlöhne in Indonesien legen 2022 moderat zu

Die Mindestlöhne stiegen oft stärker als das Wirtschaftswachstum. Doch 2022 dürften sie aufgrund der Wirtschaftskrise und einer neuen Berechnungsgrundlage nahezu stagnieren.

Von Frank Malerius | Jakarta

Für viele ausländische Unternehmen ist Indonesien ein Standort für günstige Lohnfertigung. Sie schauen auf das allgemeine Investitionsumfeld, und die Mindestlöhne sind dabei ein wichtiger Faktor. Derzeit soll es nur etwa 70 deutsche Firmen aus dem produzierendem Gewerbe im Land geben. Laut Außenhandelskammer und der Investitionsbehörde BKPM bereiten aber gegenwärtig mehrere eine Produktionsverlagerung aus China vor.

Jedes Jahr legt die Regierung landesweit die Steigerung der monatlichen Mindestlöhne anhand einer festgelegten Formel für Städte und Gemeinden fest ("upah minimum kabupaten/kota: UMK"). Oftmals liegen die Zuwächse deutlich über dem allgemeinen Wirtschaftswachstum, in den vergangenen Jahren betrugen sie mehrfach über 8 Prozent. 

Ende 2021 hat die Regierung die monatlichen Mindestlöhne für 2022 bekannt gegeben (eine reguläre Arbeitswoche hat in der Regel 40 Stunden). Demnach wachsen sie auf Rupiah-Basis durchschnittlich um nur 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Grund dafür ist das geringere Wirtschaftswachstum in der Coronakrise, aber offenbar auch eine veränderte Berechnungsgrundlage als Folge der großen Gesetzesreform ("Omnibus Law on Job Creation"), die den Arbeitsmarkt liberalisieren soll. Neben dem Wirtschaftswachstum sind Inflationsrate, Kaufkraft und Beschäftigungsquote weitere Bestandteile der Berechnung. 

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Noch sind die neuen Mindestlöhne nicht in Stein gemeißelt. Denn die Rechte von Arbeitern sind in Indonesien politisch heikel. Schnell rufen die Gewerkschaften zu Streiks und Demonstrationen auf. Einige Beobachter erwarten deshalb, dass die Regierung die Mindestlöhne für 2022 möglicherweise später noch erhöhen wird.  

Jakarta teuerste Provinz

Die Regierung legt die monatlichen Mindestlöhne für die 34 Provinzen fest ("upah minimum provinsi: UMP"). Doch sie haben praktisch nur wenig Bedeutung, weil die mehr als 500 Städte und Gemeinden ihre jeweils eigenen Mindestlöhne haben. Die Provinzmindestlöhne bilden lediglich eine Untergrenze, die Städte und Gemeinden zwar übernehmen können, aber nicht unterschreiten dürfen. 

Die mit weitem Abstand höchsten Provinzmindestlöhne hat Jakarta mit umgerechnet mehr als 300 US-Dollar. Die niedrigsten sind in West-, Zentral- und Ostjava zu finden. Auf Java leben mehr als 150 Millionen Menschen, das entspricht fast 60 Prozent der Indonesier. Insbesondere dort wird mehr formelle Beschäftigung benötigt.

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Verarbeitende Industrie fast ausschließlich auf Java

Der weitaus größte Teil der verarbeitenden Industrie ist auf Java angesiedelt. Kaum ein ausländisches Unternehmen produziert außerhalb der Hauptinsel. Potenzielle Investoren schauen daher auf die Mindestlöhne in den dortigen 119 Städten und Gemeinden.

Der Großraum Jakarta ist Javas teuerster Produktionsstandort. Dabei wird die Stadt Jakarta sogar noch von den östlichen Gemeinden Bekasi und Karawang übertroffen, wo die indonesische Automobilindustrie beheimatet ist. Ebenfalls hohe Mindestlöhne haben die an Jakarta angrenzenden Tangeran City, Tangeran Selatan und Depok - allesamt Bestandteil des Großraums "Jabodetabek" (Jakarta, Bogor, Depok, Tangeran, Bekasi). Sie verfügen ebenfalls über vergleichsweise viele Industrie- und Dienstleistungsjobs. Selbiges gilt für den Großraum der zweitgrößten Stadt des Landes, dem ostjavanischen Surabaya.

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Die niedrigsten Mindestlöhne finden sich im ländlichen Zentral- und Ostjava, vor allem um Yogyakarta. Diese Regionen sind stark bevölkert, die Konkurrenz um Arbeitsplätze hat dort unter anderem die Textilindustrie angelockt, die im Wettbewerb zu anderen Niedriglohnstandorten in Asien steht.

Gesamtwirtschaftlich haben die Mindestlöhne aber nur eine begrenzte Aussagekraft über den Wohlstand einer Region. Denn mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer ist im informellen Sektor tätig. Und auch in formellen Beschäftigungsverhältnissen können Mindestlöhne leicht umgangen werden, etwa über Leiharbeit. In der Praxis müssen vor allem ausländische Firmen und Staatsbetriebe tatsächlich Mindestlöhne zahlen. Da ein erheblicher Teil der anderen Unternehmen das nicht unbedingt tun muss, liegen vielerorts die Durchschnittslöhne in etwa auf dem Niveau des jeweiligen Mindestlohns.

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