Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Recht kompakt | Polen | Steuerrecht bei Entsendung

Steuerrecht bei Entsendung eines Mitarbeiters

Was Sie steuerrechtlich zu beachten haben bei Entsendung eines Mitarbeiters oder auch grenzüberschreitender Dienstleistungserbringung erfahren Sie hier.

Von Marcelina Nowak, Roland Fedorczyk | Bonn

Besteuerung des entsandten Mitarbeiters

Grundsätzlich steht das Besteuerungsrecht dem Staat zu, in dem die Tätigkeit verrichtet wird. Durch bestimmte nationale Regelungen kann aber gleichzeitig auch das Besteuerungsrecht Deutschlands gegeben sein. Für die Mitarbeiterentsendung bedeutet das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), dass eine eventuelle doppelte Besteuerung der Einkünfte vermieden werden kann.

Von dem Grundsatz der Besteuerung im Tätigkeitsstaat macht das deutsch-polnische Doppelbesteuerungsabkommen insoweit eine Ausnahme, als die Einkommensteuerpflicht nur in Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat des entsandten Mitarbeiters entsteht, wenn:

  • der Entsendete sich in Polen insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums aufhält. Dieser 12-Monats-Zeitraum ist variabel. Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob die 183-Tage-Grenze innerhalb des polnischen Steuerjahres (grundsätzlich das Kalenderjahr; Ausnahmen hiervon sind allerdings möglich) eingehalten worden ist, sondern ob sie innerhalb von 12 Monaten ab dem ersten Tag der Entsendung eingehalten wurde.
  • die Vergütung von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber, der nicht in Polen ansässig ist, gezahlt wird. Maßgeblich ist hier der wirtschaftliche Arbeitgeberbegriff. Nach diesem Begriff gilt als Arbeitgeber derjenige, der tatsächlich die Vergütung für den entsandten Mitarbeiter trägt - unabhängig davon, ob jemand anderes zunächst in Vorleistung tritt.
  • die Vergütung nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen wird, die der Arbeitgeber in Polen hat. Der Begriff der Betriebsstätte umfasst insbesondere einen Ort der Leitung, eine Zweigniederlassung, eine Geschäftsstelle, eine Fabrikationsstätte, eine Werkstätte oder ein Bergwerk, ein Öl- oder Gasvorkommen, einen Steinbruch oder eine andere Stätte der Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Eine Bauausführung ist nur dann eine Betriebsstätte, wenn ihre Dauer zwölf Monate überschreitet.

Mehrwertsteuer

Als Grundregel für die Bestimmung, welche Umsatzsteuer bei grenzüberschreitender Dienstleistungserbringung anzusetzen ist, muss unterschieden werden, ob der (Dienst-) Leistungsempfänger Unternehmer (B2B) oder Nicht-Unternehmer (B2C) ist.

B2B

Im B2B-Bereich gilt der Grundsatz, dass die Umsatzsteuer des Landes zugrunde zu legen ist, die in dem Land gilt, in dem der (Dienst-)Leistungsempfänger seinen Sitz hat. Als Leistungsempfänger ist der Auftraggeber zu erachten. Erbringt beispielsweise ein deutscher Unternehmer für einen polnischen Unternehmer eine Dienstleistung, so ist demnach die polnische Umsatzsteuer anzusetzen.

Die Umsatzsteuer muss auf der Rechnung, die dem polnischen Unternehmer ausgestellt wird, nur dann ausgewiesen werden, wenn der deutsche Unternehmer in Polen nicht umsatzsteuerrechtlich registriert ist beziehungsweise nicht im Besitz der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist und auch das Reverse Charge-Verfahren nicht zur Anwendung kommt.

B2C

Im B2C-Bereich gilt der Grundsatz, dass die Umsatzsteuer des Landes zugrunde zu legen ist, die in dem Land gilt, in dem der Dienstleistungserbringer ansässig ist. Erbringt somit ein deutscher Unternehmer für eine polnische Privatperson eine Dienstleistung, so ist der deutsche Umsatzsteuersatz anzusetzen. 

Elektronische grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung

Bei elektronischer grenzüberschreitender Dienstleistungserbringung richtet sich seit dem 1. Januar 2015 die Besteuerung grundsätzlich nach dem Ort, an dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist. Es spielt somit keine Rolle mehr, ob der Dienstleistungsempfänger Verbraucher ist oder nicht. Das heißt wiederum, dass der deutsche Dienstleistungserbringer den nach polnischem Recht steuerlichen Melde- und Erklärungspflichten nachkommen muss.

Damit der deutsche Dienstleistungserbringer von elektronischen Dienstleistungen sich nicht mit dem polnischen Umsatzsteuerrecht auseinandersetzen muss, wurden diesbezügliche Verfahrenserleichterungen in Form eines sogenannten "Mini-One-Stop-Shops" eingeführt. Der deutsche Dienstleistungserbringer kann dieses Verfahren beim Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) freiwillig beantragen. Die so angemeldeten gewerblichen Dienstleistungserbringer können über das Portal ihre Umsatzsteuererklärungen einreichen, korrigieren und vor allem die in den übrigen Mitgliedstaaten der EU erzielten Umsätze aus der elektronischen Dienstleistungserbringung angeben und die Steuer insgesamt entrichten.

Reverse Charge-Verfahren

Innerhalb der EU besteht der Grundsatz, dass sich bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen die Steuerschuldnerschaft von dem Erbringer auf den Empfänger der Dienstleistung verlagert (reverse charge). Zu beachten ist, dass das Reverse Charge-Verfahren nicht in allen Dienstleistungsbereichen angewendet werden darf, sondern ausschließlich in den gesetzlich bestimmten Fällen. Zu diesen Bereichen zählt in Polen vor allem die Erbringung von Bauleistungen.

In Polen wird das Reverse Charge-Verfahren restriktiv gehandhabt. Seit dem Inkrafttreten des novellierten polnischen Umsatzsteuergesetzes am 1. April 2013 (Ustawa z dnia 11 marca 2004 r. o podatku od towarów i uslug) ist die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft bei Dienstleistungserbringung vor allem nur dann möglich, wenn:

  • der Dienstleistungserbringer in Polen keinen gewöhnlichen (Geschäfts-)Sitz hat und in Polen auch nicht zur Umsatzsteuer angemeldet ist;
  • der Dienstleistungsempfänger umsatzsteuerrechtlich registriert ist oder eine sonstige juristische Person darstellt, die in Polen ihren (Geschäfts-)Sitz hat und sich beim zuständigen polnischen Finanzamt mit seiner europäischen Steueridentifikationsnummer registriert hat.

In Fällen, in denen das Reverse Charge-Verfahren Anwendung findet, ist der Dienstleistungserbringer dazu gehalten auf der Rechnung anzumerken, dass die Steuerschuld umgekehrt worden ist ("odwrotne obciazenie"). Die Rechnung wird somit lediglich den Netto-Wert auszuweisen haben.


Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.