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Vereinigtes Königreich: Arbeitsrecht

Die einschlägigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen können je nach Rechtsanwendungsgebiet (England und Wales, Schottland, Nordirland) variieren. Wichtig ist der jeweilige Arbeitsort.

Von Nadine Bauer, Dr. Achim Kampf | Bonn

Die Rechtsgrundlage des Arbeitsrechts ist eine Vielzahl von Gesetzen und Rechtsvorschriften, wie der Employment Rights Act 1996 und die Working Time Regulations 1998. Daneben spielt auch das Common Law (ungeschriebenes, hauptsächlich durch richterliche Entscheidungen entwickeltes Recht) eine wichtige Rolle, auch wenn das Arbeitsrecht eine immer stärkere gesetzliche Regelung erfährt. 

Es wird zwischen drei verschiedenen Status unterschieden:

  • Arbeitnehmer:innen (employees),
  • Arbeiter (workers) und
  • Selbständige (self-employed).

Das englische Arbeitsrecht findet in vollem Umfang lediglich auf die Arbeitnehmer:innen Anwendung, daher ist genau zu prüfen, welchen Status die betreffende Person hat und welche Rechte damit für sie gelten.

Vertragsschluss

Ein Arbeitsvertrag kann mündlich oder schriftlich geschlossen werden, aus Beweisgründen ist die Schriftform jedoch ratsam. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die wesentlichen Vertragsbestimmungen schriftlich in Form eines written statement of particulars festzuhalten und dem Arbeitnehmer bei Beschäftigungsbeginn zur Verfügung zu stellen. Zu den wesentlichen Beschäftigungsbedingungen zählen unter anderem der Name des Arbeitgebers, die Vergütungshöhe bzw. deren Berechnungsmethode sowie Angaben zur Arbeitszeit und zum Urlaubsanspruch. Dieser Anspruch besteht inzwischen nicht mehr nur für employees, sondern auch für workers.

Die Vereinbarung einer Probezeit ist grundsätzlich möglich, gesetzliche Bestimmungen hierzu gibt es keine. In der Regel wird eine Probezeit zwischen drei und sechs Monaten vereinbart, häufig mit Verlängerungsoption.

Auf befristete Arbeitsverhältnisse sind die Vorschriften zum Schutz befristet eingestellter Arbeitnehmer, insbesondere die Fixed-term Employees (Prevention of Less Favourable Treatment) Regulations 2002, anwendbar. Hiernach müssen Arbeitnehmer bei befristeten Arbeitsverhältnissen zu den gleichen Arbeitsbedingungen wie Arbeitnehmer in unbefristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt werden. Nach englischem Recht erwerben Arbeitnehmer ab zwei Jahren Dienstzeit Kündigungsschutz. Da die Nichtverlängerung eines befristeten Vertrages als Kündigung gilt, müssen befristete Verträge ab zwei Jahren Dauer bei Nichtverlängerung ebenso gerechtfertigt werden wie eine Kündigung.

Informationen zum gesetzlichen Mindestlohn sind dem GTAI-Rechtsbericht Mindestlöhne im Vereinigten Königreich zu entnehmen.

Kündigung

Bei der Kündigung von unbefristeten Arbeitsverhältnissen ist die gesetzliche Kündigungsfrist zu beachten. Für den Arbeitgeber richtet sich diese nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers: Die Frist für eine Arbeitgeberkündigung (dismissal) beträgt eine Woche für einen Arbeitnehmer, der mehr als einen Monat, aber weniger als zwei Jahre ununterbrochen beschäftigt ist. Sie erhöht sich bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als zwei Jahren um jeweils eine Woche pro weiterem Beschäftigungsjahr, bis zu einer Maximalfrist von zwölf Wochen. Für eine Arbeitnehmerkündigung (resignation) gilt nach einem Monat Dienstzeit die gesetzliche Kündigungsfrist von einer Woche. Vertraglich können allerdings für beide Parteien längere Kündigungsfristen vereinbart werden. Es ist zu beachten, dass eine Kündigung bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht automatisch unwirksam ist; der Arbeitnehmer hat nämlich die Möglichkeit diesen Vertragsbruch zu akzeptieren. Ihm steht dann ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Vertragsbruchs (wrongful dismissal) zu, der sich in der Regel auf das richtet, was ihm bei Einhaltung der Kündigungsfrist zugestanden hätte.

Alle Arbeitnehmer genießen nach zwei Jahren durchgehender Beschäftigung Kündigungsschutz gemäß Teil X des Employment Rights Act 1996 (Verbot des unfair dismissal). Eine Kündigung ist nur fair, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt. Als potenziell faire Gründe werden unter anderem fehlende Fähigkeit oder Qualifikation, Verhalten oder der Wegfall des Arbeitsplatzes angesehen. Die Beweislast hierfür liegt beim Arbeitgeber. Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, muss dem betreffenden Arbeitnehmer immer eine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden.

Eine Klage wegen unfair dismissal ist innerhalb von drei Monaten ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erheben; bei Diskriminierungsklagen beginnt die dreimonatige Klagefrist mit der diskriminierenden Handlung zu laufen. Vor Klageerhebung muss allerdings zwingend ein Schlichtungsverfahren bei dem Advisory, Conciliation and Arbitration Service (ACAS) durchgeführt werden (early conciliation). Die Frage der Unfairness wirkt sich bezüglich etwaiger Entschädigungsansprüche aus: Der Arbeitnehmer kann im Wege einer solchen Klage Weiterbeschäftigung (Arbeitgeber behandelt den Arbeitnehmer so, als ob es keine Kündigung gegeben hätte; reinstatement), Wiedereinstellung (Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses zu anderen Bedingungen; reengagement) sowie eine Entschädigung (compensation) beantragen. Der britische Kündigungsschutz bietet im Wesentlichen Abfindungsschutz, Bestandsschutz ist hingegen die Ausnahme. In der Regel sprechen die Gerichte bei Unfairness daher eine Entschädigung aus, die sich aus einem Grundanspruch (basic award) und einem Ausgleichsanspruch (compensatory award) zusammensetzt und einer Obergrenze unterliegt. Informationen zur individuellen Berechnung hält die Webseite Citizens Advice bereit. Beruht die Kündigung auf Diskriminierung oder Whistleblowing, ist die Abfindung nicht begrenzt.

Besonderheiten bestehen bei der sogenannten Redundancy, der betriebsbedingten Kündigung. Sie löst einen Entschädigungsanspruch (statutory redundancy pay) des Arbeitnehmers aus. Die Höhe dieser gesetzlichen Abfindung ist abhängig vom Lebensalter, der Dienstzeit sowie dem Gehalt des betreffenden Arbeitnehmers; einen entsprechenden Rechner bietet die britische Regierung online an.

Beim Betriebsübergang sind die Transfer of Undertakings (Protection of Employment) Regulations 2006 (TUPE) zu beachten. Informationen zu TUPE sind auf der Webseite der britischen Regierung abrufbar.

Zusätzliche Informationen hält die GTAI-Publikation Lohn- und Lohnnebenkosten Vereinigtes Königreich bereit.

Besonderheiten

Gemäß dem Modern Slavery Act 2015 müssen Unternehmen auf ihren britischen Internetseiten eine Erklärung darüber abgeben, welche Vorkehrungen sie zur Entdeckung und Bekämpfung "moderner Sklaverei" in ihren Produktionswerkstätten getroffen haben oder treffen werden. Betroffen davon sind auch ausländische Unternehmen, falls sie sich im VK geschäftlich betätigen, Waren- oder Dienstleistungen erbringen und einen jährlichen Mindestumsatz von 36 Millionen Pfund Sterling erreichen. Weitergehende Informationen hält die britische Regierung online bereit.

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