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Wirtschaftsausblick | Sudan

Bürgerkrieg lässt Wirtschaft einbrechen

Kämpfe zwischen der Armee und einer mächtigen Rebellengruppe stürzen das Land noch weiter ins Chaos.

Von Friedrich Henle | Berlin

Top-Thema: Rebellengruppe und Armee kämpfen um Vorherrschaft  

Seit dem 15. April 2023 kämpfen die paramilitärische Gruppe "Rapid Support Forces" (RSF) und die sudanesische Armee um die politische Vorherrschaft im Land. Zuvor hatten die Führer der beiden Fraktionen - Armeechef Abdel Fattah al-Burhan und RSF-Chef Mohammed Hamdan Daglo - noch in einer Übergangsregierung zusammengearbeitet. Bereits im Oktober 2021 hatte das Militär mit einem Putsch die zivilen Mitglieder aus der Übergangsregierung entfernt.

Im November 2023 dauert die militärische Gewalt weiter an. Die USA und Saudi-Arabien haben im selben Monat Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien im saudischen Dschidda vermittelt. Eine Waffenruhe konnte dabei nicht erzielt werden. Jüngste militärische Erfolge der RSF in den Regionen Darfur und Kordofan im Westen des Landes lassen zudem die Befürchtung aufkommen, dass es in Sudan zu einer Spaltung des Landes mit zwei rivalisierenden Machtzentren kommt. Der angekündigte Übergang zu einem demokratischen System ist weiterhin nicht in Sicht.

Die Auswirkungen auf das Land sind verheerend, sowohl humanitär als auch wirtschaftlich. Die Vereinten Nationen schätzen, dass seit Beginn der Kampfhandlungen 4,9 Millionen Menschen ihre Wohnorte verlassen mussten und zu Binnenflüchtlingen wurden. 1,2 Millionen Personen sind aus dem Land geflüchtet. Aufnahmestaaten sind vor allem die Nachbarländer Tschad, Ägypten und Südsudan. Mehr als 10.000 Menschen haben bisher ihr Leben verloren. Etwa 25 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner - mehr als die Hälfte der Bevölkerung - sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Wirtschaftsentwicklung: Negative Vorzeichen seit 2018

Somit sieht auch die kurz- und mittelfristige wirtschaftliche Entwicklung eher düster aus. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird im laufenden Jahr 2023 im zweistelligen Bereich einbrechen. Hinzu kommt, dass die sudanesische Wirtschaft bereits seit 2018 kontinuierlich geschrumpft ist. Die Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet für das kommende Jahr 2024 mit einer BIP-Abnahme um 2,7 Prozent. Etwas optimistischer zeigt sich der Internationale Währungsfonds (IWF), der dem Land ein Miniwachstum von 0,3 Prozent zutraut. 

Voraussagen zur wirtschaftlichen Entwicklung sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. Sie hängen in erster Linie davon ab, wann die Kämpfe enden und sich die politische Lage wieder stabilisiert. So lange jedoch das Militär die Regierung stellt, dürften auch die in den letzten Jahren in Aussicht gestellten Hilfszusagen internationaler Geberinstitutionen weiter auf Eis liegen.

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Investitionen: Ausländische Unternehmen halten sich zurück

Wichtigste Branchen für ein ausländisches Engagement waren bisher die Ölförderung, der Bergbau (vor allem Gold) und die Landwirtschaft. Der Konflikt hat die Landwirtschaft in vielen Teilen des Landes stark beeinträchtigt, was die Ernährungssicherheit der Bevölkerung in den kommenden Monaten zusätzlich gefährdet. Für den Sektor hatten sich Investoren unter anderem aus den Golfstaaten, der Türkei und Ägypten interessiert, um neue Ackerflächen zu entwickeln. Die klimatischen und räumlichen Bedingungen für die Landwirtschaft in Sudan sind prinzipiell gut. Erst ein Fünftel des gesamten Anbaupotenzials ist bisher erschlossen. 

Auch die Ölförderung war in den letzten Jahren durch die instabile politische Lage beeinträchtigt. Neue Konzessionen konnten entgegen der Planungen nicht vergeben werden. In der aktuellen Lage steigt zudem die Gefahr, dass die Kämpfe die Ölinfrastruktur in Mitleidenschaft ziehen. So ist beispielsweise Sudans einzige Raffinerie in Khartum im November 2023 beschädigt worden. Zudem besteht die Gefahr, dass die für den Export des im Nachbarland Südsudan geförderten Öls notwendige Pipeline durch Sudan ausfallen könnte.

Ausländische Unternehmen werden aufgrund der Lage jedoch keine neuen Projekte anstoßen. Da das politische System aktuell kaum funktioniert, werden auch vom Staat in naher Zukunft keine Investitionsimpulse ausgehen. Die Kosten für einen Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur sind bisher nicht seriös zu beziffern.

Außenhandel: Aus- und Einfuhren sinken stark

Der Krieg schlägt sich auch negativ auf den Außenhandel nieder. Die EIU sagt voraus, dass die Exporte im laufenden Jahr um 40 Prozent und die Importe um 35 Prozent einbrechen werden. Port Sudan am Roten Meer ist das wichtigste Ein- und Ausgangstor für den Außenhandel. Bisher blieb der Hafen von den Kämpfen weitestgehend verschont. Die Stadt verfügt aktuell über den einzigen internationalen Flughafen Sudans, der noch in Betrieb ist. Sollte auch der Osten des Landes in die Kämpfe verwickelt werden, würde das den Handel mit dem Ausland noch stärker belasten.  

Das Gros der Ausfuhren geht seit Jahren in die Vereinigten Arabischen Emirate. China bleibt mit Abstand das wichtigste Lieferland. Das Leistungsbilanzdefizit haben bisher in erster Linie China und die Golfstaaten mit Krediten ausgeglichen. 

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Deutsche Perspektive: Handelsvolumen auf niedrigem Niveau

Sudan nimmt als Handelspartner Deutschlands eine eher geringe Rolle ein. Die deutschen Ausfuhren sind aufgrund des Kriegs um mehr als die Hälfte eingebrochen. Sie erreichten laut Statistischem Bundesamt in den ersten drei Quartalen 2023 einen Wert von nur noch 39 Millionen Euro, nach rund 100 Millionen Euro im gleichen Vorjahreszeitraum.

Üblicherweise hat Deutschland einen deutlichen Handelsüberschuss mit Sudan. Im Jahr 2023 wird sich dieser Überschuss aufgrund eines Einmaleffekts in ein Defizit umkehren: Im Januar und Februar 2023 führte Deutschland Erdöl im Wert von etwa 120 Millionen Euro aus Sudan ein.

Traditionell ist Gummi Arabicum das wichtigste sudanesische Importgut für Deutschland. Den aus Akazienbäumen gewonnenen Rohstoff setzt vor allem die Nahrungsmittelindustrie und die Pharmazie ein. Trotz der Lage führten deutsche Importeure von Januar bis September 2023 Gummi Arabicum im Wert von etwa 13 Millionen Euro ein. 

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