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Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Arbeitskräfte sind in Indonesien deutlich günstiger als in Malaysia oder Thailand. Das Bildungs- und Ausbildungsniveau ist aber stark ausbaufähig.

Von Frank Malerius | Jakarta

Ausländische Unternehmen produzieren in Indonesien meist aufgrund der niedrigen Löhne. Denn der Inselstaat bietet ein großes Potenzial an Arbeitskräften: Es gibt knapp 190 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter, und diese Zahl wird bis 2030 auf über 200 Millionen steigen. Gleichzeitig ist das Land ein attraktiver Absatzmarkt. Die Bevölkerung ist konsumfreudig und erlebte bis zur Coronakrise einen 20 Jahre lang ununterbrochenen Wirtschaftsaufschwung.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2022

Bevölkerung (in Mio.)

272,7

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio.)

188,9

Erwerbstätige (in Mio.)

140,1

Erwerbstätige mit regelmäßiger Beschäftigung (in Mio.)

131,1

Arbeitslosenquote, offiziell (in %)

6,5

Analphabetenquote (in %)

4,0

Universitätsabschluss (in % der Erwerbstätigen) 

12,8

Quelle: Nationales Statistikamt BPS

Arbeitskraft ist weitaus günstiger als in Singapur, Malaysia oder Thailand. Allerdings ist sie in vielen Branchen teurer als in klassischen Niedriglohnländern wie Vietnam, Kambodscha oder Bangladesch. Die Lohnunterschiede innerhalb des Inselreiches sind beträchtlich: In der Hauptstadt Jakarta und dem angrenzenden Industriegebiet Karawang liegt der monatliche Mindestlohn bereits bei deutlich über 300 US-Dollar (US$), in vielen ländlichen Regionen hingegen bei wenig mehr als einem Drittel davon.

Für ausländische Unternehmen, vor allem aus dem produzierenden Sektor, war bisher die im regionalen Vergleich strenge Arbeitsgesetzgebung ein Investitionshindernis. Denn die Mindestlöhne stiegen jährlich stark, Kündigungen waren schwierig und Abfindungszahlungen hoch. Die Reform des Arbeitsrechts hat das Umfeld aber deutlich verbessert. Unter anderem sind Kündigungen nun leichter möglich und Abfindungen günstiger. Dennoch sind auch unter den neuen Regeln die Bedingungen weiterhin schwieriger als etwa in Malaysia, Thailand oder Vietnam. 

Unter den Arbeitnehmern herrscht Konkurrenzdruck. Jedes Jahr kommen mehr als 2 Millionen Menschen neu auf den Arbeitsmarkt, von denen nur eine Minderheit eine adäquate Beschäftigung findet. Zwar liegt die offizielle Arbeitslosenquote nur bei etwa 6 Prozent. Doch diese Zahl geht an der Realität vorbei. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind ein großes gesellschaftliches Problem. Mehr als die Hälfte der Arbeitskräfte sind im informellen Sektor tätig. 

Industrieanteil schwindet

Indonesien verfügt in geringerem Umfang als andere Länder der Region über eine exportorientierte Leichtindustrie, die hochwertige Jobs schafft. Der Anteil der verarbeitenden Industrie an der Bruttowertschöpfung ist von 30 Prozent um die Jahrtausendwende mittlerweile auf unter 20 Prozent gefallen. Zwar wächst der Industriesektor, doch mit geringeren Raten als die Gesamtwirtschaft.

Trotz der Fülle an vorhandenen Arbeitskräften ist es für ausländische Unternehmen oftmals schwierig, qualifiziertes Personal zu finden. Denn das Bildungs- und Ausbildungsniveau ist ungenügend. In internationalen Bildungsstudien landet der heimische Nachwuchs stets auf den hinteren Plätzen. Zwar können fast alle Indonesier lesen und schreiben. Allerdings sind laut Weltbank 55 Prozent der 15-Jährigen funktionale Analphabeten.

Der Inselstaat hat kein System der Berufsausbildung. Zwar gibt es berufsvorbereitende Schulen (Sekolah Menangah Kejuruan, SMK). Doch sie fangen oft nur schwächere Schüler auf und sind daher bei Arbeitgebern nicht sehr beliebt. Unter SMK-Absolventen ist die Arbeitslosenquote höher als bei solchen mit anderen Abschlüssen. Ausländische Unternehmen müssen daher die Arbeitnehmer umfassend anlernen.

Wenig Auslandserfahrung

Es gibt zudem vergleichsweise wenige Menschen mit internationaler Lebens- und Arbeitserfahrung. Laut Bildungsministerium studieren etwa 85.000 Indonesier im Ausland. Die Hälfte davon in Australien, China und dem sprachlich und kulturell verwandten Malaysia. Nur rund 25.000 studieren in den USA oder Australien.

In Deutschland gibt es etwa 5.000 indonesische Studenten. Schätzungsweise die Hälfte davon studiert Ingenieurswesen, Mathematik oder Naturwissenschaften. Für sie kann ein Studium an einer kostenfreien deutschen Universität inklusive Lebenshaltungskosten sogar günstiger sein als an einer teuren heimischen Hochschule.

Einfachere Vergabe von Arbeitsvisa für Ausländer

Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Arbeitsalltag hat vielerorts die Verkehrssituation. In den urbanen Zentren herrscht die meiste Zeit des Tages Stau - vor allem zu den Stoßzeiten morgens und abends. Die Zeitspanne für den Weg zur Arbeit ist dadurch unberechenbar. Von Jakartas Außenbezirken bis ins Zentrum kann eine Fahrt mehrere Stunden dauern.

Die Betriebstreue der Arbeitnehmer ist eher gering und die Gehaltshöhe ein wichtiger Faktor bei der Wahl des Arbeitsplatzes. Auch fallen für die überwiegend muslimischen Arbeitnehmer mindestens zwei Gebetszeiten in den Bürotag. Eine Firma muss sich einiges einfallen lassen, um gute Angestellte zu halten – etwa jährliche Einkommenssteigerungen und Boni. In ausländischen Unternehmen mit gut funktionierendem Personalmanagement gibt es aber durchaus Mitarbeiter, die ihrem Arbeitgeber mehr als zehn oder 20 Jahre treu bleiben.

Für ausländische Arbeitnehmer hat die Regierung im Zuge der Reform des Arbeitsrechts die Vergabe für Arbeitsvisa wieder erleichtert. Expats und ihre Sponsoren sind jetzt nur noch verpflichtet, eine Einwanderungsgenehmigung sowie einen vom Justizministerium genehmigten Plan für deren Einsatz (Rancangan Penggunaan Tenaga Kerja Asing,RPTKA) zu beantragen. Die Genehmigungspflicht kann für bestimmte Gruppen sogar ganz entfallen. 

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