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Wirtschaftsausblick | Irland

Irland auch 2024 auf Wachstumskurs

Die EU-Kommission korrigiert ihre Prognose für Irlands Wirtschaftswachstum deutlich herab. Mit der tatsächlichen Wirtschaftsentwicklung hat das wenig zu tun.

Von Marc Lehnfeld | London

Top-Thema: Neuer Staatshaushalt könnte Inflation treiben

Im Oktober des letzten Jahres präsentierte die irische Regierung ihren Haushaltsplan für 2024. Finanzminister Michael McGrath verkündete Ausgaben in Höhe von 12,3 Milliarden Euro, während der Haushalt im Jahr 2023 noch bei 13,6 Milliarden Euro lag.

Der irische Staatshaushalt für 2024 setzt vor allem auf Steuererleichterungen in Höhe von 4 Milliarden Euro und Maßnahmen zur Abmilderung der Inflation. So soll die Bevölkerung in der aktuellen "Cost of Living Crisis" entlastet werden. Zudem erhalten irische Haushalte unter anderem eine Energiepauschale, die Absenkung der Steuersätze auf Energiepreise und ÖPNV-Tickets wird verlängert und Eigenheimbesitzer erhalten angesichts der gestiegenen Immobilienkreditzinsen einen staatlichen Zuschuss. 

Forschende Unternehmen profitieren ebenfalls, da die steuerliche Verrechnung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben (F&E) verbessert wird. Die Beratungsgesellschaft KPMG sieht darin eine neue irische Standortstärke. Die attraktivere Forschungsförderung könnte die Anhebung des Körperschaftsteuersatzes von 12,5 Prozent auf 15 Prozent im Zuge der Einführung einer globalen Mindeststeuer teilweise ausgleichen. Ibec, der größte Wirtschaftsverband des Landes, freut sich auch über die Erleichterungen in Höhe von 250 Millionen Euro für mittelständische Unternehmen. Dazu zählt beispielsweise die Anhebung der Schwelle für die mehrwertsteuerliche Registrierung.

Kritik kommt vom irischen Haushaltsbeirat (Fiscal Advisory Council), der regelmäßig die Haushaltsplanung der Regierung bewertet. Laut Beirat treibe das Budget durch eine überzogene Förderung der irischen Haushalte die Inflation im nächsten Jahr um 0,2 Prozentpunkte, bricht das selbst gesetzte Limit für Ausgabensteigerung und unterschätzt die notwendigen Ausgaben im Gesundheitssektor.

Das Aufsichtsgremium lobt hingegen die Einrichtung des neuen "Future Ireland Fund". Damit schafft die Regierung einen Wohlstandsfonds, der sich aus den hohen staatlichen Einnahmen aus der Unternehmensbesteuerung speist. Jährlich verpflichtet sich die Regierung zu Einzahlungen von 0,8 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Bis 2035 soll der Fonds so etwa 100 Milliarden Euro einnehmen und ab 2040 den Staatshaushalt durch Zuschüsse, zum Beispiel bei Rentenzahlungen oder im Gesundheitssektor, entlasten.

Wirtschaftsentwicklung: Irische Wirtschaftsdynamik legt 2024 zu

Noch zu Jahresbeginn 2023 prognostizierte die EU-Kommission Irland als europäischer Spitzenreiter beim Wirtschaftswachstum. Ende 2023 ist der Optimismus verflogen. Für das Gesamtjahr rechnen die EU-Ökonomen nun mit einer Kontraktion um knapp 1 Prozent. Nur Estland schrumpft im EU-Vergleich stärker. In der jüngsten Prognose des nationalen Forschungsinstituts ESRI sinkt Irlands BIP 2023 gar um 2,7 Prozent.

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Grund für den Rückgang sind die schwer abschätzbaren Transaktionen multinationaler Unternehmen in Irland. Diese Geschäfte können das BIP technisch beeinflussen und zu teils großen Schwankungen führen. Hinzu kommen laut ESRI auch sinkende Bruttoanlageinvestitionen und ein Rückgang im Außenhandel. Beide sind das Opfer steigender Leitzinsen und der schwierigen konjunkturellen Gesamtlage auf wichtigen Absatzmärkten. Irlands Privatkonsum zeigt sich hingegen mit einem Anstieg um 3,2 Prozent im Jahr 2023 robust. Dieser stabilisiert die modifizierte Binnennachfrage, die als aussagekräftigerer Leitindikator für die irische Wirtschaftsentwicklung gilt und 2023 leicht um 0,6 Prozent steigt.

Für das Jahr 2024 prognostiziert ESRI ein Wachstum sowohl beim BIP (2,3 Prozent) als auch bei der modifizierten Binnennachfrage (2 Prozent). Die positive Konjunkturentwicklung steht auf einem breiten Fundament: Der Haupttreiber bleibt der Privatkonsum, der 2024 um 2,5 Prozent steigen soll. Dieser wird begünstigt von einer fallenden Inflationsrate, die nach 6,4 Prozent im Jahr 2023 nur noch 2,9 Prozent im Jahr 2024 betragen dürfte. Niedrig bleibt 2024 auch die Arbeitslosenquote, die laut ESRI leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 4,3 Prozent fallen dürfte. Die modifizierten Bruttoanlageinvestitionen sollen um 1,9 Prozent steigen. 

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Deutsche Perspektive: Stabilisierung des bilateralen Handels 2024 zu erwarten

Der deutsch-irische Außenhandel schwächelt. Die Bundesrepublik könnte im Gesamtjahr 2023 bei den irischen Exporten vom zweit- auf den drittgrößten Zielmarkt abrutschen und von den Briten überholt werden. Bis Oktober 2023 schrumpfte der irische Außenhandel nominal um 4,4 Prozent, mit Deutschland sogar um 18,8 Prozent. Das hängt vor allem mit der schwachen irischen Pharmaproduktion zusammen, deren Produkte rund 70 Prozent der Ausfuhren in die Bundesrepublik ausmachen. Laut dem irischem Industrieverband Ibec hängt das mit dem Peitscheneffekt zusammen: Der Pharmasektor korrigiert nun die in der Coronakrise überschätzte Nachfrage nach Impfstoffen. Auch im Import macht sich das durch einen Rückgang bei den organischen Chemikalien um fast 70 Prozent bemerkbar. 

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Der irische Import aus Deutschland kommt bei einer Bereinigung der volatilen Sondereffekte bei chemischen Erzeugnissen und Flugzeugen auf ein Nominalwachstum von 2,1 Prozent. Die Einfuhr von Pkw als dann wichtigstes Einfuhrgut steigt mit 2,9 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich. Bei den neu registrierten Elektrofahrzeugen ist Volkswagen die am stärksten nachgefragte Marke und der VW ID das beliebteste E-Modell.

Irische Warenimporte aus Deutschland (Januar bis Oktober 2023)
Gütergruppe

Januar bis Oktober 2023 (in Mio. Euro)

Nominale Veränderung ggü. der Vorjahresperiode (in Prozent)

Anteil (in Prozent)

Gesamt

7.234

-14,5

100,0

Gesamt, bereinigt um chemische Erzeugnisse und sonstige Fahrzeuge

4.321

2,1

59,7

Chemische Erzeugnisse, davon 1)

2.294 

-28,5

31,7

  Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse 2)

1.428 

27,5

19,7

Straßenfahrzeuge 3)

964  

2,9

13,3

Industriemaschinen 4)

831

6,3

11,5

Lebensmittel 5)

693

14,9

9,6

Sonstige Transportmittel 6)

619 

-39,1

8,6

1 SITC-Code 5; 2 54; 3 78; 4 71-74; 5 0; 6 78.Quelle: Analyse von Germany Trade & Invest auf der Basis von Daten des irischen Statistikamts 2024

Die Aussichten auf eine Stabilisierung des deutsch-irischen Außenhandels 2024 sind gut, wenn die irische Industrieproduktion sowie die Im- und Exporte insgesamt wieder steigen werden. Die Pkw-Nachfrage profitiert von einer zweijährigen Verlängerung der Elektroautoförderung. Auch der Einzelhandel darf angesichts steigender Reallöhne 2024 mit einem Umsatzwachstum rechnen. Die großen Lebensmittelhändler planen weiterhin Expansionen ihres Filialnetzes, darunter auch die deutschen Discounter Aldi und Lidl. 

Weitere Informationen zu Irland finden Sie auf der GTAI-Länderseite.

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