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Wirtschaftsausblick | Nepal

Nepals Wirtschaft soll wieder stärker wachsen

Um die Konjunktur anzukurbeln, will die nepalesische Regierung die öffentlichen Ausgaben hochfahren. Die Unternehmen halten sich angesichts hoher Zinsen mit Investitionen zurück.

Von Boris Alex | New Delhi

Top-Thema: Das politische Umfeld belastet die Realwirtschaft

Nepal steht vor wachsenden Herausforderungen sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Nach einer Regierungskrise im Frühjahr 2023 führt Premierminister Pushpar Kamal Dahal eine Koalition aus neun Parteien an. Dahal wird sein Amt nur bis Mitte 2025 innehaben. Danach übernehmen die Vorsitzenden der Koalitionspartner "Unified Socialist" und "Nepali Congress" bis zum Ende der Legislaturperiode für jeweils ein Jahr den Regierungsposten. 

Ob das Bündnis angesichts der anhaltenden Rivalität zwischen den Parteien und deren programmatischer Differenzen bis 2027 hält, sehen viele Beobachter kritisch. So schätzt die Economist Intelligence Unit (EIU) das Risiko, dass ein Koalitionspartner der Regierung ihre Unterstützung entzieht, als hoch ein. 

Hohe Zinsen drücken auf die Stimmung in der Industrie

Die politische Lage beeinflusst auch die Wirtschaft. In einer Umfrage des Industrieverbands Nepalese Confederation of Industries bewerteten im September 2023 nur knapp die Hälfte der Unternehmen ihre Geschäftslage als positiv. Etwa 53 Prozent der Befragten haben zurzeit keine Investitionsabsichten. Dies ist vor allem den gestiegenen Finanzierungskosten geschuldet. Die Zentralbank hat zwar im Juli 2023 den Leitzins um 50 Basispunkte auf 6,5 Prozent gesenkt. Die Kreditzinsen für die Unternehmen sind mit durchschnittlich 12,5 Prozent aber weiterhin hoch.

Wirtschaftsentwicklung: Konjunktur soll wieder anlaufen

Nepals Bruttoinlandsprodukt (BIP) verzeichnete im Finanzjahr 2022/2023 (16. Juli bis 15. Juli) ein reales Plus von 1,9 Prozent. In der Vorperiode konnte die Wirtschaft noch um 5,6 Prozent zulegen. Für das Finanzjahr 2023/2024 sind die Prognosen zwar optimistischer. Das von der nepalesischen Regierung anvisierte reale Wachstum von 6 Prozent dürfte aber kaum zu erreichen sein, so die Einschätzung der Analysten. Die Weltbank erwartet ein BIP-Plus von 3,9 Prozent, die Asian Development Bank von 4,3 Prozent. Deutlich zuversichtlicher ist die EIU mit einer Prognose von 5,4 Prozent. Für 2024/2025 erwarten die Experten ein Wachstum von 5 bis 6 Prozent.

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Für eine Konjunkturbelebung spricht vor allem die gelockerte Zinspolitik. Die nepalesische Zentralbank geht davon aus, dass sich die Teuerungsrate im Jahresverlauf 2024 wieder Richtung 6 Prozent bewegt. Das dürfte den privaten Konsumausgaben neuen Auftrieb geben. Im laufenden Finanzjahr sollen diese zwischen 4 und 5 Prozent zulegen. Steigenden Touristenzahlen sowie die höheren Rücküberweisungen von im Ausland arbeitenden Nepalesen werden sich ebenfalls positiv auf die Kauflaune auswirken. Die beiden Posten tragen jeweils etwa 10 Prozent zum BIP bei.

Industrie zeigt erste Zeichen von Erholung

Der Industriesektor könnte laut Weltbank mit 6 Prozent sogar stärker wachsen als die Wirtschaft insgesamt. Im Finanzjahr 2022/2023 legte dieser nur um 0,6 Prozent zu. Das war in erster Linie den gestiegenen Finanzierungskosten und den höheren Preisen für Vorprodukte geschuldet, die auf die Stimmung in der verarbeitenden Industrie und der Bauwirtschaft gedrückt hatten. Der Anstieg bei den Großhandelspreisen lag im Finanzjahr 2022/2023 im Schnitt bei 8,5 Prozent.

Lediglich die Energieerzeugung konnte sich dem negativen Trend mit einem Plus von fast 20 Prozent entziehen. Im Finanzjahr 2023/2024 dürfte die Stromerzeugung aus Wasserkraft erneut kräftig wachsen. Nepal will sich in der Region als Lieferant von grünem Strom etablieren. Dieser soll vor allem nach Indien und Bangladesch fließen.

Regierung stellt mehr Mittel für öffentliche Investitionen bereit

Mit der Konjunkturerholung dürften auch die Bruttoanlageinvestitionen wieder anziehen. Nach einem Rückgang von 11 Prozent in der Vorperiode könnten sie 2023/2024 um bis zu 6 Prozent zulegen, so die Prognose der EIU. Im Privatsektor sorgen vor allem nachgeholte Bauprojekte für Wachstumsimpulse. 

Auch die Regierung will ihre Investitionen wieder hochfahren. Diese gingen 2022/2023 angesichts der angespannten Haushaltslage um ein Fünftel zurück. Im Mittelpunkt stehen die Straßenverkehrsinfrastruktur und der Stromsektor. Nepal produziert zwar mehr Strom als es benötigt, aufgrund des veralteten Übertragungsnetzes kommt es aber selbst in der Hauptstadt Kathmandu immer wieder zu längeren Stromausfällen.

Die Regierung will die Haushaltsmittel für Anlageinvestitionen um fast 30 Prozent steigern. Für öffentliche Bauvorhaben sind in der laufenden Periode 1,5 Milliarden US-Dollar (US$) vorgesehen. Die Staatseinnahmen könnten 2023/2024 angesichts der verbesserten Wachstumsaussichten um ein Fünftel auf knapp 10 Milliarden US$ zulegen. Das Budgetdefizit soll laut Schätzung von EIU mit 6,3 Prozent nur leicht zulegen. Nepals Regierung will das Defizit 2024/2025 auf 5,5 Prozent senken.

Deutsche Perspektive: Infrastrukturprojekte bieten Chancen

Die Konjunkturschwäche hat sich auch auf den Außenhandel ausgewirkt. Die Exporte gingen 2022/2023 im Vergleich zur Vorperiode nominal um 21 Prozent auf umgerechnet 1,2 Milliarden US$ zurück. Auch die Importe sanken im gleichen Zeitraum um 16 Prozent auf 12,3 Milliarden US$.

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Mit einem Anteil am Handelsvolumen von 70 Prozent ist Indien der wichtigste Partner. Von einem ohnehin niedrigen Niveau kommend sind die deutschen Exporte 2022 auf US-Dollar-Basis um 17 Prozent auf 36 Millionen US$ zurückgegangen. Die Importe aus der Bundesrepublik verzeichneten hingegen ein Plus von 23 Prozent auf 41 Millionen US$.

Nepal importiert vor allem Maschinen und Anlagen sowie Mess- und Regeltechnik aus Deutschland. Die angekündigten Investitionen in die Stromerzeugung und Netzinfrastruktur sowie die geplanten Bauvorhaben könnten in diesen Bereichen Geschäftschancen eröffnen.

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