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Special | Ägypten | Produktionsstandorte

Ägypten kann Stärken des Standorts zunehmend ausspielen

Kürzere Lieferkette, günstige Energie- und Arbeitskosten, großes regionales Marktpotenzial und eine klare Industriestrategie: Ägypten rückt als Produktionsstandort in den Fokus.

Von Marcus Knupp | Berlin

Ausländische Direktinvestitionen sind in Ägypten 2024 vorläufigen Angaben zufolge sprunghaft auf 46 Milliarden US-Dollar (US$) gestiegen. Im Jahr 2023 lag der Zufluss noch bei rund 10 Milliarden US$. Das lag zwar vor allem an einem einzelnen Mega-Immobilienprojekt. Daneben gibt es aber eine steigende Zahl von Investitionsvorhaben im Produktionssektor, etwa in Bereichen wie der Textil- oder Automobilindustrie. Bisher stand dabei vor allem der lokale Markt im Mittelpunkt. Mehr und mehr wird Ägypten aber auch als regionaler Player wahrgenommen. Für ausländische Unternehmen ist das Land eher Werkbank als Hightech, aber damit gerade passend dank seines großen Arbeitskräftepotenzials.

Dieser Beitrag ist Teil einer umfassenden Analyse zu neuen Produktionsstandorten. Sie zeigt anhand verschiedener Länderkategorien, warum und wohin sich Fertigungskapazitäten verschieben.

Investitionstrends: Standort für regionale Märkte

Zwar gehen nach wie vor große Teile der ausländischen Investitionen in den Öl- und Gassektor sowie in die Immobilienwirtschaft. Das produzierende Gewerbe findet aber in den letzten Jahren mehr und mehr Aufmerksamkeit. Zum wichtigsten Investor hat sich dabei China entwickelt. Einen wachsenden Anteil haben auch Golfstaaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Saudi-Arabien. Europäische Länder haben ihren Anteil gegenüber den 2000er Jahren in etwa konstant gehalten, während das Engagement der USA gesunken ist, wie Analysen der OECD zeigen.

Viele der jüngeren Greenfield-Investitionen im industriellen Bereich zielen neben der Bedienung des ägyptischen Marktes auf regionale Abnehmer in Afrika und dem Nahen Osten. Mit der Türkei, Saudi-Arabien und den VAE stehen drei regionale Zielländer unter den Top-Fünf ägyptischer Exporte. 

Auch etliche deutsche Unternehmen bedienen regionale Märkte von Ägypten aus. Etwa 300 Firmen verfügen über Niederlassungen am Nil. Oft sind dies Vertriebs-, Ersatzteil- und Wartungszentren wie beispielsweise beim Kompressorenhersteller Bauer oder KSB Pumpen. Andere sind über Joint-Ventures an lokalen Produktionsbetrieben beteiligt, wie die Firma Ruhrpumpen, die vor allem die Öl- und Gasindustrie beliefert. Große Infrastrukturprojekte regen weiteres Engagement an. Maurer aus München plant mit dem ägyptischen Partner Samco den Aufbau eines Produktionszentrums für Komponenten, die im Brücken- und Tunnelbau benötigt werden.

Fokusbranchen: Ägypten vor allem für Elektro- und Textilbranche interessant

Schrittweise erweitert sich auch das Branchenspektrum. Das Unternehmen Elsewedy Electric etwa baut Elektrotechnik. Sie wird benötigt in den neuen Städten und Bauvorhaben, in Infrastrukturprojekten und in der lokalen Industrie. Um auf diesem Markt präsent zu sein, fertigt Siemens seit kurzem Schutzschalter unter der eigenen Marke in Kooperation bei Elsewedy in Ägypten. Darin zeigt sich der Übergang von einem Exportmarkt zu einem Standort, an dem der Absatz im Land oder der Export in Drittmärkte eine lokale Fertigung rechtfertigt.

Dieser Trend zeigt sich derzeit in verschiedenen Branchen. Allen voran in der Textilindustrie, wo vor allem Unternehmen aus der Türkei und aus China Produktionsbetriebe für Bekleidung nach Ägypten verlegen. Die Verfügbarkeit günstiger Arbeitskräfte spielt dabei ebenso eine Rolle wie der Zugang zu wichtigen Absatzmärkten in Europa und Nordamerika. Damit es nicht bei der bloßen Endbearbeitung bleibt, investiert Ägypten parallel in die Modernisierung der Spinnereien und Webereien vor Ort, basierend auf der lokal angebauten Baumwolle. 

Etwas anders sieht es in der Automobilindustrie aus. Hier sind es in erster Linie chinesische Unternehmen, die in der Regel in Kooperation mit einheimischen Partnern zunächst Montagewerke in Ägypten aufbauen, um den lokalen Markt zu bedienen. Die seit 2024 stark zunehmende Zahl solcher Projekte umfasst sowohl benzingetriebene als auch vermehrt Autos mit Elektroantrieb. Perspektivisch kann damit ein neuer regionaler Standort für die Branche entstehen, der vor allem chinesischen Anbietern einen Zugang zum Absatz in den Ländern Afrikas und des Nahen Ostens, aber möglicherweise auch Europas öffnet.

Treiber und Risiken: Investitionen als Mittel gegen externe Schocks

Das Vertrauen in den Standort Ägypten ist durch die im März 2024 erfolgte Freigabe des Wechselkurses des Ägyptischen Pfundes gestiegen. Dies ging zwar mit einer deutlichen Abwertung einher, beendete aber gleichzeitig das Nebeneinander von offiziellem und inoffiziellem Kurs. Der Wechselkurs ist seither mit kleineren Schwankungen stabil. Ein großer Teil der bestehenden Ausstände konnte beglichen werden.

Nicht garantiert ist jedoch, dass der Geldzufluss aus dem Ausland auch in den kommenden Jahren im gleichen Maße bestehen bleibt. Denn das Land ist weiterhin von externen Entwicklungen abhängig. Das hat sich 2024 einmal mehr deutlich gezeigt, als die wichtigen Einnahmen aus dem Suezkanal infolge des Gazakriegs einbrachen.

Umso wichtiger ist es daher, dass Ägypten die eigenen Einnahmequellen vergrößert. Exporte haben derzeit einen Wert von circa 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Wichtige Exportprodukte sind Öl und Gas sowie landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Obst und Gemüse. Unter den industriellen Produkten dominieren Textilien und Bekleidung, Eisen und Stahl sowie Düngemittel.

Der Ausbau zusätzlicher exportorientierter Industriebranchen würde das Spektrum wesentlich erweitern. Die wirtschaftliche Strategie der ägyptischen Regierung für die Jahre 2024 bis 2030 sieht vor, den Anteil der Industrie am BIP von derzeit 14,6 Prozent bis 2030 auf 20 Prozent zu erhöhen. Vorrangige Zielbranchen sind neben der Textilindustrie und der Petrochemie die Bereiche Landwirtschaft und Nahrungsmittel, Arzneimittel und Kosmetik, Baumaterialien sowie die Automobil- und Elektroindustrie.

Innovationskraft ist noch gering

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung liegen in Ägypten einer Untersuchung der OECD von 2021 zufolge mit 0,7 Prozent des BIP auf einem ähnlichen Niveau wie in Marokko, etwas niedriger als in Südafrika (0,8 Prozent), aber nur bei einem Drittel des OECD-Durschnitts von 2,4 Prozent. Auffällig ist, dass private Unternehmen daran einen sehr geringen Anteil von 3,9 Prozent haben. In Marokko waren dies 29,9 Prozent, in Südafrika 41,5 Prozent und im Durchschnitt der OECD-Länder 62,9 Prozent.

Ägypten sticht also bisher nicht als Innovationstreiber hervor. Das könnte sich in Zukunft ändern. Denn zusammen mit Südafrika, Nigeria und Kenia gehört Ägypten zu den wichtigen Hubs für Start-ups auf dem afrikanischen Kontinent. Nach dem Partech Africa Tech Venture Capital Report erhielt Ägypten 2024 insgesamt 297 Millionen US$ Risikokapital. Diese verteilten sich auf 89 Einzelgeschäfte. Das waren 48 Prozent mehr als im Vorjahr, was die Autoren als Zeichen der dynamischen Entwicklung interpretieren.

Kontaktadressen
InstitutionAnmerkung
AHK ÄgyptenAnlaufstelle für deutsche Unternehmen
Invest in EgyptAgentur für Investitionsförderung
Investitionsgarantien des BundesInstrument zur Absicherung von Auslandsinvestitionen

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