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Wirtschaftsausblick | Äthiopien

Äthiopiens Wirtschaft steht vor spannenden Zeiten

Tragen die Reformen der Regierung Früchte? Was passiert im Vorfeld der Wahl 2026? Unternehmen blicken auf eine ungewisse Zeit. Die Hoffnung auf besseres Geschäft bleibt.

Von Carsten Ehlers | Nairobi

Top-Thema: Öffnung eigener Vertriebsniederlassung möglich

Die äthiopische Regierung öffnet und liberalisiert die Wirtschaft. Für Firmen, die mit ihren Produkten auf den großen Markt kommen möchten, ist die Öffnung des Handels für Ausländer eine wichtige Neuerung. Die Ende Mai 2025 veröffentlichte Direktive lautet auf den langen Namen "Ethiopian Investment Board Directive to Regulate Foreign Investors‘ Participation in Restricted Export, Import, Wholesale and Retail Trade Investments". 

Ausländische Unternehmen können nun eigene Vertriebsniederlassungen öffnen. Erstmals können auch internationale Supermarktketten auf den Einzelhandelsmarkt treten. Bislang wurden Importlizenzen nur an Äthiopier vergeben. Daher benötigten zum Beispiel deutsche Zulieferer in der Regel einen äthiopischen Partner. Ausgenommen waren beispielsweise größere Anlagen, die direkt vom Kunden in Deutschland bestellt wurden. 

Die Rahmenbedingungen für den Handel verbessern sich also. Auch wenn mehrere in Äthiopien aktive Unternehmen die Importlizenz beantragt haben, bleiben sie vorsichtig: Die Regeln sind noch frisch. Wie stabil sie sind oder ob sie wieder gekippt oder eingeschränkt werden, ist schwer einzuschätzen. Vorerst jedenfalls kann die Import- beziehungsweise Business-Lizenz bei der Investitionsbehörde Ethiopian Investment Commission (EIC) beantragt werden. 

Wirtschaftsentwicklung: Zwiespältige Situation

Die Lage der äthiopischen Wirtschaft ist Mitte 2025 zwiegespalten. Aus makroökonomischer Sicht sieht Vieles gut aus: Durch die Flexibilisierung des Wechselkurses hat sich die Devisenverfügbarkeit seit Mitte 2024 deutlich verbessert. Und auch die zuvor bei über 30 Prozent liegende Inflation konnte zurückgefahren werden auf ein immer noch hohes Niveau von etwas unter 14 Prozent im Juni 2025.

Gleichwohl fiel der Wert des äthiopischen Birr im Vergleich zum US-Dollar kurz nach der Flexibilisierung um mehr als 100 Prozent. Seit Dezember verliert er nur noch schwach an Wert, aber stetig. Devisen für Importe sind nun zwar da, aber für Äthiopier entsprechend teuer. Und um den Kurs stabil zu halten fährt die äthiopische Zentralbank eine restriktive Geldpolitik. Größere Summen in Birr zu bekommen ist nicht immer leicht.

Hohes Wachstum trotz schwierigen Umfelds für Unternehmen

Die Wachstumsaussichten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sind gut: Für das Jahr 2025 rechnet der Informationsdienstleister Economist Intelligence Unit mit einem Zuwachs um 7,2 Prozent. Besonders gut laufen der Bausektor sowie der Goldbergbau. Ein Rekordpreis von über 3.300 US-Dollar (US$) je Feinunze Gold sorgt dafür, dass Äthiopiens Exporteinnahmen schlagartig nach oben schnellen. Der Goldbergbau erfolgt fast ausschließlich durch Kleinminen.

Unternehmen berichten von schwierigen Bedingungen

Für Unternehmen unterschiedlichster Branchen bleiben die Rahmenbedingungen aber eine Herausforderung. Zum Kursverfall des Birr und der immer noch hohen Inflation gesellt sich ein äthiopischer Staatsapparat, der dringend seine Einnahmen erhöhen muss. Er versucht das vor allem durch neue Steuern. Gerade die in der Hauptstadt Addis Abeba ansässigen Firmen berichten von willkürlichen hohen Steuerforderungen.

Selbst für Landeskenner ist die politische Lage aufgrund fehlender Informationen nicht leicht einzuschätzen. Die Unterstützung für Ministerpräsident Abiy Ahmed lässt scheinbar nach. Aber für die Wahlen im Jahr 2026 kristallisiert sich keine Alternative heraus.

Im mit etwa 23 Millionen Einwohnern zweitgrößten Bundesland Amhara liegt die Wirtschaft aufgrund politischer Instabilität weitgehend brach. Hinzu kommt eine auch in Teilen Tigrays und Oromias verschlechterte Sicherheitslage. Entführungen von Managern sind lukrativ geworden, weshalb Betriebe in diesen Landesteilen teilweise schließen mussten.

Sichtbar ist in Addis Abeba zudem, dass die Volksgruppe der Oromo im Wirtschaftsleben zunehmend dominant auftritt. Von einer "Oromisierung" ist die Rede, was die Gräben zu Amharen und Tigrayern vertiefen dürfte. 

IWF lobt Reformen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt insbesondere die Öffnung der Wirtschaft. Neben der Flexibilisierung des Wechselkurses und der Öffnung des Handels betrifft das die Liberalisierung des Finanzsektors. Dafür erhielt die Zentralbank neue Befugnisse und führte Mitte 2024 Leitzins ("National Bank Rate“) ein, der aktuell 15 Prozent beträgt. 

Ende 2024 wurde dann das Gesetz zur Öffnung des Bankensektors verabschiedet. Ausländische Banken können in Äthiopien nun Filialen und Tochtergesellschaften ohne lokalen Anteil gründen oder Anteile an äthiopischen Banken von bis zu 40 Prozent erwerben. Unter anderem die Kenya Commercial Bank (KCB) will nach Äthiopien kommen. Im Januar 2025 ging die lange geplante Börse Ethiopian Stock Exchange (ESX) an den Start.

GTAI-Informationen zu Äthiopien

Deutsche Perspektive: Es kann nur besser werden

Die deutschen Ausfuhren nach Äthiopien erreichten im Jahr 2024 einen weiteren Tiefpunkt. Der Exportwert lag bei nur noch 134,9 Millionen Euro. Damit liegt Äthiopien deutlich hinter anderen ostafrikanischen Märkten wie Kenia und Tansania. Auch 2025 bleibt das Umfeld für den Handel schwierig. Sollte sich die wirtschaftliche Situation bessern, dürfte das Geschäft mit Äthiopien sprunghaft ansteigen. Auch deshalb verfolgen viele Unternehmen den Markt weiterhin mit großem Interesse.

Für deutsche Unternehmen zählte Äthiopien noch vor einigen Jahren zu den vielversprechendsten Märkten der Region. Angesichts der wachsenden Probleme im Land ist der Ansturm jedoch ausgeblieben. Nur eine geringe Zahl deutscher Unternehmen ist vor Ort präsent. Die meisten Marken lassen sich von lokalen Handelsdistributoren vertreten. Aufgrund der verschlechterten Sicherheitslage verlagerte zuletzt der deutsche Blumenproduzent Selecta seine Produktion im Norden Äthiopiens nach Kenia und Uganda.

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