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Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis
In der algerischen Bauwirtschaft ist die Konkurrenz aus China und der Türkei groß. Eine lokale Präsenz ist für den Geschäftserfolg entscheidend.
Von Verena Matschoß | Tunis
Das größte algerische Bauunternehmen ist die staatliche Cosider Group. Mit mehreren Tochterunternehmen deckt Cosider fast alle Baubereiche ab. Hier lohnt es sich durchaus für deutsche Unternehmen einen Zugang zu suchen. Die Bauwirtschaft in Algerien ist sehr wettbewerbsintensiv. Beim Infrastrukturausbau und bei größeren Projekten, wie der großen Moschee oder dem Flughafen der Hauptstadt, kommen die Auftragnehmer vor allem aus China. Sie können häufig Finanzierungsangebote vorlegen, sind kostengünstig und setzen die Projekte zügig um.
Zwar können deutsche Unternehmen bei solchen Projekten auch als Unterauftragnehmer oder Zulieferer in Frage kommen, meistens bringen die chinesischen Unternehmen aber ihre Technik und Mitarbeiter mit. Im Hochbau kommen die größten Wettbewerber aus der Türkei.
Zu den in Algerien aktiven chinesischen Unternehmen zählen unter anderen China State Construction Engineering Corporation (CSCEC), China Geo-Engineering Company, China Railway Construction Company (CRCC), China Harbour Engineering Company (CHEC), China Civil Engineering Construction Corporation (CCECC) und Sinohydro. Einige türkische Unternehmen konnten in den vergangenen Jahren Projekte an Land ziehen, wie Mapa, Atlas, Alarko oder Ozgun. Aus Ägypten ist Arab Contractors im Wohnungsbau aktiv, aus Südkorea Daewoo, Hyundai und Samsung.
Deutsche Firmen sind vor allem jetzt gefragt
Deutsche Firmen haben in Algerien grundsätzlich einen sehr guten Ruf. Die politischen Unstimmigkeiten mit anderen europäischen Ländern, wie Spanien oder derzeit Frankreich, wirken sich Marktkennern zufolge auch auf die wirtschaftlichen Beziehungen aus. Dies könnte sich für deutsche Hersteller zu einem Vorteil gegenüber der Konkurrenz aus diesen Ländern entwickeln.
Davon kann ein Unternehmen allerdings fast nur profitieren, wenn es eine lokale Präsenz in Algerien hat. Die Politik der Importsubstitution hat dazu geführt, dass reine Importgeschäfte kaum noch möglich sind. Einen klaren Vorteil hat ein Unternehmen gegenüber seiner Konkurrenz, wenn es über ein Servicenetz verfügt und die nötigen Ersatzteile über einen längeren Zeitraum vorhalten kann. Die Entreprise Nationale des Materiels de Travaux Publics (ENMTP), die als Vertriebsgesellschaft die Produkte von Somatel Liebherr anbietet, hat dies erkannt und an vier Standorten in Algerien Servicezentralen aufgebaut. Von Unternehmen wird zudem ein gewisses soziales Engagement erwartet, was Kooperationen mit Universitäten, Schulungsangebote oder die Förderung von Jungunternehmen angeht.
Planungsunsicherheiten bei Projekten teils schwierig
Die wesentlichen Hindernisse für kleinere und mittelständische Unternehmen sind sich ändernde Rahmenbedingungen im Projektverlauf, nachträgliche Änderungen von vertraglichen Vereinbarungen, langwierige Zoll- und Genehmigungsprozesse und die generelle Intransparenz bei der Auftragsvergabe. Grundsätzlich legt die algerische Regierung, die der wichtigste Auftraggeber im Bausektor ist, Wert auf lokale Wertschöpfung.
Öffentliche Ausschreibungen werden in Zeitungen oder auf speziellen Ausschreibungsseiten veröffentlicht. Um deutschen Unternehmen den Zugang zu Projekten zu erleichtern, hat die AHK Algerien eine Ausschreibungsdatenbank inklusive Ausschreibungsservice ins Leben gerufen.
Die Deutsch-Algerische Industrie- und Handelskammer bietet eine neue Ausschreibungsdatenbank für Algerien an. Die Plattform ist dreisprachig (deutsch, französisch, englisch) und enthält Bau-, Liefer- sowie Dienstleistungsaufträge in unterschiedlichen Branchen.
Bei Bedarf können deutsche Unternehmen von der AHK Algerien weiterführende Unterstützung beim Ausschreibungsprozess erhalten.
Eine langfristige Planung mit zeitlichen und finanziellen Reserven ist entscheidend, um zum Geschäftserfolg zu kommen, genauso wie lokale oder zumindest im Markt erfahrene Partner.