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Interview | ASEAN | Maschinenbau

"Made in Germany steht für Glaubwürdigkeit und Prestige"

VDMA-Expertin Tiffany Ang schildert im Interview die Herausforderungen, die deutschen Maschinenbaufirmen in Südostasien begegnen und wo sich trotzdem Geschäftsmöglichkeiten bieten.

Von Alexander Hirschle | Singapur

Tiffany Ang, Regional Manager ASEAN, VDMA Tiffany Ang, Regional Manager ASEAN, VDMA | © Sarah Kastner Fotografie

Tiffany Ang ist seit Januar 2025 Regionalmanagerin für die ASEAN-Region beim Verband für Maschinen- und Anlagenbau VDMA und entwickelt die Dienstleistungen und Angebote des Verbands in Südostasien weiter. Sie erklärt, dass es sich lohnt, auf die Unterschiede der einzelnen Märkte einzugehen und warum essen zum Geschäftserfolg beiträgt.

Warum gehen deutsche Maschinenbauer nach ASEAN?

Die Region wächst, verfügt über zahlreiche Freihandelsabkommen und sie ist ein attraktiver Diversifizierungsstandort. Internationale Firmen sind zunehmend in ASEAN, um dort "local for local" zu produzieren – das heißt günstiger und schneller, weil sie besser auf lokale Lieferanten in der Region zugreifen können. Und die Maschinen werden an die Bedürfnisse der lokalen Kunden angepasst, obwohl die Hauptkomponenten meist aus Deutschland kommen.

Mit welchen Herausforderungen sind diese Firmen in der Region konfrontiert?

ASEAN ist eine kulturell, regulatorisch und wirtschaftlich sehr diverse Region. Man kann die verschiedenen Länder nicht über einen Kamm scheren. Statt einer "one-size-fits-all"-Lösung braucht es zum Teil unterschiedliche, an die jeweiligen Rahmenbedingungen angepasste Verkaufsstrategien. Den Verantwortlichen hier fällt es manchmal schwer, den Mutterhäusern in Deutschland diese Betrachtungsweise zu vermitteln – denn ASEAN oder sogar ganz Asien werden dort häufig als homogener Markt gesehen. 

Außerdem haben viele Hersteller 2025 aufgrund globaler Entwicklungen wie der US-Zollpolitik mit einer sinkenden Nachfrage in ASEAN zu kämpfen. Gleichzeitig nimmt die Konkurrenz aus China stark zu. Nach Aussagen unserer Mitglieder werden chinesische Maschinen für ein Drittel oder sogar ein Fünftel des Preises von Maschinen aus deutscher Herstellung angeboten.

"Deutsche Firmen sind bei Wartung und Service häufig besser aufgestellt als die Konkurrenz."

Mit welchen Argumenten können deutsche Firmen ihre hochpreisigen Maschinen trotzdem verkaufen?

Sie können weiter mit den klassischen Eigenschaften deutscher Maschinen überzeugen, wie Zuverlässigkeit, Qualität und lange Haltbarkeit. Das zieht vor allem, wenn Sicherheit im Einsatzbereich wichtig ist, etwa bei Fahrstühlen, im Gerüstbau, in der Robotik und Automation oder im Gesundheitsbereich. Außerdem sind deutsche Firmen bei Wartung und Service häufig besser aufgestellt als die Konkurrenz.

Ist das Gütesiegel "made in Germany" noch relevant?

Ich würde sagen ja. Man merkt das daran, dass Firmen aus Deutschland es bei Messen häufig bevorzugen, einen Auftritt mit den deutschen Gemeinschaftsständen zu haben. Denn "made in Germany" steht noch immer für Glaubwürdigkeit und Prestige – und gerade Letzteres spielt in Asien eine große Rolle.

In welchen ASEAN-Ländern sehen Sie das größte Potenzial für deutsche Maschinenbauer?

Wir sehen derzeit gute Perspektiven in Indonesien und Vietnam. Dort bestehen vor allem Chancen in den Segmenten Textil- und Nahrungsmittelmaschinen, aber auch in der Holzverarbeitung, was besonders auf Vietnam zutrifft. In anderen Ländern gibt es ebenfalls interessante Absatzmöglichkeiten, zum Beispiel für Baumaschinen in den Philippinen oder Halbleiterausrüstungen in Malaysia. Thailand präsentiert sich im Moment zwar nicht so dynamisch, hat aber weiterhin Potenzial, vor allem die Region um Rayong mit ihrer Nähe zu Häfen, Flughäfen und anderen ASEAN-Ländern.

"Wer hier seine Firma einmal aufgesetzt hat, ist in der Regel auch zufrieden."

Und was ist mit Singapur – wie schätzen Sie die Perspektiven an "Ihrem" Standort ein?

Singapur punktet bei deutschen Unternehmen mit seiner strategisch günstigen Lage, exzellenten Erreichbarkeit und Logistikanbindung. Der Standort eignet sich dadurch für regionale Firmenzentralen. Die kulturelle Anpassungsfähigkeit der Beschäftigten, die das Zusammenleben verschiedener Ethnien auf kleinem Raum mit sich bringt, ist dafür auch von Vorteil – ein Aspekt, der oft wenig Beachtung findet.

Aber ist Singapur nicht ein sehr teurer Standort?

Ja, aber wer hier seine Firma einmal aufgesetzt hat, ist in der Regel auch zufrieden. Die Firma ebm‑papst, als weltweit führender Hersteller von Ventilatoren und Motoren, investiert seit 2024 rund 1 Million Euro in den Ausbau und die Umstrukturierung ihrer bisherigen Zentrale für Südostasien. Sie wird künftig die Verantwortung für die gesamte Asien-Pazifik- und Nahostregion übernehmen. Das ist Teil der Firmenstrategie zum "China Decoupling", um ihre globale Präsenz und die Widerstandsfähigkeit der Lieferketten zu stärken.

Ist die an Singapur angrenzende Sonderwirtschaftszone in Johor eine passende Ergänzung?

Sie hat mit Sicherheit Potenzial. Aber der anfängliche Hype nach der Eröffnung im Januar 2025 ist mittlerweile etwas abgeebbt und man wartet auf die konkrete Umsetzung der Planungen. Unsere Mitgliedsfirma Mosca allerdings, ein deutscher Hersteller von Verpackungslösungen, hat seine erweiterte und hochmoderne Produktionsstätte in Johor bereits in Betrieb genommen.

"Lernen Sie die Menschen beim Essen kennen!"

Der VDMA hat seinen ASEAN-Hub im Januar 2025 eröffnet. Wie sieht Ihre Arbeit aus und was bieten Sie Ihren Mitgliedsfirmen an?

Der VDMA hat in den vergangenen Jahren eine starke Zunahme der Nachfrage aus Südostasien konstatiert und will aus diesem Grund die Präsenz in der Region verstärken. Wir wollen die Belange und Herausforderungen unserer Mitgliedsfirmen noch besser verstehen und diese durch Dienstleistungen und Veranstaltungen wie den ASEAN-Summit in Singapur unterstützen. Entsprechende Events wollen wir auch in die anderen Länder bringen, um auf die Potenziale in diesen Märkten aufmerksam zu machen.

Haben Sie abschließend noch einen Tipp für deutsche Firmenvertreter, die hier Geschäfte tätigen wollen?

Für eine technische Branche wie den Maschinenbau klingt das eventuell etwas seltsam – es ist aber trotzdem wichtig, um hier an die Kunden zu kommen: Lernen Sie die Menschen beim Essen kennen! In ganz ASEAN ist es wichtig, vor den harten Verhandlungen zuerst eine Vertrauensbasis mit den potenziellen Geschäftspartnern zu schaffen. Das erreicht man am besten durch eine ausgedehnte und leckere Mahlzeit.

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