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Zwischen Hoffnung und Realität: Australiens Wasserstoffsektor

Australien will ein Global Player in der Wasserstoffproduktion werden. Das Land setzt staatliche Anreize für den Industrieaufbau. Ein reines Exportmodell ist aber unwahrscheinlich.

Von Daniel Lenkeit | Sydney

Australien zählt zu den rohstoffreichsten Ländern der Welt. Wind, Sonne und viel Fläche bieten ideale Voraussetzungen, um erneuerbare Energie in großem Maßstab zu erzeugen. Politische Stabilität und der Wille zur Dekarbonisierung sind weitere Faktoren, die Down Under zu einem potenziellen Schwergewicht im globalen Wasserstoffmarkt machen – zumindest auf dem Papier. 

In der Praxis steckt die Kommerzialisierung von grünem Wasserstoff in Australien noch in den Kinderschuhen. Die meisten Projekte befinden sich in der Planungsphase oder sind Pilotprojekte. Ein wesentlicher Teil des Wasserstoffs wird bislang aus fossilen Quellen erzeugt und versorgt die Düngemittel- und Raffineriewirtschaft. Für deutsche Unternehmen sei es als potenzieller Abnehmer, Maschinen- und Anlagenlieferant oder Technologieanbieter lohnt sich ein genauer Blick auf die Chancen und Grenzen des australischen Markts.

Marktausblick: Selektives Wachstum statt Hype

Nach anfänglich ambitionierten Plänen haben große Unternehmen wie BP, Fortescue Metals, Stanwell und Origin Energy in den vergangenen Jahren Projekte verschoben, verkleinert oder ganz gestoppt. Gründe sind vor allem gestiegene Bau- und Finanzierungskosten sowie fehlende langfristige Abnahmeverträge im Ausland, die für wirtschaftliche Tragfähigkeit sorgen würden.

Auch die Herstellungskosten für grünen Wasserstoff (Levelized Costs of Hydrogen LCOH) sind in Australien gestiegen – entgegen den Erwartungen. Teure Materialien für Elektrolyseure, Arbeitskräftemangel, gestörte Lieferketten und hohe Strompreise aus erneuerbaren Quellen treiben die Kosten nach oben.

Deshalb dürften kurzfristig hauptsächlich Pilotanlagen und kleinere Wasserstoffhubs entstehen. Der Fokus liegt auf lokaler Nutzung und Demonstration von Technologien. Mittelfristig kann es gelingen industrielle Abnehmer aufzubauen beispielsweise für grüne Eisen- und Ammoniakproduktion. Langfristig (ab Mitte 2030er Jahre) ist ein Export von grünem Wasserstoff in nennenswerten Mengen möglich, aber wahrscheinlich nur komplementär zur Nutzung in der heimischen Industrie, nicht als Ersatz dafür.

Staat unterstützt Finanzierung von grünen Wasserstoffprojekten

Australien fördert den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Mit dem Wahlsieg der Labor-Regierung im Mai 2025 bleiben die Rahmenbedingungen für die Wasserstoffproduktion stabil. Die National Hydrogen Strategy von September 2024 ist der Überbau für den möglichst schnellen Aufbau einer wettbewerbsfähigen Wasserstoffindustrie. Diese setzt das Produktionsziel von 15 Millionen Tonnen sauberem Wasserstoff pro Jahr bis 2050, wobei die Exporte ab 2030 bei etwa 200.000 Tonnen pro Jahr liegen sollen.

Unterstützt wird die Strategie durch verschiedene Finanzierungshilfen, unter anderem:

  1. Der "Future Made in Australia Plan" soll den Übergang Australiens zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft beschleunigen. Damit setzt die Regierung gezielte Produktionsanreize. Für die Wasserstoffproduktion wird eine Steuergutschrift von 2 Australischem Dollar (A$, umgerechnet 1,3 US$) pro Kilogramm grünem Wasserstoff zwischen 2027 und 2040 gezahlt, sofern Investitionsentscheidungen bis 2030 finalisiert werden.
  2. Parallel unterstützt das "Hydrogen Headstart Programm" mit insgesamt 4 Milliarden A$ (2,6 Milliarden US$) große Projekte über Produktionsgutschriften. Die ersten geförderten Projekte – etwa Murchison Green Hydrogen (814 Millionen A$) und der Hunter Valley Hydrogen Hub (432 Millionen A$) – markieren einen ersten Schritt in Richtung Industrialisierung.
  3. Zentral ist auch das geplante "Guarantee of Origin (GO) Scheme", das ab Ende 2025 die Emissionsbilanz von Wasserstoff transparent zertifizieren und so internationale Handelsfähigkeit schaffen soll.

Trotz dieser Förderinstrumente ist die wirtschaftliche Basis vieler Projekte unsicher. Verzögerte Ausschreibungen, etwa beim Head Start Programm, sowie Projektrückzüge und hohe Kapitalkosten erschweren den Hochlauf.

Exportambitionen versus Realität

Die australische Politik sieht eine führende Rolle für das Land als zukünftiger Exporteur von grünem Wasserstoff. Die Position Australiens im globalen Kohle-, Eisenerz- und Erdgashandel wirkt das Vorbild. Doch der Export von grünem Wasserstoff oder Ammoniak in großem Stil ist bislang fern von der Realität.

Der Grund dafür ist fehlende Wirtschaftlichkeit. Nicht nur die Herstellungskosten bewegen sich in die falsche Richtung. Auch die Transport- und Konversionskosten für Wasserstoff zum Beispiel in Form von Ammoniak oder flüssig organischen Wasserstoffträgern (LOHC) sind hoch und mindern die Wettbewerbsfähigkeit etwa gegenüber näher an Europa gelegenen Produzenten (Nahost, Nordafrika). Hinzu kommen Unsicherheiten über internationale Zertifizierungsstandards und langfristige Abnahmeverträge. 

Für potenzielle deutsche Abnehmer bedeutet das: 

Australien wird in den 2030er Jahren voraussichtlich noch keinen grünen Wasserstoff in Massen liefern können.

Lokale Wertschöpfung mit grünem Wasserstoff ist realistisch

Statt ausschließlich auf den Wasserstoffexport in Überseemärkte zu setzen, ist das Motto für den Wasserstoffhochlauf immer häufiger: "Produziere ihn dort, wo er gebraucht wird." Das hat zusätzlich das Potenzial, Australiens Industrie zu dekarbonisieren und lokale Wertschöpfung zu fördern insbesondere in der Eisen- und Stahlproduktion. Australien ist der weltweit führende Exporteur von Eisenerz, produziert allerdings selbst wenig Stahl im eigenen Land.

Übersicht relevanter Internetadressen
BezeichnungLink zur Internetseite
Nationale Wasserstoff-Strategie 2024Australia’s National Hydrogen Strategy - DCCEEW
National Hydrogen RoadmapNational Hydrogen Roadmap - CSIRO
Australian Renewable Energy AgencyHydrogen energy - Australian Renewable Energy Agency (ARENA)
Australian Hydrogen CouncilAustralian Hydrogen Council | Conference & Policy information
International Energy AgencyIEA – International Energy Agency
Datentool zur Ermittlung der WasserstoffkostenLevelised Cost of Hydrogen Maps – Data Tools - IEA
Quelle: Recherchen Germany Trade und Invest 2025

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