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Special | Australien | Klimawandel lokal

Bundesstaat Western Australia plant den Kohleausstieg

Das größte isolierte Stromnetz der Welt will bis 2030 weg von der Kohle. Ein Ausbau der Wind- und Solarkraft in Verbindung mit Energiespeichern bietet die Alternative.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Mit Milliardeninvestitionen will der Bundesstaat Western Australia den Ausstieg aus der Kohle schaffen. Der staatliche Energieversorger Synergy plant bis 2030 Ausgaben in Höhe von rund 2,9 Milliarden US-Dollar (US$; 3,8 Milliarden Australische Dollar), um alternative Energiequellen zu erschließen. Dies soll es ermöglichen, die letzten drei noch arbeitenden Kohlekraftwerke bereits bis Ende des laufenden Jahrzehnts stillzulegen.

Als erstes soll im Jahr 2027 das Kohlekraftwerk in der Stadt Collie (340 Megawatt) vom Netz. Zwei Jahre später wird der Betrieb im benachbarten Muja-Kohlekraftwerk (854 Megawatt) enden. Als letztes bliebe noch das private Kohlekraftwerk Bluewaters Power übrig. Die ebenfalls in der Stadt Collie gelegene Anlage wird von den japanischen Unternehmen Sumitomo und Kansai Electric betrieben und verfügt über eine installierte Leistung von 416 Megawatt.

Allerdings verkündete Synergy, den im Jahr 2025 ablaufenden Stromabnahmevertrag mit Bluewaters Power nicht zu verlängern. Damit steht das Kohlekraftwerk ohne den Hauptkunden da. Wie lange die Anlage noch weiter betrieben werden kann, ist daher fraglich.

Schub für Windkraft und Energiespeicher

Teil der angekündigten Investitionsoffensive von Synergy ist ein deutlicher Ausbau der Windkraft um rund 810 Megawatt. Zwar müssen die Pläne noch konkretisiert werden, bereits im Gespräch ist aber die mögliche Erweiterung der zwei bestehenden Windfarmen Warradarge (180 Megawatt) und Albany Grasmere (35,4 Megawatt). Bereits im fortgeschrittenen Planungsstadium befindet sich die King Rocks-Windfarm bei Kondinin. Der Baustart für die Anlage mit einer Leistung von 125 Megawatt könnte im Jahr 2023 erfolgen. Bislang ist Synergy an insgesamt acht Windprojekten beteiligt.

Zusätzlich will Synergy neue Energiespeicherkapazitäten von etwa 4.400 Megawattstunden schaffen. Erste Projekte gibt es für netzgebundene Großbatterien. In der Industriezone Kwinana bei Perth realisiert Synergy bis Ende 2022 bereits das Big Battery Project (100 Megawatt/200 Megawattstunden). Weitere Großbatterien könnten an den Standorten der von Stilllegung betroffenen Kohlekraftwerke in Collie entstehen. Dort verfolgen private Entwickler bereits ähnliche Pläne. So arbeitet Sunshot Energy an einer Machbarkeitsstudie für den Collie Battery and Hydrogen Industrial Hub mit einer Speicherkapazität von bis zu 800 Megawattstunden.

Auch im Bereich der Pumpspeicherkraft will Synergy aktiv werden. Gemeinsam mit der Water Corporation laufen bereits Machbarkeitsplanungen für eine Anlage mit einer Leistung von 400 Megawatt bis 800 Megawatt.

Solarstrom von Hausdächern übernimmt tragende Rolle

Das Stromnetz in Western Australia nimmt eine gewisse Sonderstellung ein. Ein Anschluss an das ausgedehnte Netz der dicht besiedelten Ostküste besteht nicht. Stattdessen ist das South West Interconnected System (SWIS) isoliert und verbindet mit einer Länge von rund 7.800 Kilometern den Großraum Perth mit anderen südwestlich gelegenen Küstenorten wie Geraldton und Albany. Im Osten besteht ein Anschluss bis zur Bergbaustadt Kalgoorlie. Neben dem SWIS gibt es in Western Australia noch eine Reihe weiterer isolierter Kleinnetze, beispielsweise in der Pilbara-Region.

Im Finanzjahr 2021/2022 (Juli bis Juni) lag der Spitzenbedarf im SWIS bei knapp 4.000 Megawatt. Mit einem Marktanteil von etwa 40 Prozent ist Synergy mit Abstand der größte Stromerzeuger. Allerdings verändert sich der Energiemix rasant. In den vergangenen Jahren gab es einen massiven Zubau von Photovoltaik (PV)-Dachanlagen.

Mit rund 2.042 Megawatt machen Solardachanlagen im Jahr 2022 bereits knapp 35 Prozent der im SWIS installierten Gesamtkapazität aus. Rund ein Drittel der Haushalte in Western Australia produziert bereits eigenen Solarstrom auf dem Dach, zugleich wächst der Markt für PV-Anlagen auf Gewerbedächern.

Boom für Solaranlagen und Heimspeicher setzt sich fort

Nach Prognosen des Energiemarktbetreibers Australian Energy Market Operator (AEMO) steht dem Markt für PV-Dachanlagen ein hohes Wachstum bevor. Bis 2030 soll deren im SWIS installierte Gesamtkapazität von 2.042 Megawatt auf rund 4.485 Megawatt ansteigen. Dies entspricht einem jährlichen Zubau von durchschnittlich etwa 250 Megawatt. So entwickeln sich PV-Dachanlagen in Bezug auf die installierte Leistung zum dominierenden Faktor im SWIS.

Die Solarflut führt dazu, dass um die Mittagszeit häufig zu viel Strom produziert wird. Die Stromgroßhandelspreise fallen dadurch tagsüber regelmäßig in den negativen Bereich. Der Betrieb unflexibler Kohlekraftwerke ist in diesem Umfeld nicht mehr wirtschaftlich.

Ein Schwerpunkt der Strategie für den Kohleausstieg liegt deshalb darauf, die bislang unkoordinierte Erzeugung von Solarstrom aus PV-Dachanlagen besser zu steuern. Seit Februar 2022 müssen alle Anlagen mit einer Wechselrichterleistung von bis zu 5 Kilowatt über eine eingebaute Fernsteuerung verfügen. Dadurch kann der Netzbetreiber ein aktives Einspeisemanagement betreiben und Anlagen ein- und abschalten.

Virtual Power Plants und Gemeinschaftsbatterien werden getestet

Aufgrund der hohen Nachfrage für Batterieheimspeicher gelten auch virtuelle Kraftwerke als wichtiger Zukunftsansatz. Im Finanzjahr 2021/2022 waren im SWIS bereits Heimspeicherkapazitäten von rund 126 Megawattstunden installiert. Bis 2030 wird ein Anstieg auf knapp 2.060 Megawattstunden erwartet.

Im Rahmen von Project Symphony investiert Synergy bis Mitte 2023 rund 26 Millionen US$ in die Erprobung einer Virtual Power Plant (VPP). An dem Pilotvorhaben im Stadtteil Harrisdale in Perth nehmen 500 Haushalte und Betriebe teil. Zudem setzt Western Australia auch auf sogenannte Community Batteries. Haushalte mit Solaranlage können in diesen Gemeinschaftsbatterien eigene Speicherkapazitäten auf Abonnementsbasis anmieten. Erste Tests laufen bereits, wobei sich Haushalte eine Kapazität zwischen 6 Kilowatt und 8 Kilowatt sichern können.

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