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Wirtschaftsumfeld
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Wirtschaftsausblick | Australien
Das Bruttoinlandsprodukt könnte 2023 real um 1,9 Prozent wachsen. Die Investitionstätigkeit bleibt hoch, das Konsumklima trübt sich aufgrund steigender Zinsen hingegen ein.
23.12.2022
Von Heiko Stumpf | Sydney
Die Konjunktur in Australien erweist sich in einem schwierigen Weltwirtschaftsklima als außerordentlich resilient. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet für 2023 eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um real 1,9 Prozent. Gegenüber dem BIP-Wachstum von 4,0 Prozent im Jahr 2022 bedeutet dies zwar eine Verlangsamung der Dynamik, im Vergleich zu den Prognosen für die Eurozone oder die Vereinigten Staaten (beide nur 0,5 Prozent) steht Australien aber sehr gut da.
Der Inselkontinent profitiert als großer Exporteur von Rohstoffen wie Erdflüssiggas und Kohle sowie Agrarerzeugnissen von weltweit gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreisen. Dies beschert der Staatskasse sprudelnde Einnahmen. Das im Staatshaushalt für das Finanzjahr 2022/2023 (Juli bis Juni) erwartete Defizit von 1,5 Prozent im Verhältnis zum BIP dürfte nach Meinung von Volkswirten deutlich geringer ausfallen.
Im Jahresdurchschnitt soll die Inflation 2023 laut OECD-Prognose auf 4,5 Prozent abflauen (Schätzung für 2022: 6,5 Prozent) und 2024 bereits wieder in der von der Zentralbank angestrebten Bandbreite von 2 Prozent bis 3 Prozent liegen.
In wirtschaftspolitischer Hinsicht wird die Handschrift der seit Mai 2022 regierenden Labor-Partei erkennbar. Um Haushalte und Unternehmen von den hohen Energiepreisen zu entlasten, wurde im Dezember 2022 ein vorübergehender Preisdeckel für Gas und Kohle verkündet. Dies soll den Anstieg der Gaspreise im Finanzjahr 2023/2024 auf 4 Prozent begrenzen. Zuvor war ein Anstieg von 20 Prozent erwartet worden. Das Plus bei den Strompreisen soll statt 36 Prozent nur 23 Prozent betragen.
Durch eine Arbeitsrechtsreform können ab Juni 2023 wieder Flächentarifverträge abgeschlossen werden. Zudem brachte die Regierung ihr Klimaschutzgesetz durch das Parlament, welches bis 2030 eine Emissionsminderung von 43 Prozent gegenüber 2005 vorsieht.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 1.358 | 1.635 | 4.263 |
BIP pro Kopf (US$) | 52.953 | 63.464 | 51.238 |
Bevölkerung (Mio.) | 25,6 | 25,8 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = ... Australische Dollar ($A)) | 1,448 | 1,331 | - |
Die Unternehmen wollen weiter investieren. Nach Prognosen der National Australia Bank sollen die Bruttoanlageinvestitionen der privaten Wirtschaft im Jahr 2023 real um 1,6 Prozent steigen. Dabei helfen Anreize der Regierung. Noch bis Juni 2023 gilt die im Rahmen der Coronamaßnahmen eingeführte Möglichkeit einer unbegrenzten Sofortabschreibung für bewegliche Anlagegüter.
Zudem bringt die Regierung den mit rund 11 Milliarden US-Dollar (US$) dotierten National Reconstruction Fund zur Förderung des verarbeitenden Gewerbes auf den Weg. Die Fördermittel stehen für den Bau und die Modernisierung von Produktionskapazitäten bereit. Nach Umfragen des nationalen Statistikamtes könnte die Nachfrage nach Maschinen und Ausrüstungen im laufenden Finanzjahr 2022/2023 ein neues Allzeithoch erreichen.
Eine Investitionswelle gibt es im staatlichen Infrastrukturausbau. Die Bundesstaaten betreiben große Ausbauprogramme und wollen in den kommenden vier Jahren Investitionen mit einem Volumen von 192 Milliarden US$ tätigen. Der Großteil fließt in Verkehrsprojekte in den Metropolen Sydney, Melbourne, Brisbane und Perth.
Projektbezeichnung | Investitionssumme1) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
37,9 | in Bau bis 2035 | ||
Queensland SuperGrid (Stromnetzausbau) | 5,4 | in Planung, geplante Inbetriebnahme 2029-2033 | |
20,02) | in Bau bis 2030 | ||
11,9 | in Bau bis 2028 | ||
11,1 | in Bau bis 2027 | ||
Western Harbour Tunnel Sydney | 10,5 | in Bau bis 2027 | |
9,82) | in Bau bis 2029 | ||
8,3 | in Bau bis 2026 | ||
8,3 | in Bau bis 2026 | ||
Snowy Hydro 2.0 Pumpspeicherkraftwerk (2 GW) | 3,8 | in Bau, Fertigstellung verzögert sich bis 2026 |
Aktuelle Ausschreibungen veröffentlicht die australische Bundesregierung auf dem Portal AusTender. Zusätzlich gibt es Portale der Bundesstaaten, wie beispielsweise von New South Wales und Victoria.
Der private Konsum verliert an Schwung. Nach einem starken Anstieg der Verbraucherausgaben von real 7,0 Prozent im Jahr 2022 erwartet die OECD für 2023 lediglich ein Plus von 2,0 Prozent. In den vergangenen Jahren haben viele Haushalte hohe Immobilienkredite aufgenommen und insbesondere steigende Zinsen belasten die verfügbaren Einkommen.
Da eine lange Zinsbindung unüblich ist, machen sich Zinserhöhungen schnell im Geldbeutel bemerkbar. Mittlerweile müssen betroffene Haushalte im Schnitt 42,8 Prozent des Einkommens zur Tilgung der Hypotheken aufwenden.
Zudem müssen die Haushalte im Jahr 2023 mit Reallohnverlusten rechnen. Nach Prognosen der Zentralbank soll der Lohnindex zwar um rund 4 Prozent steigen, damit aber hinter der Inflation zurückbleiben.
Gestützt wird der private Konsum durch die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt. Mit 3,4 Prozent lag die Arbeitslosigkeit im November 2022 auf dem niedrigsten Niveau seit 1974. Gleichzeitig erreichte die Anzahl der Beschäftigten mit 13,6 Millionen ein Rekordniveau. Aufgrund des weit verbreiteten Fachkräftemangels dürfte sich der Arbeitsmarkt auch 2023 in guter Verfassung präsentieren.
Der bilaterale Handel zwischen Deutschland und Australien boomt. Bereits 2021 erreichte das Handelsvolumen ein Rekordhoch von rund 13 Milliarden Euro. Die deutschen Ausfuhren nach Down Under beliefen sich dabei auf einen Wert von 9,9 Milliarden Euro. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 legten die deutschen Exporte nach Australien um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu.
Wegen der stabilen Konjunktur dürfte die Nachfrage nach wichtigen deutschen Ausfuhrgütern wie Maschinen, Kfz oder chemischen Erzeugnissen auch 2023 hoch bleiben. Insbesondere der auf Maschinenlieferungen angewiesene Rohstoffsektor steigert die investiven Ausgaben. Für 2022/2023 wird ein Plus der Bruttoanlageinvestitionen im Rohstoffsektor von nominal 12,2 Prozent erwartet.
Auch in der Landwirtschaft ist die Stimmung gut. Aufgrund guter Witterungsbedingungen werden für 2022/2023 hohe Ernteerträge erwartet, für Weizen wird eine Rekordernte von 36,6 Millionen Tonnen prognostiziert. Die Nachfrage nach Landmaschinen oder Agrarchemikalien bewegt sich auf hohem Niveau.
Die Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien sollen bis Mitte 2023 erfolgreich abgeschlossen werden.
2020 | 2021 | Veränderung | |
---|---|---|---|
Importe | 212,0 | 262,0 | 23,6 |
Exporte | 245,0 | 342,0 | 39,6 |