Special | Belgien | US-Zölle
Belgien: Transitgüter spielen im Export große Rolle
Die von US-Importen abhängige belgische Stahl- und Aluminiumindustrie fürchtet um ihre Wettbewerbsfähigkeit.
26.05.2025
Von Michael Sauermost | Bonn
Bei einem Großteil der belgischen Exporte handelt es sich um Transitwaren, die über die örtlichen Häfen verschifft werden. Im Jahr 2023 lag der Exportanteil von Waren und Dienstleistungen bei rund 84 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Im vergangenen Jahr 2024 waren es vorläufigen Angaben von Eurostat zufolge 81 Prozent.
Im Jahr 2024 exportierte Belgien einen Anteil von 6,7 Prozent der gesamten Warenausfuhren in die USA. Deutschland, Frankreich und die Niederlande waren bedeutendere Abnehmerländer.
Besonderheiten in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA
Generell wirken sich Handelsbeschränkungen und steigende Kosten durch neue US-Wirtschaftsmaßnahmen negativ auf belgische Rohstoffimporte und die davon stark abhängigen Sektoren aus.
- Wichtigstes Exportgut Belgiens sind medizinische und pharmazeutische Produkte. Der Pharmasektor braucht Vorprodukte aus den USA.
- Höhere US-Zölle werden zudem die Preise und somit die Wettbewerbsfähigkeit der belgischen Stahl- und Aluminiumindustrie beeinflussen.
- Insbesondere die chemische Industrie könnte sowohl direkt als auch indirekt von US-Zöllen in Mitleidenschaft gezogen werden.
- In den Sektoren Kfz-Produktion, der bereits länger in einer Absatzkrise steckt, sowie im Maschinenbau sind mögliche direkte und indirekte Auswirkungen bisher schwer abschätzbar, beide benötigen aber Komponenten aus US-Einfuhren.
Von US-Zusatzzöllen bedroht sind zudem belgische Unternehmen, die in den USA in forschungsintensive Produktionsstätten investiert haben, jedoch weiterhin auf Zulieferungen aus dem belgischen Heimatmarkt und aus Europa angewiesen sind.
- Das belgische Chemieunternehmen Solvay beispielsweise hat Produktionsstätten in den USA und investiert in Forschung und Entwicklung. Auch das Pharmaunternehmen UCB hat eine beachtliche Präsenz in den USA, insbesondere in der biopharmazeutischen Forschung. Diese Firmen, die - oft in Zusammenarbeit mit Universitäten und Wissenschaftsclustern - in Forschung und Entwicklung engagiert sind, könnten von einem Handelskrieg betroffen sein, wenn sie wie bisher ihre wissenschaftlichen Instrumente und Apparate aus Europa beziehen wollen.
- Der weltweit größte Brauereikonzern Anheuser-Busch InBev ist mit bedeutenden Investitionen auf dem US-Markt präsent.
- Bekaert, ein belgisches Unternehmen, das sich auf Draht- und Beschichtungstechnologien spezialisiert hat und den lokalen US-Markt beliefert, benötigt qualitativ hochwertige Highend-Produkte aus Europa.
Produkt | Wert |
Medizinische und pharmazeutische Produkte (STIC 54) | 17,6 |
Straßenfahrzeuge (SITC 78) | 1,6 |
Organische chemische Erzeugnisse (SITC 51) | 1,3 |
Maschinen für verschiedene Zwecke z.B. Pumpen, Hebe- und Fördervorrichtungen, Wellen und Kurbeln, Heiz- und Klimageräte (SITC 74) | 1,3 |
Erdöl und Erdölerzeugnisse (SITC 33) | 0,9 |
Herausforderungen und Chancen
Es ist nicht auszuschließen, dass beispielsweise Investitionsgüterimporte aus China zusätzlich auf den belgischen Markt drängen. Diese Entwicklung ist allerdings unwahrscheinlich, wenn sich, wie befürchtet, sowohl belgische Industrieunternehmen als auch internationale Produzenten aus der Region Benelux zurückziehen.
Vertreter aus dem Technologiesektor in Belgien bezeichnen die angekündigten Zölle als „beispiellos“. Die Branche werde dies deutlich spüren, sagte Kevin Verbeelen vom Branchenverband Agoria gegenüber dem belgischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk VRT NWS: „Letztes Jahr haben wir für 5 Milliarden Euro Produkte in die USA exportiert. Bei Inkrafttreten der Zusatzzölle müssten wir mehr als 1 Milliarde Euro an Steuern zahlen, um den gleichen Betrag zu exportieren.“
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