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Branchen | Brasilien | Pharma, Biotechnologie

Rahmenbedingungen

Für das Jahr 2023 werden außergewöhnlich hohe Preissteigerungen erwartet.

Von Gloria Rose | São Paulo

Brasiliens Pharmaindustrie erzielt rund 60 Prozent des Umsatzes im Einzelhandel über Apotheken und den deutlich wachsenden E-Commerce, der heute etwa 8 Prozent des Marktes ausmacht. Etwa ein Viertel der Verkäufe geht auf die Rechnung des öffentlichen Gesundheitswesens Sistéma Único de Saúde (SUS) und die restlichen 15 Prozent an private und gemeinnützige Gesundheitseinrichtungen.

Arzneimittel werden deutlich teurer  

Wie üblich dürfte die Regulierungsbehörde des Pharmamarktes Câmara de Regulação do Mercado de Medicamentos (CMED) zum 01. April 2023 die Preisobergrenzen für Medikamente anheben. CMED stuft Arzneimittel in drei Kategorien ein. Je nach Kategorie bestehen Preisobergrenzen für den Groß- und Einzelhandel (Medicamentos monitorados), nur für den Einzelhandel (Medicamento liberados de fábrica) oder gar keine Preisobergrenzen (Medicamentos liberados). Die Höhe der Anpassung orientiert sich unter anderem an der Steigerung des Verbraucherpreisindex IPCA. In der Coronakrise lagen die Preisanpassungen jedoch deutlich unter den Kostensteigerungen, die die Industrie insbesondere infolge der hohen Importabhängigkeit und der starken Abwertung des brasilianischen Real hinnehmen musste. Dies senkte die Gewinnmargen drastisch ab und führte in einigen Fällen dazu, dass die Industrie die Produktion einstellte. Daraufhin setzte CMED die Preisgrenzen im Jahr 2022 für die betroffenen Medikamente vorübergehend aus. 

In diesem Jahr werden die Arzneimittelpreise nicht nur über die Anpassungen der Preisobergrenzen in die Höhe getrieben. Von 26 Bundesstaaten heben 15 die Umsatzsteuersätze auf Medikamente im Laufe des 1. Halbjahres 2023 deutlich an. Der Bundesstaat São Paulo verschob die Steuererhöhung zweimal - zuletzt auf den 1. März 2023. Durch den Kaskadeneffekt dürfte die Erhöhung der Umsatzsteuer auf Generika von derzeit 12 Prozent auf 13,3 Prozent die Generikapreise in den Apotheken um 3 Prozent bis 5 Prozent steigern, berechnete PróGenéricos. Auch weitere Herstellerverbände sprechen sich gegen die Steuererhöhungen aus.

Vertrieb an das staatliche und private Gesundheitswesen

Für die Ausstattung des öffentlichen Gesundheitssystems Sistema Único de Saúde (SUS) verhandelt der Staat entweder direkt mit den Pharmaherstellern, beispielsweise über die bereits erwähnten Produktionspartnerschaften (PDP), oder erwirbt Arzneimittel über öffentliche Ausschreibungen. Der zentralisierte Medikamenteneinkauf über das Gesundheitsministerium garantiert die höchsten Preisabschläge, funktioniert aber nicht in jedem Falle. Vielfach schreiben auch die Bundesstaaten oder die Gemeinden ihren Medikamentenbedarf aus. 

Brasilien hat kontinentale Ausmaße und ist der weltweit einzige Staat mit über 100 Millionen Einwohnern, der allen Bürgern eine kostenfreie Gesundheitsversorgung bietet. Die Lebensbedingungen in den 5.570 Städte und Gemeinden und auch die Erkrankungen variieren stark. Entsprechend groß ist die Herausforderung eine gleichwertige Versorgung zu bieten.

Im Gegensatz zum Staat kann das parallel existierende private Krankenversicherungssystem keine Verhandlungsmacht beim Arzneimittelkauf geltend machen, da die Versicherer selbst keine Medikamente handeln dürfen. Derzeit sind 50,5 Millionen Brasilianer bei einer der rund 700 Gesellschaften versichert. Direkt bezahlt werden Medikamente nur im Falle einer stationären Behandlung. Apothekenketten gewähren den privat Versicherten Ermäßigungen, die sie mit den Versicherern und der Industrie aushandeln. Dadurch unterscheiden sich die Preise für den Endverbraucher oft immens.

Gesundheitsaufsicht will Warteschlangen abbauen

Brasiliens Gesundheitsaufsicht will die Wartezeiten bei der Marktzulassung von Medikamenten zurückfahren. In der Coronakrise bildeten sich erneut lange Schlangen. Mitte 2022 zählte Anvisa über 500 Anträge - davon wartete etwa die Hälfte bereits mehr als ein Jahr auf die Zulassung. Laut Anvisa-Vorschrift muss der Preis eines Arzneimittels wenigstens 35 Prozent unter dem des Originalpräparats liegen, um als Generikum zugelassen zu werden.

Zuständige nationale Stellen

Rückverfolgbarkeit und Fälschungssicherheit bei Medikamenten

Bis Ende April 2022 sollten eigentlich alle Arzneimittel serialisiert sein und über ein Track-and-Trace-System entlang der gesamten Lieferkette zurückverfolgt werden. Doch das Gesetz 14.338/2022 vom 11. Mai 2022, das digitale Gebrauchsanweisungen einführte, stoppte auch die Einführung des Sistema Nacional de Controle de Medicamentos (SNCM). Die Rückverfolgbarkeit und Fälschungssicherheit bei Medikamenten liegt nun in der Verantwortung der einzelnen Laboratorien.

Die wichtigsten neuen Regelungen zum Arzneimittelmarkt in Brasilien bietet das Pharma Update Brasilien, der kostenlose Newsletterservice der Exportinitiative Gesundheitswirtschaft.

Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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