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Tiefbau: Projekte
Die Investitionen in die Kommunikationsnetze und Strominfrastruktur bleiben hoch. Schienenverkehr sowie Abfall- und Wasserwirtschaft bieten gute Perspektiven.
19.06.2023
Von Gloria Rose | São Paulo
Transport
Straßen
Wenigstens 23 Autobahnstrecken werden in diesem Jahr konzessioniert. Besonders entschlossen treibt der Bundesstaat São Paulo die Vergabe voran. Ende 2022 ersteigerte EcoRodovias ein 600 Kilometer langes Streckennetz im Nordwesten des Staates. Im März 2023 ging der Nordteil des Autobahnrings um São Paulo an den Investmentfonds Via Appia. Darüber hinaus will der Bundesstaat Autobahnen und einen Tunnel an der Nordküste errichten lassen. Aber auch andere Staaten wie zuletzt Pará und in Kürze Minas Gerais bieten Autobahnkonzessionen an. Neben den traditionellen Betreibern wie CCR, EcoRodovias, AB Concessões und Arteris interessieren sich auch lokale Konsortien für die Verträge.
Nach Jahren rückläufiger Staatsausgaben für die Instandhaltung des etwa 50.000 Kilometer langen Straßennetzes ist der Nachholbedarf immens. In den ersten 100 Tagen der Amtszeit Lulas überholte die Behörde DNIT 2.158 Straßenkilometer. Zusammen mit der Weltbank erarbeitet das Transportministerium zurzeit ein Programm, welches die Wartung und den Ausbau von insgesamt 4.550 Kilometer Straßenstrecke in elf Bundesstaaten ermöglichen soll. Investitionen von 840 Millionen US-Dollar (US$) sollen so finanziert und ab 2024 umgesetzt werden.
Schienen
Für einen effizienteren Abtransport von Rohstoffen will Brasilien bis 2035 den Transportanteil der Schiene auf 40 Prozent verdoppeln. Neben den vorzeitigen Konzessionsverlängerungen der traditionellen Betreiber beleben auch neue Investitionsprojekte das Segment. Auf Grundlage des neuen Rechtsrahmens können private Investoren eigene Schienenprojekte vorschlagen und eine Genehmigung beantragen. Über das neue Förderprogramm Pró Trilhos hat die Regulierungsagentur ANTT bereits 39 Projekte mit einer Gesamtstrecke von etwa 12.000 Kilometern und einem Investitionsvolumen von etwa 33 Milliarden US$ genehmigt. Das Bergbauunternehmen Bamin, das bereits die Konzession der 537 Kilometer langen Strecke FIOL I im Staat Bahia ersteigerte, will auch die beiden anderen Teilstücke der Schienenverbindung übernehmen. FIOL II und III sollen in diesem Jahr versteigert werden.
Wasserwege/Seehäfen
Der Außenhandel und der wachsende Seeverkehr stimulieren die Investitionen in Hafenterminals. Über das Programm BR do Mar fördert die Regierung die Küstenschifffahrt. Zu der geplanten Privatisierung des Hafens Santos kommt es wohl nicht mehr. Aber zahlreiche Terminals zum Beispiel an den Häfen Paranaguá, Maceió und Porto Alegre sowie die Zuständigkeit für Fahrrinnen werden konzessioniert. Darüber hinaus genehmigte die Regulierungsbehörde Antaq im Jahr 2022 den Bau von elf privaten Terminals, die Investitionen von 4,8 Milliarden US$ anstoßen. Weitere Projekte im Umfang von 3,3 Milliarden US$ sind in Bearbeitung.
Flughäfen
Im Jahr 2022 wurden drei Konzessionspakete für insgesamt 15 Flughäfen erfolgreich versteigert. Damit wickeln private Betreiber nun über 90 Prozent des Personenflugverkehrs in Brasilien ab. Die Verträge gingen an Aena, XP Investimentos sowie das Konsortium Novo Norte. Die Konzessionäre verpflichteten sich zu Investitionen von 1,4 Milliarden US$. Zu den in Brasilien aktiven Flughafenbetreibern gehören CCR, Socicam, Invepar und XP sowie die internationalen Aena Desarrollo (Spanien), Vinci Airports (Frankreich), Inframerica (Argentinien), Fraport (Deutschland) und Zurich (Schweiz).
Wasser/Abwasser/Abfall
Ein neuer Rechtsrahmen ermöglicht Konzessionen in der Wasserwirtschaft und im Abfallmanagement. Die Bildung regionaler Ausschreibungspakete gilt als besonders wichtige Neuerung, um private Investoren für die Projekte zu gewinnen. Die Verträge der ersten beiden Jahre sichern der Wasserwirtschaft Investitionen von fast 15 Milliarden USD. Aufgrund des kürzlichen Regierungswechsels sind die Erwartungen für 2023 verhalten. Der Verband der privaten Wasserkonzessionäre Abcon erwartet lediglich 14 Konzessionen der Städte und Gemeinden mit einem Investitionsvolumen von 140 Millionen US$. In der Pipeline befinden sich jedoch weitere 23 Initiativen, die Investitionen von 2,7 Milliarden US$ ermöglichen. Sowohl im Bereich Abwasser als auch in der Abfallwirtschaft wachsen die Investitionsanreize zur Energieverwertung.
Energie (Erzeugung, Übertragung, Verteilung)
Investitionen in die Stromerzeugung fließen zunehmend in Solar- und Windenergie. Seit 2017 verdoppelte sich die installierte Nennleistung der Fotovoltaik von Jahr zu Jahr. Mit derzeit 27 Gigawatt ist Solarenergie der zweitwichtigste Energieträger nach der Wasserkraft. Etwa zwei Drittel entfallen auf dezentrale Anlagen. Für 2023 prognostiziert der Branchenverband Absolar einen durchschnittlichen Zuwachs von einem 1 Gigawatt Leistung pro Monat. Windkraft ist mit einer installierten Leistung von 25 Gigawatt der drittwichtigste Energieträger Brasiliens. Bis 2028 sollen weitere 20 Gigawatt ans Netz gehen.
Auch in die Modernisierung der Wasserkraftwerke, Bioenergie, Gaskraftwerke und den Ausbau der Hochspannungsleitungen fließen Gelder. Erforderliche Investitionen in das Verbundnetz sichert die Regulierungsbehörde Aneel über die Konzessionierung von Netzabschnitten. Zudem erneuern die Versorgungskonzerne die Verteilungsnetze.
Kommunikationsnetze
Das Wachstum von Cloud-Diensten stimuliert den Zubau von Rechenzentren. Neben den US-Giganten IBM, Amazon Web Services (AWS) und Microsoft investieren die Investmentgesellschaft Piemonte Holding sowie große Rechenzentrenbetreiber wie Ascenty, Digital Colony, ODATA, Equinix und Scala Data Center. Ascenty betreibt bereits 19 Rechenzentren in Brasilien und wird 2023 weitere Zentren eröffnen.
Seit der Versteigerung der 5G-Frequenzen im November 2021 stiegen die jährlichen Investitionen in die IKT-Netze auf über 7 Milliarden US$ an.
Ausgewählte Großprojekte in Brasilien
Vorhaben | Investitionssumme (in Millionen US$)*) | Projektstand | Projektträger |
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Investitionen in den Personenzugverkehr in São Paulo: Schienenverbindung zwischen São Paulo und Sorocaba, CPTM-Konzessionen und neue U-Bahn-Linien | 13.372 | Planungsstadium | |
Ausbau des 5G-Netzes | 9.050 | Durchführung; Frequenzrechte wurden im November 2021 versteigert | |
Konzessionen für sechs Autobahnstrecken im südlichen Bundesstaat Paraná; Gesamtlänge: 3.361 Kilometer | 8.527 | Frühstadium; die ersten beiden Konzessionen sollen im 2. Halbjahr 2023 versteigert werden | |
Abwasserentsorgung und -aufbereitung im Bundesstaat Rio de Janeiro (4 Konzessionspakete) | 6.666 (der Großteil in den ersten zwölf Jahren der Konzession) | Konzessionen mit einer Laufzeit von 35 Jahren wurden am 30. April 2021 und 29. Dezember 2021 versteigert | Konzessionäre: Konsortium Aegea, Iguá, Águas do Rio und Águas do Brasil |
Bau der Eisenbahnstrecke EF-170 Ferrogrão zwischen Sinop (Mato Grosso) und Miritituba (Pará); Länge: 933 Kilometer | 4.883 | Planungsstadium; Versteigerung der Konzession mit einer Laufzeit von 69 Jahren wird debattiert | |
Bau einer Eisenbahnstrecke und eines Privathafens im Bundesstaat Maranhão | 3.876 | Planungsstadium; Inbetriebnahme 2028 | |
13 Konzessionen zum Ausbau des Stromverbundnetzes (5.291 Kilometer) | 2.965 | 30-jährige Konzessionen versteigert am 30. Juni 2022 | |
Ausbau der Autobahnstrecke Dutra (BR-116/465/101/SP/RJ) zwischen Rio de Janeiro und São Paulo; Länge: 625,8 Kilometer | 2.803 | 30-jährige Konzessionen versteigert am 29. Oktober 2021 | |
Bau der Intercidades-Zugstrecke, die die Städte São Paulo und Campinas verbindet | 2.417 | 30-jährige Konzession; Auktion geplant für den 28. November 2023 | |
Bau der Metrolinie 6 Laranja in São Paulo (15,3 Kilometer) | 1.996 | Neubau soll bis 2025 abgeschlossen werden |
Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".