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Wirtschaftsumfeld | Bulgarien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Bulgariens Arbeitsmarkt offenbart strukturelle Schwächen, und der Mangel an Fachkräften steigt. Unternehmen versuchen, mit Weiterbildungen entgegenzuwirken. 

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Der Arbeitsmarkt in Bulgarien bleibt weiterhin angespannt. Dies liege aber nicht an der höheren Nachfrage der Unternehmen nach Personal, sondern an strukturellen Problemen, berichtet der bulgarische Arbeitgeberverband. "Wir beobachten ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage", teilt die Vorsitzende des Verbandes, Nadia Vasileva, in einer aktuellen Pressemitteilung mit. Es fehle an Fachkräften, die digitale Kompetenzen mitbringen. Gleichzeitig sei gerade in der digitalen Wirtschaft der Bedarf an Personal sehr hoch, heißt es. 

Fachkräfte dringend gesucht

Im Jahr 2023 wird die Arbeitslosenquote voraussichtlich sinken, von 4,8 Prozent auf 4,4 bis 4 Prozent, schätzt die bulgarische Arbeitsvermittlungsagentur. Den größten Bedarf an Fachkräften gibt es im Logistik- und Transportsektor, in der Gastronomie und in der IT-Branche. In der verarbeitenden Industrie planen die meisten Arbeitgeber, ihr Personal zu halten. Firmen bieten dafür Weiterbildungen oder zum Teil höhere Gehälter an.

Laut Agentur fehlen in bulgarischen Unternehmen rund 110.000 Menschen mit berufsvorbereitender Schulausbildung. Weitere 46.000 Menschen mit einem Hochschulabschluss oder einer zertifizierten Ausbildung werden gesucht, etwa Pflegepersonal, ärztliches Fachpersonal oder Lehrkräfte.

Generell sei es laut der bulgarischen Arbeitsvermittlungsagentur für die Unternehmen schwieriger geworden, geeignete Fachkräfte zu finden. Dies liegt daran, dass in Bulgarien die erwerbsfähigen Personen zunehmend älter werden und es gemessen an der Nachfrage noch zu wenige Angebote für Weiterbildung und Ausbildung von Fachkräften gibt. Zudem wandern junge Menschen ins westeuropäische Ausland ab.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2022

Bevölkerung (in Mio.) 1)

6,45

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio.)

3,19

Erwerbstätige (in Mio.)

3,05

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition)

4,3

Analphabetenquote (in %)

1,6

Universitätsabschluss (in %) 2)

22,7

1 Volkszählung vom Oktober 2021; 2 Anteil der Universitätsabsolventen an der Gesamtzahl der AusgebildetenQuelle: Nationales Statistikinstitut (NSI) 2023; The World Factbook CIA 2023

Unternehmen setzen auf Weiterbildung

Gleichzeitig suchen Unternehmer nach hoch qualifizierten Bewerbern. Insbesondere deutsche Unternehmen versuchen das Fachkräfteproblem mit innerbetrieblicher Ausbildung selbst zu lösen. Auch die AHK Bulgarien engagiert sich, Elemente aus dem deutschen dualen Berufsausbildungssystem im Land zu integrieren. Bulgarische Fachkräfte sprechen überwiegend Englisch oder Deutsch. 

Niedrige Lohnkosten sind ein Standortvorteil

Die durchschnittlichen Arbeitskosten betrugen laut Eurostat 2022 etwa 8,2 Euro pro Stunde. Die Erwerbstätigenquote belief sich im 1. Quartal 2023 auf 70,4 Prozent und war laut Nationalem Statistikinstitut (NSI) um 1,6 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Durch die hohe Nachfrage nach Personal erhöhen Unternehmen zum Teil die Gehälter. Rund 65 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten im Dienstleistungssektor und etwa 30 Prozent in der Industrie. Die Lohndynamik ist besonders in den Sektoren stark, in denen Fachkräftemangel herrscht. Das sind die Bereiche Logistik und die Softwareindustrie. Bulgarien hat unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dennoch die niedrigsten Arbeitskosten, was das Land zu einem attraktiven Standort, etwa für Nearshoring, Lohnfertigung oder Outsourcing macht.  Bild vergrößern

Personalsuche online ist kein Problem

Bei der Suche nach Personal greifen die meisten Unternehmen auf Onlineportale zurück. Auch Social-Media-Plattformen spielen eine Rolle bei der Verbreitung der Suchanzeigen, wie etwa in der Tourismusbranche. Im Gastgewerbe schalten viele Betriebe gezielt Anzeigen auf türkischen, ukrainischen oder moldawischen Seiten, unter anderem bei Facebook, berichtet Venelin Tashev, Sprecher des bulgarischen Hotel- und Restaurantverbandes. Je enger der Arbeitsmarkt wird, desto mehr wird es eine Rolle spielen, was die Unternehmen den Bewerbern zu bieten haben.

Neben einem angemessenen Gehalt wird den Arbeitnehmern auch die Flexibilität wichtiger. So hat etwas mehr als die Hälfte der bulgarischen Arbeitgeber vor, Homeoffice weiterhin anzubieten. Dies ergab eine gemeinsame Umfrage des bulgarischen Verbandes für Personalmanagement und der bulgarischen Handelskammer, die landesweit 180 Unternehmen nach deren betrieblichen Organisation befragt haben. 

Vermittlung klappt meist mit Vitamin B

In Bulgarien ist es üblich, Personal über Referenzen oder persönliche Kontakte, über Internetportale und manchmal auch über Arbeitsämter zu suchen. Die Online-Stellenbörsen bieten meist umfangreiche Stellenangebote, aber auch Stellengesuche.

Online-Stellenbörsen bieten meist Annoncen in bulgarischer oder englischer Sprache:

Wenn es um höher qualifizierte Stellenangebote geht, suchen Arbeitgeber auch über das Netzwerk LinkedIn. Es gibt an Universitäten in Sofia (Technische Universität Sofia, Universität für Architektur, Bauingenieurwesen und Geodäsie, Universität für Chemische Technologie und Metallurgie) deutschsprachige Studiengänge. Fünf bulgarisch-deutsche Berufsbildungszentren bieten Qualifizierungsmöglichkeiten für junge Menschen ab 16 Jahren sowie für arbeitslose und beschäftigte Erwachsene auf Basis ihrer Spezialisierung an. Die Berufsbildungszentren besitzen eine Lizenz der Nationalen Agentur für berufliche Aus- und Weiterbildung.

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