Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | China | Quantencomputer

Nicht nur bei KI: China setzt bei Quantencomputern Maßstäbe

China will sich in der Quantentechnologie mit der Entwicklung von Rekordsystemen und Cloud-Quantencomputing für Finanzen und Biotech positionieren. 

Von Robert Herzner | Hongkong

China hat sich in den letzten Jahren als globaler Vorreiter in der Entwicklung von Quantencomputern etabliert. Diese gelten als Zukunftstechnologie für zahlreiche Anwendungen von der Logistik, dem Finanzwesen bis hin zur Verteidigungsindustrie. Laut dem "McKinsey Quantum Technology Monitor" vom Juni 2025 führt China insbesondere bei Patentanmeldungen vor den USA, während bei erteilten Patenten Deutschland vor China liegt. Die Volksrepublik kam 2024 auf 42 Prozent aller wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema und 11 Start-up-Unternehmen - gleich viele wie Deutschland, aber deutlich weniger als die USA (77). Besonders die Provinz Anhui spielt in China eine Schlüsselrolle als Forschungszentrum, während sich Peking für Finanzanwendungen positioniert und in Shanghai die Hardware-Entwicklung stattfindet. 

China führt bei Patentanmeldungen für QuantencomputerAngemeldete und erteilte Patente für Quantencomputer nach Ort des Headquarters, 2000 bis 2024
Land

Patentanmeldungen

Patenterteilungen

China

29.105

5.306

USA

20.202

12.105

Japan

12.025

8.321

Frankreich

7.665

6.851

Deutschland

5.196

8.158

Kanada

2.215

1.207

Südkorea

2.005

1.453

Vereinigtes Königreich

2.000

1.375

Schweiz

1.990

1.664

Niederlande

1.380

1.353

Quelle: McKinsey & Company Juni 2025

Die Provinz Anhui entwickelt sich zum Forschungszentrum

Die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und der Industrie (zum Beispiel gespendete Rechenzeit, welche Freiwillige für wissenschaftliche oder andere Rechenprojekte zur Verfügung stellen) ist ein zentraler Erfolgsfaktor. So hat die University of Science and Technology (USTC) in Hefei, der Hauptstadt der Provinz Anhui, unter anderem einen 105-Qubit-Supraleitungs-Quantencomputer entwickelt. Die Geschwindigkeit des Zuchongzhi-3 übertrifft laut Forbes die Geschwindigkeit der weltweit führenden klassischen Supercomputer um das 10- bis 15-Fache. Dabei hat das Modell das Potenzial, Googles 72-Qubit-Prozessor in bestimmten Aufgaben um sechs Größenordnungen zu übertreffen.

Die USTC ist ein zentraler Akteur in Chinas Quantenstrategie. Neben dem Bau leistungsfähiger Quantencomputer hat sie im März 2025 einen Durchbruch bei der Quanten-Speichertechnologie erzielt: Die Speicherdauer wurde von Mikrosekunden auf Millisekunden erhöht – ein bedeutender Fortschritt gegenüber herkömmlichen Glasfaserlösungen. Das in die USTC integrierte National Quantum Lab in Hefei erhält über den Zeitraum von 2023 bis 2030 15 Milliarden US-Dollar (US$) an staatlichen Fonds für die Entwicklung von Hardware und Software. 

Besonders brisant: Im Jahr 2009 wurde ein hochkarätiges und zuvor durch die EU umfänglich finanziertes Quantenlabor der Universität Heidelberg nach Hefei an die USTC verfrachtet, wie Correctiv und die Deutsche Welle 2023 berichteten.

China Telecom unterstützt kommerzielle Anwendungen 

Auch im Bereich der Ionenfallen-Architektur gab es Fortschritte: Huayi Quantum in Peking entwickelte im März 2025 einen 2D-Ionenwürfel-Array mit über 100 kontrollierbaren Qubits – ein Meilenstein für die zweite Generation von Ionenfallen-Quantencomputern. 

Was sind Qubits?

Qubit ist die gängige Abkürzung für Quantenbit, die grundlegende Informationseinheit eines Quantencomputers. Ein Qubit, hergestellt zum Beispiel aus einem Atom oder Photon, kann aber nicht nur 0 und 1 (wie ein üblicher Computer), sondern gleichzeitig jeden Zustand annehmen, der ein Vektor des Betrags 1 ist, also eine Superposition.

Das ebenfalls in Anhui ansässige Unternehmen QuantumCTK bekam im Januar 2025 Teil der staatlichen China Telecom Quantum Group. Das Unternehmen bietet unter anderem Quantenrechenzeit für Universitäten an, um die Ausbildung im Bereich Quanteninformatik zu fördern.

In Peking ging das Projekt Quantum Financial Cloud Platform an den Start, bei dem die Hauxia-Bank, Beijing Quantum Institute, Huayi Quantum und Bose Quantum zusammenarbeiten. Durch die Bereitstellung von Quantenalgorithmen für Finanzanwendungen soll eine "Open and Practical Platform" entstehen. Diese kombiniert verschiedene Quantenarchitekturen wie Supraleitung und Ionenfallen mit praxisnahen Anwendungen für Banken und Versicherungen.

In Shanghai hat Turing Quantum mit Unterstützung der Jiaotong University und des Wuxi Research Institute of Photonic Chip (CHIPX) eine Pilotlinie für photonische Chips aufgebaut, mit einer Kapazität von 12.000 Wafern. Das Unternehmen nutzt die Technologie der direkten Beschriftung von 3D-Photonik-Chips mit Femtosekundenlasern und die Technologie der Lithium-Niobat-Dünnschicht-Photonik-Chips und hat erfolgreich einen Full-Stack-Photonik-Quantencomputer entwickelt. Diese Chips sollen 2025 in Serie gehen. Sie sind für Anwendungen in Quantenkommunikation, optischem Computing und intelligenten Rechenzentren vorgesehen.

China subventioniert Quantencomputer in Milliardenhöhe

Die chinesische Regierung fördert Quantencomputing im Rahmen der "Future Industry Innovation Tasks 2025". Ziel ist es, eine starke Infrastruktur, Fachkräfte und industrielle Anwendungen zu schaffen. Der "National Venture Capital Guidance Fund" mit einem Gesamtvolumen von 1 Billionen Renminbi Yuan (RMB; umgerechnet rund 139 Milliarden US$) beinhaltet neben der Förderung KI, Halbleiter, Erneuerbaren Energien auch Quantumcomputing, führte Zheng Shanjie, Leiter der National Development and Reform Commission bei einer Presskonferenz am 6. März 2025 aus. Eine exakte Allokation auf Quantumcomputing ist nicht bekannt. Der Fonds, der als öffentlich-private Partnerschaft strukturiert ist, wird einen langfristigen Investitionsansatz verfolgen und höhere Risiken in Kauf nehmen. 

Nach Recherche von Quantum Insider liegen die chinesischen Subventionen über dem internationalen Vergleich. Die US-amerikanische National Quantum Initiative beispielsweise stellte 2018 über einen Zeitraum von fünf Jahren 1,3 Milliarden US$ bereit. Das 2018 ins Leben gerufene europäische Quantum Flagship-Programm hat sich zu einer Investition von 1 Milliarde Euro (1,1 Milliarden US$) über einen Zeitraum von zehn Jahren verpflichtet. Chinas jüngste Maßnahmen deuten darauf hin, dass das Land bereit ist, Investitionen in einer Größenordnung zu tätigen, die das Gleichgewicht der globalen Quanteninnovation verändern könnten. Der Markt für Quantentechnologie in China überschritt im Jahr 2024 bereits die Marke von 89 Milliarden RMB, umgerechnet 12,5 Milliarden US$. 

Mit politischer Unterstützung verfolgt China einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Grundlagenforschung, industrielle Umsetzung und Ausbildung eng verzahnt werden. Mithilfe starker staatlicher Investitionen, führender Universitäten wie der USTC und innovativer Unternehmen will sich das Land als globaler Technologieführer im Quantenbereich positionieren.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.