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Branchen | China | Nahrungsmittel

Chinas Einfuhr von Lebensmitteln erreicht abermaligen Rekord

Der Importbedarf der Volksrepublik wächst stetig, doch der Marktzugang bleibt für Anbieter schwierig. Beijing beschränkt die Nahrungsmitteleinfuhr aus den verschiedensten Gründen.

Von Roland Rohde | Bonn

China steht bei der Nahrungsmittelproduktion vor einem entscheidenden Problem. Zwar ist das Land groß, doch die fruchtbarsten Regionen liegen in Küstennähe und sind stark bevölkert, sodass für die Landwirtschaft nicht allzu viel Platz bleibt. Das riesige Hinterland, in dem die Bevölkerungsdichte gering ausfällt, eignet sich wiederum nur bedingt für die Agrarwirtschaft.

Insbesondere bei Fleisch und Milchprodukten sowie Futtermitteln für die einheimischen Mastbetriebe ist das Reich der Mitte auf Einfuhren angewiesen. Nach Einschätzung von verschiedenen Marktforschungsunternehmen soll der Fleischkonsum in den nächsten Jahren weiter zunehmen, wobei sich das Wachstum gegenüber den vorhergehenden Jahrzehnten abflacht. Der Pro-Kopf-Verbrauch nähert sich dem Niveau von westlichen Industrieländern an.

Chinas Nahrungsmittelbranche hat sich in den Pandemiejahren 2020 bis 2022 als wahrer Krisengewinner entpuppt.

Die Umsätze der Lebensmitteleinzelhändler legten während der Covid-19-Pandemie kräftig zu. Aufgrund von Bewegungseinschränkungen kochte die Bevölkerung mehr zu Hause beziehungsweise deckte sich mit großen Vorräten ein. Teilweise gab es regelrechte Panikkäufe. Sobald sich Gerüchte über einen bevorstehenden Lockdown verbreiteten, stürmten Verbraucher die Supermärkte. Zwar speisten die Menschen deutlich seltener in Restaurants, doch das Take-away-Geschäft konnte das Schlimmste abfedern.

Einzelhandel mit Lebensmitteln verzeichnet satte Umsatzsteigerungen

Laut Angaben des nationalen Statistikamtes stiegen die Einzelhandelsumsätze mit Nahrungsmitteln, Öl und Getreide (ohne Getränke) 2022 gegenüber dem Vorjahr um fast 9 Prozent. Dabei bezieht sich diese Zahl auf in größeren Läden getätigte Käufe. Mit dem Ende der Null-Covid-Politik wird diese Sonderkonjunktur auslaufen. Dennoch dürfte der Markt weiter wachsen, dafür wird alleine schon der zu erwartende Wirtschaftsaufschwung ab dem Frühjahr 2023 sorgen.

Umsatz des chinesischen Einzelhandels und des Cateringsektors im Überblick (nominale Veränderung 2022 gegenüber 2021 in Prozent)

Sparte

Veränderung

Einzelhandel insgesamt, davon

-0,2

  In größeren Geschäften getätigt, davon

1,4

    Nahrungsmittel, Öl, Getreide

8,7

    Getränke

5,3

    Alkoholika und Tabak

2,3

  Online-Handel, davon

6,2

    Lebensmittel

16,1

Cateringsektor

-6,3

Quelle: Nationales Statistikamt 2023

Die Coronapandemie hat insgesamt zu einer spürbaren Änderung der Konsumgewohnheiten geführt. Bis 2019 war es für viele Chinesen üblich, Lebensmittel auf traditionellen Tagesmärkten einzukaufen. Doch die Einhaltung der Hygiene und die Lagerung der Nahrungsmittel auf den Märkten ist fragwürdig. Nicht zuletzt soll das neuartige Coronavirus erstmals auf einem solchen Markt aufgetaucht sein. Daher kaufen Verbraucher seitdem verstärkt in Supermärkten ein. Deren Umsätze stiegen 2022 gegen den Trend um 3 Prozent.

Online-Geschäft wächst weiterhin zweistellig

Außerdem bestellen immer mehr Menschen Lebensmittel im Internet. Die entsprechenden Umsätze legten 2022 gemäß Statistikamt um 16 Prozent zu, während andere Sparten des E-Commerce schwächelten. Zu diesem Erfolg trugen die Anbieter selbst bei, indem sie massiv in ihre Kühlinfrastruktur investierten. Damit konnten sie Kunden einen hohen Grad an Frische garantieren.

Die Brancheneinfuhren haben sich zwischen 2017 und 2022 mehr als verdoppelt.

Auch chinesische Einfuhren von Lebensmitteln nahmen kräftig zu. Laut Angaben der nationalen Zollbehörde stiegen die Importe von Nahrungsmitteln und Getränken 2022 um 5,7 Prozent auf knapp 137 Milliarden US-Dollar (US$). Im Vergleich zu 2017 haben sich die Brancheneinfuhren damit mehr als verdoppelt. Der chinesische Zoll beziffert die Importe von landwirtschaftlichen Erzeugnissen 2022 sogar auf rund 236 Milliarden US$ – ein Plus von gut 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Neben Lebensmitteln und Getränken dürften in dem Wert noch eine Reihe von weiteren Warenkategorien enthalten sein, die die Behörde aber nicht näher erläutert. Ob der Aufwärtstrend 2023 anhält, lässt sich noch nicht sagen. Auf jeden Fall dürfte der Importbedarf sehr hoch bleiben.

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Importiert werden vor allem Fleisch, Gemüse und Obst

Einige Posten sind für einen großen Teil der Brancheneinfuhren verantwortlich. Dabei handelt es sich an erster Stelle um Fleisch und Fleischprodukte, die hauptsächlich aus Brasilien, den USA sowie Australien und Neuseeland stammen. Daneben werden insbesondere Gemüse und Früchte sowie Getreide und entsprechende Produkte zum Verzehr eingeführt. Des Weiteren benötigt das Reich der Mitte Futtermittel für seine Zuchtbetriebe.

Chinas Einfuhr von Nahrungsmitteln und Getränken nach Lieferpositionen (in Milliarden US-Dollar; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)*

SITC-Position

Warenbezeichnung

2020

2021

2022

Veränderung

0, 11

Gesamt, davon

103,4129,2136,5

5,7

01

Fleisch und Fleischprodukte

30,2

31,4

30,9

-1,6

05

Gemüse, Früchte und Zubereitungen

15,7

20,8

22,5

8,2

04

Getreide und Getreideprodukte, Teig- und Backwaren

10,7

21,5

21,0

-2,3

03

Fische, andere Wassertiere und Zubereitungen

12,7

14,1

19,1

35,2

09

Verschiedene Lebensmittel und Zubereitungen

11,3

11,4

12,6

10,7

02

Milch und Milchprodukte, Vogeleier

6,7

9,2

8,9

-2,9

08

Tierfutter (ausgenommen ungemahlenes Getreide)

5,4

7,3

8,5

15,9

11

Getränke

5,0

6,2

5,4

-11,9

06

Zucker, Zuckerwaren, Honig

2,8

3,3

3,8

14,6

07

Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze und Waren daraus

2,3

3,1

2,9

4,8

* Abweichungen durch RundungenQuelle: UN Comtrade; chinesische Zollstatistik 2023

Deutschland ist im Vergleich zu anderen Ländern ein kleiner Lieferant; die größte Lieferposition ist regulär Fleisch. Doch in der Vergangenheit hat China bereits Fleischimporte "Made in Germany" unterbunden, die Einfuhr von Schweinefleisch ist seit dem Aufkommen der Afrikanischen Schweinepest im September 2020 in Brandenburg ausgesetzt. Manchmal steht die Begründung für solch weitreichende Maßnahmen auf wackeligen Füßen. So fanden chinesische Behörden während der Covid-19-Pandemie angeblich Spuren des Coronavirus auf ausländischem Tiefkühlfleisch, das sie für lokale Infektionsfälle verantwortlich machten.

Steigende Risiken, alternative Absatzmärkte

Insgesamt bleibt China für ausländische Anbieter von Nahrungsmitteln ein herausfordernder Markt und das Geschäft risikoreich. Die Einfuhren von Lebensmitteln werden etwa auch aus politischen Gründen beschränkt. Teils sanktioniert die chinesische Regierung betroffene Lieferländer wirtschaftlich für "nicht-konformes" Verhalten. So bekamen beispielsweise australische Hummerfischer und Weinbauern 2021 und 2022 den Zorn Beijings zu spüren, als sich bilaterale Beziehungen auf einem Tiefpunkt befanden. Des Weiteren werden etwa Nahrungsmittel aus Taiwan in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen mit Boykotten belegt.

Da die Abhängigkeit Deutschlands vom chinesischen Absatzmarkt bei Lebensmitteln gering ausfällt, hält sich das Risiko für Anbieter in Grenzen. Wohl können aber einzelne Firmen stark von protektionistischen Maßnahmen betroffen sein. Unternehmen sollten sich daher nach alternativen Absatzmärkten in der Region umschauen. So bieten beispielsweise Südostasien und Indien Potenzial. Dort liegt die Zahl der Bevölkerung insgesamt bei über 2 Milliarden. Das Wirtschaftswachstum in den Ländern der Region lag 2022 deutlich über dem chinesischen Niveau, auch die weiteren Aussichten sind gut.

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