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Branchenbericht | China | Reise- und Transportsektor

Chinas Grenzöffnung bringt zunächst wenig

Geschäftsreisen sind wieder möglich und die Lieferketten entspannen sich. Dennoch erholt sich die Reise- und Transportbranche nur langsam von drei Jahren Null-Covid-Politik.

Von Roland Rohde | Bonn

Mit dem Ende der Null-Covid-Politik wird Reisen innerhalb Chinas viel einfacher. Zudem hat das Land seine Grenzen geöffnet. Nach fast drei Jahren ist die Einreise ohne Quarantäne möglich. Außerdem stellen die Behörden für die eigene Bevölkerung wieder Pässe aus und fahren die Visavergabe für Ausländer hoch. Doch wird noch einige Zeit verstreichen, bis der Transport- und Tourismussektor zum Vorpandemieniveau zurückkehrt. So rauscht im Winter 2022/23 eine riesige Coronawelle durchs Land, es ist mit mindestens einer Million Todesfällen zu rechnen.

Wer krank ist, bleibt in der Regel zu Hause und begibt sich nicht auf eine Urlaubsreise. Während der Jahreswende 2022/23 erreichte nach Angaben des Ministeriums für Kultur und Tourismus die Anzahl der Inlandsreisen lediglich 43 Prozent des Niveaus vom Vorpandemie-Jahr 2019. Gemessen an den Ausgaben lag die Quote sogar nur bei 35 Prozent. Mit anderen Worten: Die Menschen geben, selbst wenn sie reisen, weniger aus. Mancher gestaltet seinen Urlaub kürzer als üblich oder fährt nicht mehr ganz so weit weg.

Hoffnung auf Wiedererstarken des Inlandstourismus

Laut vorläufigen Angaben der Behörde fanden 2022 weniger als 3 Milliarden einheimische Reisen statt. Damit erreichten die Werte nicht einmal die Hälfte des Niveaus von 2019. Für 2023 erwartet sie einen Anstieg auf bis zu 4,5 Milliarden, sodass dann 70 bis 75 Prozent des Vorpandemieniveaus erreicht würde. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um Durchschnittswerte. So dürfte sich die Lage - entsprechend dem Infektionsgeschehen - in einigen Regionen weitgehend normalisieren, um sich in anderen zuzuspitzen.

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Internationale Flüge bleiben sehr teuer

Besonders lange dürfte der Genesungsprozess in der internationalen Flugsparte andauern. Das Hochfahren des fast komplett darniederliegenden Flugbetriebs erfordert einen enormen Planungsaufwand. Zudem gibt es Kapazitätsengpässe. Die zivile Luftfahrtaufsicht erwartet laut der South China Morning Post, dass - günstigenfalls - Ende 2023 der Flugverkehr 80 Prozent des Vorkrisenniveaus erreichen könnte. In der zweiten Januarwoche 2023 komme man erst auf 6 Prozent. Das ist immerhin fast dreimal so viel wie zu Null-Covid-Zeiten.

Reisen von und nach China sind zudem viel teurer geworden. Wer etwa mit der Lufthansa einen Flug nach Beijing oder Shanghai buchen möchte, muss - in der Economy Class - mindestens 2.100 Euro berappen. Diese Preise gelten aktuell für Flüge bis Oktober 2023 und liegen damit um etwa das Dreifache über dem Vorpandemieniveau.

Hinzu kommt, dass die Visavergabe ebenfalls nur langsam hochgefahren werden kann. Zunächst sollen Geschäftsreisende und Studierende bevorzugt werden. Danach sollen rasch Touristen an die Reihe kommen. Diese dürften sich nicht nur angesichts der horrenden Flugpreise zurückhalten. So hat unter anderem Deutschland Anfang 2023 wegen der Pandemielage eine Reisewarnung für China ausgesprochen. Laut der South China Morning Post kann das Land 2023 mit rund 20 Millionen ausländischen Gästen rechnen, ein Bruchteil gegenüber 2019 (145 Millionen Besucher).

Große Erleichterung für Geschäftsreisende

Insbesondere ausländische Geschäftsreisende dürften von den Lockerungen Gebrauch machen. Sie konnten drei Jahre lang keine Kunden und Lieferanten beziehungsweise Messen in China besuchen. Ingenieurteams kamen nicht ins Land, um Maschinen zu installieren oder zu warten. Viele Mitarbeitende könnten sich allerdings angesichts der Reisewarnungen weigern, ins Reich der Mitte zu fliegen. 

Flugverkehr in China (Veränderung in Prozent) 1)

2022/21

2022/192

Passagieraufkommen

Ingesamt, davon

-43,6

-61,6

  inländisch

-43,8

-57,0

  international

14,0

-97,7

Auslastungsquote3

-6,3

-16,8

Frachtaufkommen

Insgesamt, davon

-16,1

-17,8

  inländisch

-25,6

-31,4

  ausländisch

0,5

10,5

Auslastungsquote3

-2,0

-6,9

Starts und Landungen

-27,0

-38,1

1) jeweils Januar bis November; 2) Vergleich mit dem Vorpandemieniveau; 3) in ProzentpunktenQuelle: Zivile Flugaufsicht (Civil Aviation Administration) 2023

Immer mehr Länder führen Einreisebeschränkungen für Chinesen ein

Auch für Chinesen, die ins Ausland reisen wollen, gibt es Probleme. Da über lange Zeit keine neuen Pässe mehr ausgestellt wurden, hat sich ein großer Rückstau gebildet. Zugleich führen immer mehr Länder Beschränkungen für Einreisende aus der Volksrepublik ein. Zumeist wird (als Mindeststandard) ein PCR-Test 48 Stunden vor Abreise verlangt, der jedoch schwierig zu bekommen ist, da viele Testzentren geschlossen wurden. China hat Gegenmaßnahmen angekündigt. Das sorgt für zusätzliche Verunsicherung.

China wird vermutlich - wie vorher der Rest der Welt - mehrere Infektionswellen durchmachen, bevor das Land zur Normalität übergehen kann. Das dürfte den Passagierverkehr weiterhin belasten.

Doch die künftige Entwicklung in der Transport- und Reisebranche hängt vor allem vom weiteren Infektionsgeschehen ab. Die aktuelle Welle hat in den Metropolen bereits ihren Höhepunkt überschritten. Mit dem chinesischen Neujahresfest Mitte Januar bis Anfang Februar 2023 - der Hauptreisesaison - dürfte sich das Virus rasant im Hinterland ausbreiten. Bereits im März könnte sich die Lage deutlich entspannt haben. Doch im Herbst erwarten Wissenschaftler weitere Wellen durch neue Varianten.

Innerchinesische Lkw-Transport dürfte nun besser funktionieren

Eine deutliche Entspannung kündigt sich derweil für die Lieferketten ab. Sie funktionierten 2022 nicht mehr zuverlässig. Vor allem im innerchinesischen Transport gab es große Probleme. Lkw beziehungsweise deren Fahrer durften Provinz- oder Stadtgrenzen nicht passieren oder saßen in Quarantäne. Die aktuelle Pandemie hingegen hat relativ wenig negative Einflüsse. Die erkrankten Fahrer bleiben einfach fünf Tage in Isolation und erscheinen dann wieder zur Arbeit. Auch infizierte Mitarbeiter mit keinen oder milden Symptomen werden teils aufgefordert weiterzuarbeiten.

Land- und Seeverkehr (Veränderung zum Vorjahr in Prozent)

November 2022

Januar bis November 2022

Passagieraufkommen

Insgesamt, davon

-38,0

-32,4

  Eisenbahn

-48,8

-35,7

  Autobahn

-33,9

-29,8

  Schiff

-27,4

-28,6

Frachtaufkommen

Insgesamt, davon

-8,0

-2,8

  Eisenbahn

-1,6

5,1

  Autobahn

-10,5

-5,3

  Schiff

-0,6

4,3

Quelle: National Bureau of Statistics of China (NBS) 2023

Die Störungen in den Lieferketten hatten auch zu Verschiebungen bei den verschiedenen Transportarten geführt. Am meisten litt der Lufttransport, da die Passagiermaschinen normalerweise eine Menge Beifracht befördern. Dafür wurden mehr Waren mit der Bahn oder per Schiff transportiert. Einer stark steigenden Beliebtheit erfreut sich die direkte Zugverbindung zwischen China und Europa, auf der die Container bis nach Hamburg, Duisburg, Nürnberg oder München rollen.

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