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Wirtschaftsumfeld | China | Direktinvestitionen

Nachhaltigkeit verändert deutsch-chinesische Investitionen

Sowohl Deutschland als auch China streben eine klimafreundlichere Produktion an. Direktinvestitionen werden zunehmend in Bereiche fließen, die zur Dekarbonisierung beitragen.

Von Corinne Abele, Robert Herzner, Christina Otte | Shanghai, Hongkong, Bonn

Laut der Deutschen Bundesbank flossen 2023 mit 10,4 Milliarden Euro nur unwesentlich weniger Direktinvestitionen aus Deutschland nach China als im Rekordjahr 2022. Mit Hongkong eingeschlossen waren es rund 12 Milliarden Euro. Dabei handelte es sich um vollständig reinvestierte Gewinne. Insgesamt kamen nach chinesischen Angaben nur rund 33 Milliarden US-Dollar an Nettodirektinvestitionen ins Land, eine Abnahme um 82 Prozent zum Vorjahr und so wenig wie zuletzt in den 1990er Jahren. 

Deutsche Wirtschaft investiert weiter in China

Deutsche Unternehmen bleiben dem chinesischen Markt überwiegend treu. Laut der Geschäftsklimaumfrage 2023/2024 der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in China wollen 54 Prozent der befragten Firmen ihre Investitionen vor Ort sogar erhöhen. Davon antworteten 79 Prozent, dies sei notwendig, um in China wettbewerbsfähig zu bleiben. 

Vor allem Großunternehmen nehmen dafür Milliardenbeträge in die Hand. Die Rekordwerte sind auch mit diesen über mehrere Jahre dauernden Großinvestitionen zu erklären. Eine Untersuchung des US-Thinktank Rhodium Group zeigt, dass von 2018 bis 2021 die vier Konzerne Volkswagen, BMW, Daimler und BASF für 34 Prozent aller europäischen Direktinvestitionen in China verantwortlich waren. 

Gleichzeitig erwägen immerhin 9 Prozent der befragten Unternehmen, sich in den nächsten zwei Jahren teilweise aus China zurückzuziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen gewinnt Risikomanagement an Bedeutung. Hierzu versuchen viele Firmen, ihre Lieferketten unabhängiger aufstellen, indem sie zwar Standorte außerhalb Chinas, aber auch weitere Produktions- sowie Entwicklungskapazitäten in China aufbauen, um Kunden schneller beliefern zu können. Außerdem verlangt die Dekarbonisierung weitere Investitionen. 

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Druck zur Reduzierung der Emissionen steigt

Ein Beispiel ist das Verbundprojekt von BASF am Standort Zhanjiang in Südchina. Mit einem Investitionsvolumen von rund 10 Milliarden Euro wird es der drittgrößte Verbundstandort von BASF weltweit hinter Ludwigshafen und Antwerpen in Belgien sein. 

Das Projekt ist Teil der globalen Strategie von BASF, die CO2-Emissionen bis 2030 um ein Viertel zu reduzieren und bis 2050 klimaneutral zu werden. Bereits bis 2030 müssen mindestens 60 Prozent der benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. Eine Syngasanlage soll ab 2025 neben Synthesegas auch Wasserstoff für den Produktionsverbund herstellen. 

Auch die deutschen Automobilhersteller verstärken ihre Bemühungen zur Emissionsreduktion. So hat die Beijing Benz Automotive Company 2022 angekündigt, kohlenstoffarme Stahlprodukte vom chinesischen Stahlhersteller Baosteel zu verwenden. Ab 2039 soll die gesamte Lieferkette kohlendioxidneutral sein. BMW hat 2022 eine ähnliche Vereinbarung mit dem chinesischen Stahlhersteller HBIS abgeschlossen.

Dazu tragen die ehrgeizigen Klimaziele der chinesischen Regierung bei. Seit Jahren steigt der Druck auf die Zement-, Stahl- oder die Baustoffbranche. Ein Emissionshandelssystem (ETS) gibt es seit 2021. Bislang gilt es lediglich im Energiesektor und sein Preismechanismus ist schwach, doch es soll auch auf andere Branchen wie Chemie und Stahl ausgeweitet werden. Eine Herausforderung ist häufig noch die Verfügbarkeit von grünem Strom.

Dekarbonisierungsprojekte deutscher Unternehmen in China
Projekt

Investitionssumme

Status und Produktionsziel
BASF Verbundprojekt in Zhanjiang mit dem Ziel bis 2050 klimaneutral zu sein (Provinz Guangdong)

ca. 10 Milliarden Euro

Erste Downstream-Anlagen bereits in Betrieb, Phase 1: Inbetriebnahme geplant 2025; Phase 2: schrittweise Inbetriebnahme geplant 2028

Open-Source Projekt für Carbon Capture, Utilisation and Storage (CCUS) von Shell, Sinopec, Baowu und BASF (Jangtse-Delta)

k.A.

Ziel ist es, Unternehmen im Jangtse-Delta CCUS-Lösungen anbieten zu können; Memorandum of Understanding (MoU) zur Durchführung einer gemeinsamen Studie zu Technologielösungen und Geschäftsmodell im November 2022 unterzeichnet

Joint Venture von Mercedes Benz und BMW für den Aufbau eines High-Power Charging Netzes

k.A.

Anvisiert werden 7.000 High-Power-Charging Stationen bis Ende 2026; Vereinbarung unterzeichnet im November 2023

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024
 

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsinstrument

Mit Blick auf das seit 1. Januar 2023 geltende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hat BASF angekündigt, sich aus der wegen Zwangsarbeit umstrittenen Provinz Xinjiang zurückzuziehen, und auch VW will dies prüfen. Von deutschen Mittelständlern aus dem Baubereich ist zu hören: 

 "Künftig werden wir uns vom Wettbewerb in China nur noch durch Nachhaltigkeitsaspekte unserer Produkte absetzen können."

Umgekehrt nimmt die Dekarbonisierung ebenfalls stärker Einfluss auf die Entwicklung chinesischer Investitionen in Deutschland. Diese sind seit einigen Jahren rückläufig, was vor allem auf Firmenübernahmen und Beteiligungen (M&A) zutrifft. Etwas weniger stark sank die Projektanzahl sogenannter chinesischer Greenfield- und Erweiterungsinvestitionen in Deutschland. Sie sind nach Angaben von Germany Trade & Invest (GTAI) und den regionalen Wirtschaftsfördergesellschaften 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 5 Prozent zurückgegangen, seit dem Höhepunkt 2016 haben sie sich halbiert. 

Chinesische Investitionen weltweit lagen laut chinesischem Handelsministerium 2023 um 24 Prozent niedriger als 2016. Neben strengeren Investitionsprüfungen lasten die Folgen der Coronapandemie und eine hohe Verschuldung auf vielen chinesischen Firmen. Dennoch drängen diese zum Beispiel in der Elektromobilität immer stärker nach Europa. 

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Chinesische Firmen investieren in E-Mobilität

Mit CATL und Gotion sind zwei führende Batteriehersteller mit Produktionsanlagen in Deutschland aufgestellt. Die CATL-Fabrik nahe Erfurt nahm ihre Produktion von Lithium-Ionen-Zellen im 3. Quartal 2021 auf und ist mit einer Gesamtkapazität von 14 Gigawattstunden pro Jahr größte Zellfertigung in Europa. Im September 2023 lief in Göttingen das erste vor Ort produzierte Batterieprodukt des in Hefei ansässigen Unternehmen Gotion vom Band. Geplant ist eine Produktionskapazität von 20 Gigawattstunden pro Jahr. Die Volkswagengruppe hält seit 2021 etwa 30 Prozent der Unternehmensanteile von Gotion. Neben Designcentern chinesischer E-Auto-Hersteller vornehmlich in München sind Anbieter von Ladeinfrastruktur und Energiespeichersystemen mit Niederlassungen in Deutschland vertreten. 

Chinesische Unternehmen investieren auch in das Batterierecycling. So errichtet das Recyclingunternehmen Botree aus Suzhou im brandenburgischen Guben auf einer Fläche von 3,8 Hektar eine Batterierecyclinganlage mit einem Investitionsvolumen von bis zu 100 Millionen Euro. Ab 2025 werden rund 100 Mitarbeitende vor Ort beschäftigt sein.

Durch die Einführung der Abgabe auf CO2 intensive Produkte bei EU-Importen ist mit dem Cross Border Adjustment Mechanism (CBAM) ein weiterer Treiber für Ansiedlungen in Deutschland und der EU zur Vermeidung von Treibhausgasen zu erwarten. 

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