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Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

Der Wille ist da, der rechtlichen Rahmen wurde verschärft - die Effizienz steht weit oben auf der Prioritätenliste im Bauwesen. Nachhaltige Materialien sind aber oft zu teuer.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Ab 2023 gelten verbindliche Ausstoßziele

Die Umweltbelastung durch Gebäude ist in Dänemark in den letzten 30 Jahren überdurchschnittlich stark zurückgegangen: Haben sich die Gesamtemissionen von Kohlenstoffdioxid (CO2) zwischen 1990 und 2020 laut der Europäischen Energieagentur landesweit in etwa halbiert, sanken sie im Gebäudesektor um zwei Drittel. Mit knapp 2,4 Megatonnen machten sie etwa 5 Prozent aller CO2-Emissionen aus. Ein wichtiger Grund dafür ist der sich verändernde Energiemix - der Anteil fossiler Rohstoffe ist zwischen 1990 und 2021 laut der Energieagentur ebenfalls um zwei Drittel gesunken. An der Bausubstanz selbst könnte aber noch nachgebessert werden. Hier hat das im Rahmen der Corona-Konjunkturhilfen eingeführte Förderprogramm laut Experten einen Knoten gelöst.

Für möglichst umweltschonende Neubauten sollen derweil neue Vorschriften sorgen. Ab 1. Januar 2023 muss eine Nachhaltigkeitsberechnung zum Nachweis, ob und wie Regeln und Richtlinien berücksichtigt werden, vorgelegt werden (Klimaberegning; Bauvorschriften BR18; §297 und §298). Auch Emissionsziele für Neubauten wurden etabliert - berechnet als CO2-Ausstoß je Quadratmeter in der Lebenszyklusanalyse (life cycle assessment; LCA).

Ab 2023 gelten sie verbindlich nur für Gebäude mit einer Fläche von über 1.000 Quadratmetern (qm). Die Obergrenze beträgt 12 kg CO2-Äquivalent je qm. Laut der parteiübergreifenden Vereinbarung soll alle zwei Jahre nachgeschärft werden. So soll das Limit 2025 nicht nur auf alle Neubauten ausgeweitet, sondern auch "nach neuesten Erkenntnissen und Daten" herabgesetzt werden. Angepeilt sind dann laut dem Dokument 10,5 kg CO2-Äquivalent je qm. Vier Jahre später könnten es bereits 7,5 kg sein.

Dänemark legt Strategie für nachhaltiges Bauen auf

Passend dazu wurde auch eine Strategie für nachhaltiges Bauen vorgelegt. Diese definiert fünf Hauptbereiche, um eine bessere Umweltbilanz zu erreichen:

  1. "Mehr klimafreundliche Gebäude und Bauten", inklusive der Berücksichtigung von Emissionen bei Ausschreibungen und der Weiterentwicklung von Designwerkzeugen im Sinne der Lebenszykluskalkulation.
  2. "Langlebige, hochwertige Gebäude", unter anderem durch mehr Recycling von Baumaterialien und einen besseren Beurteilungsrahmen ihrer Umwelteinflüsse.
  3. "Ressourceneffiziente Gebäude" dank unter anderem weniger Bauabfälle und besserer Konditionen für Spezialtransporte von Fertigmodulen.
  4. "Energieeffiziente, gesunde Gebäude", die durch Förderung von Renovierungsmaßnahmen erreicht werden sollen.
  5. "Digital unterstütztes Bauen", für das der öffentliche Wohnungsbau als Vorreiter fungieren soll.

Vor allem bei der Digitalisierung braucht sich das Land nicht zu verstecken. Bei der Planung kommt laut Praktikern kein Papier mehr zum Einsatz - alles läuft über Computer und Tablets. Baumaschinen, vor allem im Straßenbau, werden zunehmend digital gesteuert, gekoppelt an Satellitennavigation und digitale Karten. Immer öfter wird auch mit digitalen Zwillingen oder 3D-gestützer Bauplanung experimentiert. Erste Pilotvorhaben betreffen auch den Einsatz von Robotertechnik, ob in Modulfabriken oder als Exoskelette zur Unterstützung der Bauarbeiter. Allerdings dürften noch Jahre vergehen, bis vor allem die letztgenannten breiteren Einsatz finden.

Energieeffizienz bei Neubauten ist hoch 

Bereits alltäglich sind Effizienzmaßnahmen. In der Planung statischer Strukturen setzen Ingenieure auf die Grammstrategie, die der japanische Autobauer Mazda in der Automobilentwicklung perfektionierte. Selbst das kleinste, nicht sicherheitsrelevante Weglassen an einem Bauelement führt in der Projektgesamtheit zu großen Material- und somit Emissionseinsparungen. Bei der Materialwahl gewinnen Lebenszyklusanalysen an Bedeutung. Durch Lieferengpässe zusätzlich beschleunigt wurden ebenfalls Bemühungen bezüglich Recycling und Upcycling von Materialien. Die deutsche Firma Züblin hat bereits 2018 beim Bau des Sydhavn Recyclingcenters über 2.500 Tonnen Altmaterial von einem abgerissenen Industrieschornstein verwendet, um 40 Prozent der benötigten Zementmaße zu produzieren.

Der Rechtsrahmen sieht seit 2018 Vorgaben bezüglich Isolierung (§257 und §258) und Effizienz (§259 bis §296) vor. Laut Marktexperten ist die Energieeffizienz bei Neubauten bereits heute so hoch, dass nur noch wenig Verbesserungspotenzial mit traditionellen Ansätzen realisierbar ist. Umso wichtiger ist es, dass noch vor der Einführung der Ausstoßziele eine Verschiebung der Gewichtung vom Preis Richtung Nachhaltigkeit wahrnehmbar war - sowohl bei öffentlichen, wie privaten Auftraggebern.

Nachhaltige Bauprojekte in Dänemark (Investitionssumme in Millionen Euro)

Vorhaben

Investitionssumme

Projektstand

Projektträger

Jernbanebyen - Revitalisierungsprojekt ehemaliger Bahngebiete mit nachhaltiger Bebauung, Kopenhagen

n.n.

Baustart 2024

DSB, NREP, Industriens Pension, Novo Holdings

Rådhusgrunden - Revitalisierungsprojekt mit nachhaltigem Wohnungsbau, Herlev

n.n.

Geplanter Start der Arbeit am Bebauungsplan im 2. Hj. 2023

Bauherr: Kommune Herlev

Architekt: NREP

Marmormolen - Bürogebäude aus Holz, Kopenhagen

134

Baustart März 2022

Bauherr: AP Ejendomme

Bauunternehmen: Pihl-Konsortium

WoodHub - Bürogebäude aus Holz, Odense

87

Baustart Januar 2022

NCC

Niedrigemissions-Lagerkomplex, Fredericia

83

Baustart 2023

Bauherr: ADP, PFA

Bauunternehmen: DX Flexhal

Nyt Stadion - Bau eines Fußballstadions aus Holz und recyceltem Beton, Aarhus

79

Bewerbungen für Teilnahme am Bieterdialog einzureichen bis 25. 04.23; Vertragsunterschrift im Juni 2023

Auftraggeber: Aarhus Kommune

TRÆ - Bürohaus aus Holz, Aarhus

50

Baustart 2023

Bauherr: PFA

Bauunternehmen: CLT Denmark

21Ø - Büro- und Wohnkomplex mit DGNB-Zertifikat Gold, Kopenhagen

n.n.

Geplanter Baustart 1. Hj. 2023

Bauherr: ATP Ejendomme

Bauunternehmen: Raundahl & Moesby

Nærheden - modularer Niedrigemissions-Büro- und Wohnkomplex, Hedehusene

n.n.

Start der Produktion der Module in Sommer 2023; Fertigstellung 2024

Home.Earth

Bauunternehmen: Scandi Byg


Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Nachhaltigkeit noch zu teuer

Die Aufschläge bieten aber nicht genügend Spielraum, damit sich nachhaltige Produkte auf breiter Front durchsetzen können. Die im letzten Jahr stark gestiegenen Materialkosten sowie die wachsenden Personalkosten erschweren den Durchbruch zusätzlich. Selbst die besonders umweltbewussten dänischen Pensionskassen agieren vorsichtig und realisieren eher kleinere Vorzeigeprojekte, als dass sie auf einen breiten Einsatz pochen. Die Preissensibilität erlaubt nur geringste Aufschläge gegenüber der "nicht-nachhaltigen" Alternative.

Viele kleine Fördertöpfe

Ein ganzheitliches, auf den Bausektor abzielendes Großprogramm für Förderung gibt es zwar nicht und ist aus heutiger Sicht in naher Zukunft nicht zu erwarten. Dafür bestehen aber mehrere kleinere Initiativen. Bei der Entwicklung innovativer Technologien und Lösungen bietet sich Unterstützung aus dem EUDP-Programm an. Unternehmen können für Energieeffizienzmaßnahmen bis zu 50 Prozent der Kosten von der Energieagentur erstattet bekommen. An gleicher Stelle gibt es Informationen zur Steuerbefreiung beim Verkauf überschüssiger Wärme. Noch bis zum Sommer will die Agentur auch Details zum 32 Millionen Euro großen Fördertopf für die Installation von Wärmepumpen für Privatpersonen bekannt geben. Das knapp 12 Millionen Euro große Programm für Energiesanierung soll danach folgen.

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