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Mitarbeiterentsendung in der EU

Arbeitgeber aufgepasst!

In Zeiten der fortdauernden Internationalisierung gehört das Entsenden von Arbeitnehmern zum Alltagsgeschäft global agierender Unternehmen.

Von Marcelina Nowak | Bonn

Jeder Arbeitseinsatz in der EU sowie in Norwegen, Island, Liechtenstein und der Schweiz stellt Unternehmen und ihre Personalabteilungen vor besondere Hürden. Vor allem die reformierte Entsenderichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/957), die bis zum 30. Juli 2020 von den Mitgliedstaaten umzusetzen war, bringt aufwendige Regeln mit sich. Bereits vor 24 Jahren hat die Europäische Gemeinschaft mit der Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG) Mindestbedingungen für die Entsendung von Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedstaaten aufgestellt. Mittlerweile haben sich die Arbeits- und Sozialbedingungen in den Mitgliedstaaten unterschiedlich weiterentwickelt. Alle diese Gegebenheiten haben dazu geführt, dass die Entsenderichtlinie reformiert wurde.

Schon gewusst?

12 Monate sind im Regelfall die zeitliche Obergrenze bei der Entsendung.

"Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort"

Dieser Reformgrundsatz soll vor Lohn- und Sozialdumping schützen. Gegen die Reform waren mitunter Polen, Ungarn und Tschechien. Im Oktober 2018 hatte Ungarn eine Nichtigkeitsklage gegen die Änderungen der Entsenderichtlinie vor dem Europäischem Gerichtshof (EuGH) eingereicht. In ihrer Klageerhebung führte die ungarische Regierung eine Reihe von Rechtsargumenten an, um die Behauptung zu untermauern, dass die angefochtene Entsenderichtlinie gegen die in den Verträgen der EU verankerte Dienstleistungsfreiheit verstoße. Danach klagte Polen. Im Dezember 2020 wies der EuGH die Nichtigkeitsklagen ab.

Entsenderichtlinie definiert neue Bestimmungen

Durch die Verwendung des Begriffes "Entlohnung" wird deutlich, dass der europäische Gesetzgeber nicht nur - wie bisher - den entsprechenden Mindestlohn für den Arbeitseinsatz einfordert, sondern daneben weitere Lohnbestandteile einbeziehen will, die in Rechtsvorschriften oder in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen festgelegt sind. Neben dem Grundgehalt besteht künftig auch ein Anspruch auf Prämien und Zulagen. Die Mitgliedstaaten wurden verpflichtet, die auf ihrem Hoheitsgebiet geltenden Lohnbestandteile auf einer offiziellen nationalen Webseite zu veröffentlichen.

Die Entsendungen sind erstmals zeitlich begrenzt. Entsendungen sollen nicht länger als 12 Monate andauern. Auf einen begründeten Antrag hin kann eine Entsendung um weitere sechs Monate verlängert werden.

Wichtig für Entsendungen

Arbeitsrecht

  • Anpassung des Arbeitsvertrages
  • Anhörung des Betriebsrates
  • Entsendemeldung (nationale Register / Meldeportale)

Gewerberecht

  • Dienstleistungsanzeige / Qualitätsnachweis

Sozialversicherungsrecht

  • A1-Bescheinigung

Steuerrecht

  • Doppelbesteuerungsabkommen
  • 183-Tage-Regelung
  • Umsatzsteuerrecht

Meldepflichten beachten

Wer Mitarbeiter ins europäische Ausland entsendet, muss vieles beachten. Über die eingerichteten Meldeportale oder online abrufbare Formulare muss der Arbeitseinsatz vor Beginn der Arbeitstätigkeit gemeldet werden.

Mittlerweile sind auch in den V4-Ländern sehr viele Informationen in englischer Sprache (und zum Teil auch auf Deutsch) abrufbar. Die Frage, welche Auswärtstätigkeit meldepflichtig ist, bringt aber unterschiedliche Antworten mit sich. Dabei kann nicht generell angenommen werden, dass alle Geschäftsreisen von einer Meldepflicht befreit sind. Jedes Land hat seine eigenen Richtlinien aufgestellt und beurteilt, ob es sich um eine meldepflichtige Tätigkeit handelt oder nicht. Eine Tendenz lässt sich aber erkennen: Wo die Dienstleistung im Mittelpunkt steht (Montage, Serviceleistungen an einer Maschine), ist der Einsatz meldepflichtig. Reine Kundenbesuche oder Messebesuche sind davon befreit.

Die zuständigen Behörden sind die nationalen Arbeitsämter. In Polen gibt es eine zentrale Arbeitsinspektion (mit Sitz in Warschau), bei der alle Meldungen eingehen müssen. Auch in Ungarn müssen diese über eine zentrale Koordinationsstelle online registriert werden. In Tschechien und in der Slowakei hingegen muss die Tätigkeit der regionalen Arbeitsbehörde gemeldet werden.

Für die Meldung eines Auslandseinsatzes muss unter anderem ein bestimmter Vertreter im Tätigkeitsstaat angemeldet werden. Die Meldepflicht ist überdies immer mit Dokumentationspflichten verbunden. Während des gesamten Entsendezeitraums müssen auch einige Unterlagen aufbewahrt werden, unter anderem eine Kopie des Arbeitsvertrages und Vergütungsnachweise. Bevor ein Unternehmen eine Dienstleistung aus dem Bereich des sogenannten reglementierten Gewerbes ausüben kann, muss neben der Meldung auch eine entsprechende Dienstleistungsanzeige beantragt werden.

A1-Bescheinigung immer mitführen

Die Arbeitgeber sind durch die Verordnung (EG) 883/2004 gesetzlich verpflichtet, jede grenzüberschreitende Tätigkeit eines Mitarbeiters innerhalb der EU/EWR und der Schweiz dem zuständigen Versicherungsträger anzuzeigen. Egal wie lange die Tätigkeit dauert, der zuständige Versicherungsträger muss informiert werden. Er prüft, ob die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit für den im europäischen Ausland tätigen Arbeitnehmer weiterhin gelten. Ist das der Fall, wird er mit einer A1-Bescheinigung ausgestattet. Jedes Meeting, jeder Workshop oder Messebesuch im europäischen Ausland erfordert eine A1-Bescheinigung. Darin liegt der Unterschied zur Meldepflicht nach der Entsenderichtlinie. In Deutschland sind die Anträge auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung ausschließlich per Onlineantrag möglich. Dies gilt auch für Selbstständige.

Neue Pflichten bestehen beim Entsendevertrag

Im deutschen Nachweisgesetz sind Informations- und Dokumentationspflichten für einen Arbeitgeber verankert. Durch die Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen wurden die Nachweispflichten des Arbeitgebers nun noch erweitert. Fällt die Entsendung in den Geltungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes, so ist der Arbeitnehmende zusätzlich über die Vergütung zu unterrichten, die er nach dem geltenden Recht im Aufnahmestaat beanspruchen darf. Ferner ist dem Arbeitnehmenden ein Link zu der offiziellen nationalen Webseite des Aufnahmestaates nach dem Binnenmarktinformationssystem (Internal Market Information System, IMI) bekannt zu geben.

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